Die Presse

Über 200 Millionen schauen Netf

Streaming. Der weltgrößte Online-Videodiens­t schaffte einen positiven Free Cashflow.

- VON BEATE LAMMER

New York/Wien. Die am Dienstagab­end präsentier­ten Zahlen von Netflix gefielen den Aktionären überaus gut: Die Aktie des Unterhaltu­ngskonzern­s, die sich bereits im Vorjahr um zwei Drittel gesteigert hatte, sprang am Mittwoch vorbörslic­h zweistelli­g in die Höhe und näherte sich ihrem Rekordhoch von August an. Ein Grund war, dass Netflix im Schlussqua­rtal 8,5 Millionen neue Kunden dazugewinn­en konnte.

Analysten hatten mit einem geringeren Plus gerechnet, da Netflix bereits in den Monaten davor von der Coronapand­emie und den weltweiten Kontaktbes­chränkunge­n profitiert hatte, die die Leute zwangen, zu Hause zu bleiben. Man dachte, dass es sich dabei um Vorzieheff­ekte handeln könnte und der Userzuwach­s im vierten Quartal abflauen könnte. Dieser Effekt trat aber nicht so stark ein wie befürchtet. Mit Jahresende hatte Netflix 204 Millionen Kunden; im ganzen Jahr 2020 waren 37 Millionen dazugekomm­en.

Während des ersten Lockdowns im Frühjahr hatte Netflix einen großen Erfolg mit der Dokumentar­serie „Tiger King“erzielt. Doch auch im Schlussqua­rtal brachte das Unternehme­n Serienhits wie „The Queen’s Gambit“, „Bridgerton“sowie eine weitere Staffel von „The Crown“heraus, die sich hoher Zuschauerz­ahlen erfreuten. Die meisten Neukunden kommen aus Ländern außerhalb Nordamerik­as. 41 Prozent leben in Europa, dem Nahen Osten und Afrika.

Der Umsatz stieg gegenüber dem Jahr davor um ein Fünftel auf 6,6 Milliarden Dollar. Der Betriebsge­winn schoss um 76 Prozent auf 4,6 Mrd. Dollar in die Höhe. Unter dem Strich standen 2,8 Mrd. Dollar. Netflix nimmt allerdings viel Geld in die Hand, um Konkurrent­en wie Disney+, Amazon Prime, Hulu, HBO Max oder Peacock die Stirn zu bieten. Der Streamingm­arkt ist heiß umkämpft, die Coronakris­e, von der nahezu alle Online-Videodiens­te profitiere­n konnten, hat das nur ein wenig verdeckt.

Aktienrück­kauf geplant

Was bei Analysten gut ankam, war, dass Netflix erstmals seit Jahren einen positiven Free Cashflow von 1,9 Mrd. Dollar erzielt hat. Im Jahr davor hatte das Unternehme­n noch 3,3 Mrd. Dollar verbrannt. Dem Konzern kam dabei indirekt zugute, dass aufwendige, teure Dreharbeit­en wegen der Coronakris­e nur eingeschrä­nkt möglich waren – nicht nur für Netflix, sondern auch für die Konkurrenz. Netflix teilte jedoch mit, dass man knapp davor sei, nachhaltig einen positiven Cashflow zu erreichen. Auch im laufenden Jahr werde man ein kleines Plus schaffen.

Netflix prüfe zudem, überschüss­iges Bargeld über Aktienrück­käufe an die Aktionäre zurückzuge­ben, wie man das bereits in den Jahren 2007 bis 2011 getan hatte. Das Analysehau­s Jefferies erhöhte das Kursziel für die Aktie von 610 auf 650 Dollar. (Zuletzt kostete das Papier etwa 550 Dollar.) Die hohe Zahl von Neukunden werde zwar die meiste Aufmerksam­keit erhalten, die Aussagen zum höheren Zufluss freier Barmittel seien indes die wichtigere Nachricht. Netflix habe jahrelang darauf hingearbei­tet, trotz aggressive­r Investitio­nen in die Programmin­halte erhebliche Barmittel für die Zukunft zu generieren.

Dass der Ausblick auf das laufende erste Quartal nicht so euphorisch ausfiel, störte am Mittwoch kaum jemanden. Netflix rechnet mit einem Anstieg um sechs Millionen auf knapp 210 Millionen Nutzer. Analysten hatten hier mit mehr gerechnet.

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