Mieten trieben 2020 die Inflation
Teuerung. Im Vorjahr erhöhte sich die Inflation um 1,4 Prozent. Vor allem Wohnen und Essen verteuerten sich. Bei den Mieten war der Anstieg in Österreich doppelt so hoch wie im Euroraum.
Wirtschaft. Die Teuerung hat sich in Österreich im Vorjahr leicht verlangsamt. Die Inflationsrate sank von 1,5 Prozent im Jahr 2019 auf 1,4 Prozent im Jahr 2020. Deutlich mehr Geld musste man aber für Essen und Wohnen bezahlen: Im Coronajahr 2020 fiel die Teuerung bei Nahrungsmitteln mit 2,4 Prozent mehr als doppelt so hoch aus wie im Jahr zuvor, teilte die Statistik Austria am Mittwoch mit. Die Wohnungsmieten stiegen sogar um 4,1 Prozent.
Die Teuerung des Mikrowarenkorbs, der Güter des täglichen Bedarfs enthält, fiel 2020 mit 2,9 Prozent mehr als doppelt so hoch aus wie die allgemeine Inflationsrate. Das durchschnittliche Preisniveau des Miniwarenkorbs, der einen typischen wöchentlichen Einkauf abbildet und auch Treibstoffe enthält, ging im Jahr 2020 durchschnittlich um 0,6 Prozent zurück.
Wien. Auf den ersten Blick ist es ja ein richtig erfreuliches Ergebnis, das die Statistik Austria am Mittwochvormittag präsentierte: Um lediglich 1,4 Prozent erhöhten sich die Preise laut der Inflationsberechnung der Statistiker im Jahr 2020 in Österreich. Damit lag der Wert im ersten Coronajahr, in dem viele Menschen durch Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit Einkommenseinbußen hinnehmen mussten, spürbar unter dem Zehnjahresschnitt von 1,8 Prozent.
Im Vergleich zu früheren Jahrzehnten (1970er-Schnitt: 6,3 Prozent, 1990er-Schnitt: 2,3 Prozent) geht die Teuerung ohnehin konstant zurück. „Der Trend der sinkenden Inflationsraten setzt sich fort“, meint dazu Statistik AustriaGeneraldirektor Tobias Thomas.
Etwas anders sieht die Situation aber aus, wenn man den österreichischen Wert international vergleicht. Da liegt die Republik deutlich über dem Euroraum, der 2020 eine Inflation von 0,3 Prozent verzeichnete, oder auch Deutschland, wo die Teuerung im Vorjahr 0,4 Prozent betrug. Der Grund für den viel höheren heimischen Wert liegt laut den Statistikern in drei Bereichen: Wohnen, Hotels und Gastronomie sowie Freizeitausgaben.
Bei den beiden letzteren Punkten sei es aber vor allem die Gewichtung, die den Unterschied etwa zu Deutschland erkläre, so Ingolf Böttcher von der Statistik Austria vor Journalisten. Da Österreich ein Tourismusland sei, werden hierzulande Ausgaben, die in den touristischen Bereich fallen, einfach stärker in der Inflationsberechnung gewertet.
„Hotels und Restaurants sind dreimal so stark gewichtet“, sagt Böttcher. Und da es hierbei vor allem um Dienstleistungen geht, bei denen es jährliche Lohnsteigerungen der Beschäftigten gebe, sei eine konstante Steigerung um „zwei bis drei Prozent“nicht überraschend.
Fixe Energieverträge
Anders ist das jedoch beim Thema Wohnen. Hier erhöhten sich die Mieten in Österreich um 4,1 Prozent. Sie sind dabei doppelt so stark wie im Euroraum oder in Deutschland angestiegen, wo die Erhöhung bei ungefähr zwei Prozent liege. Hinzu komme, dass sich die gesunkenen Großhandelspreise für Energie bei den Haushalten nicht so stark auswirken.
„Wir denken, das hat auch mit der heimischen Kultur zu tun, dass es etwa bei Fernwärme oder Gas vor allem Verträge mit fixen Preisen gibt“, so Böttcher. In anderen Ländern hätten die Menschen oft flexiblere Verträge, bei der die gesunkenen Weltmarktpreise schneller weitergegeben werden. Allerdings erhöhen sich dort in Jahren mit steigenden Großhandelspreisen auch die Kosten für die Haushalte schneller.
Negativ für die Geldbörsen der Österreicher war dabei im Jahr 2020 auch, dass im Verhältnis zu anderen Ländern weniger Haushalte mit Ölheizungen beheizt werden. Denn bei diesen gab es mit einem Minus von 22,5 Prozent den stärksten Preisrückgang. Dieser durch die Coronakrise ausgelöste Preisverfall auf dem Ölweltmarkt sorgte auch bei Diesel und Benzin für sinkende Preise. Das Kapitel Verkehr war mit einem Minus von 1,7 Prozent damit auch der größte Entlastungsfaktor im Jahr 2020.
Die Coronakrise sorgte auf anderen Ebenen jedoch auch für Preissteigerungen. So führte etwa der Ausfall von Erntehelfern im Frühjahr aufgrund der Reisebeschränkungen während des ersten Lockdowns zu einem Angebotsrückgang bei Obst. Die Folge: Mit plus 4,6 Prozent war Obst neben Fleisch der große Treiber bei den Nahrungsmitteln, die sich 2020 in Summe um 2,4 Prozent ebenfalls spürbar verteuerten.
Dies führte auch dazu, dass der sogenannte Mikrowarenkorb des täglichen Einkaufs mit 2,9 Prozent mehr als doppelt so stark wie die allgemeine Inflation zulegte. „Bei den Einkäufen des täglichen Bedarfs konnte die milde Inflation nicht gespürt werden“, sagt Thomas. Aufgrund der veränderten Lebensweise durch die Lockdowns dürfte dieser Mikrowarenkorb 2020 für viele Menschen jedoch relevanter geworden sein.
Steuersenkung blieb bei Gastro
Amtlich belegt ist nun auch, dass die Mehrwertsteuersenkung auf fünf Prozent in der Gastronomie nicht an die Kunden weitergegeben wurde. „Das war aber ja auch gar nicht das Ziel der Maßnahme, sondern es ging darum, die Gastronomie zu stützen“, sagt Thomas. In der Stadthotellerie gab es indes aufgrund der gesunkenen Nachfrage einen Preisrückgang von bis zu zehn Prozent.
Wie sich die Preise heuer entwickeln dürften, können die Statistiker noch nicht sagen. Klar sei nur: Die stark dämpfende Wirkung der Energiepreise dürfte sich nicht mehr fortsetzen, da der Ölpreis bereits seinen Tiefpunkt erreicht hatte und zuletzt wieder zulegte. In Summe könnte die Teuerung also wieder stärker als 2020 ausfallen.