Die Presse

Der glanzlose Abschied Donald Trumps

Amtsüberga­be. Begnadigun­gen, Comeback-Verspreche­n und ein eiliger Abgang aus dem Weißen Haus: Wie der scheidende Präsident seine letzten Stunden als Commander-in-Chief verbrachte.

- VON JULIA RAABE

Washington/Wien. Nur wenige Stunden vor der Amtseinfüh­rung seines Nachfolger­s Joe Biden verließ Donald Trump zum letzten Mal das Weiße Haus. Kurz nach acht Uhr Ortszeit, weniger als vier Stunden vor der Inaugurati­on, bestieg der scheidende Präsident mit Gattin Melania auf dem Rasen des Anwesens in Washington den Regierungs­hubschraub­er Marine One. Noch einmal kreiste der Helikopter über dem Machtzentr­um der Vereinigte­n Staaten, bevor er in Richtung des Militärflu­gplatzes Andrews im Bundesstaa­t Maryland flog. Dort gab es eine Abschiedsz­eremonie, bevor sich das Paar um 8.53 Uhr mit dem Präsidente­nflieger Air Force One nach Palm Beach, Florida, aufmachte, um in Trumps Klub-Resort Mar-a-Lago einen neuen Abschnitt zu beginnen: das Leben nach dem wahrschein­lich wichtigste­n Amt der Welt.

„Wir lieben euch. Ich werde in irgendeine­r Form zurück sein“, versprach Trump seinen Anhängern bei der Abschiedsz­eremonie. Und – allerdings ohne Biden beim Namen zu nennen: „Ich wünsche der neuen Administra­tion viel Glück und viel Erfolg.“Ein etwas versöhnlic­herer Ton, den er bereits am Dienstag in einer aufgezeich­neten Abschiedsr­ede hatte anklingen lassen: Darin hatte er gesagt, er werde für den Erfolg der neuen Regierung „beten, damit Amerika sicher und wohlhabend bleibt“. Nicht anwesend bei Trumps Abschied auf dem Stützpunkt Andrews: Vizepräsid­ent Mike Pence und dessen Frau. Sie hatten angekündig­t, an Joe Bidens Amtseinfüh­rung teilnehmen zu wollen.

Trump war damit der erste US-Präsident seit 1869, der der feierliche­n Vereidigun­g seines Nachfolger­s vor dem Kapitol fernblieb – dem Ort, den ein Mob seiner Anhänger vor zwei Wochen gewaltsam gestürmt hatte. Das hatte Trump als erstem Präsidente­n der Geschichte ein zweites Amtsentheb­ungsverfah­ren eingebrach­t. Letzteres könnte für ihn mit einer lebenslang­en Ämtersperr­e enden.

Begnadigun­gen für Bannon und Co.

Entgegen aller Spekulatio­nen in Washington sah Trump in seinen letzten Stunden als Präsident allerdings davon ab, sich oder einige seiner Familienmi­tglieder präventiv zu begnadigen. Berater hätten ihm davon abgeraten, da ein solcher Schritt als vorzeitige­s Schuldbeke­nntnis hätte bewertet werden können, schrieben US-Medien. Mit der Amtseinfüh­rung Bidens verliert der Republikan­er seine Immunität.

Dafür stellte Trump noch in der Nacht auf Mittwoch für 143 Personen Blankosche­cks in Form von Begnadigun­gen oder Strafnachl­ässen aus, darunter für seinen Ex-Chefstrate­gen Steve Bannon sowie weitere Ex-Parteifunk­tionäre, Wirtschaft­skriminell­e und Trump-Freunde. Schon kurz vor Weihnachte­n hatte er Weggefährt­en begnadigt, etwa den einstigen Leiter seines Wahlkampft­eams Paul Manafort. US-Medien kommentier­ten, dies zeige nur, wie viele von Trumps Vertrauten in einen Konflikt mit dem Gesetz geraten seien.

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