Ein Verkehrsknoten wird zum Grätzlzentrum
Stadtplanung. Das Gersthofer Platzl in Währing wird nun doch umgebaut – den Umschwung brachte die Wien-Wahl 2020 mit mehr Stimmen für die Grünen, die nun gemeinsam mit den Neos das Projekt im Finanzausschuss durchboxten.
Wien. Es ist ein unscheinbarer Platz, der kaum als solcher erkannt wird. Und dessen Bezeichnung, nämlich Gersthofer Platzl, nicht einmal offiziell im Verzeichnis der Wiener Straßennamen steht. Doch der kleine Platz in Währing entlang der Gersthofer Straße zwischen Gentzgasse und Währinger Straße ist auch ein politisch umkämpftes Terrain.
Die grüne Bezirksvorsteherin, Silvia Nossek, stellte 2018 Pläne für eine Neuordnung des Verkehrs und eine Aufwertung des Platzes vor, der eigentlich gar keiner ist. Ein schmaler Gehsteig, ein paar Marktstände und die S-Bahn-Station Gersthof. Viel mehr gibt es hier nicht zu sehen.
Nosseks Plan sah vor, mehr Raum für den Markt und für Fußgänger zu schaffen – und dafür den für Autos einzuschränken. Aus dem Verkehrsknoten sollte ein Grätzlzentrum werden. Die Ideen, wie man das lösen könnte, hat zuvor die Gruppe „Lebenswertes Gersthof“im Rahmen eines Bürgerbeteiligungsprogramms formuliert und gemeinsam mit Bezirk und Magistrat erarbeitet.
Eine Fahrspur weniger
Unter anderem sollte die Autobuslinie 10A eine längere Busspur bekommen und die Haltestelle näher zur S-Bahn-Station versetzt werden. Dafür soll in die Gegenrichtung eine von zwei Abbiegespuren auf die Währinger Straße weichen und damit breitere Gehsteige ermöglichen. Und auch der mit 600 Quadratmetern kleinste Dauermarkt Wiens sollte mehr Platz, einen neuen Bodenbelag und am Ende einen stärkeren Platzcharakter bekommen. Dazu noch fünf neue Bäume, ein paar Bänke und ein Trinkbrunnen.
Allein, die Bezirksvorsteherin fand für ihr Projekt im Bezirksparlament keine Mehrheit. SPÖ, ÖVP und FPÖ stemmten sich gegen den Vorschlag, vor allem wegen der Folgen für den Verkehr – sie befürchteten vor allem Staus durch den Verlust einer Fahrspur. Nossek zufolge würde es die zwar nicht geben, das habe die Prüfung durch Experten ergeben. Doch konnte sie die Fraktionen damit offenbar nicht überzeugen.
Nosseks Plan scheiterte vorerst also an den Mehrheitsverhältnissen im Bezirksparlament. Was sich allerdings mit den Bezirksvertretungswahlen 2020 änderte – denn am 11. Oktober legten die Grünen im 18. Bezirk um 10,6 Prozentpunkte zu und konnten so im Finanzausschuss einen weiteren Mandatar stellen, insgesamt hält man nun bei fünf. Auch die Neos haben in diesem Gremium einen Sitz – und unterstützen das Vorhaben. Am Mittwoch kam es also zur Abstimmung – sechs Stimmen dafür, sechs von ÖVP und SPÖ dagegen. Beim Patt entscheidet der Ausschussvorsitzende. Und der ist mit Marcel Kneuer ein Grüner.
Wenig überraschend kommt Kritik von ÖVP, SPÖ und FPÖ. Einhelliger Tenor der drei Fraktionen: Sie hätten sich noch eine Bürgerbefragung gewünscht, bei der einige Punkte noch einmal zur Abstimmung gebracht werden sollten. Für Bezirksvorsteherin Nossek ist das aber keine Option: „Es macht mich immer ratlos, wenn man Befragungen aus dem Hut zieht, um zu rechtfertigen, dass man dagegen ist“, sagt sie im Gespräch mit der „Presse“. Man habe die Bürger eingebunden, jeder im Bezirk sei zu einer Bürgerversammlung und einer Infoaustellung geladen worden. „Mehr geht auf Bezirksebene nicht.“
Unendliche Geschichte
Es schaut also danach aus, dass das, was gelegentlich schon mit dem Beinamen „unendliche Geschichte“versehen wurde, nun tatsächlich kommt. Baubeginn soll schon im Sommer 2021 sein, heißt es aus der Bezirksvorstehung. Da der Platz ja auch ein Verkehrsknotenpunkt sei, könne man das nur während der Sommerferien machen – Nossek geht von einem Start in der letzten Juniwoche aus, dauern sollen die Arbeiten rund zwei Monate.
Allein, eine Hürde gibt es noch – die Finanzierung von 700.000 Euro. Für den Umbau im Jahr 2020 – und noch mit einer zuständigen grünen Stadträtin – hatte man schon die Zusage für eine 60-prozentige Beteiligung der Stadt Wien an den Kosten für den Umbau. Die muss man jetzt von der neuen roten Planungsstadträtin, Ulli Sima, einholen. Nossek ist hier aber optimistisch, dass es möglichst bald eine Zusage aus dem Rathaus geben wird – bis spätestens Februar brauche es die auch, weil man dann an die Ausschreibungen gehen müsse, damit die Bauarbeiten rechtzeitig beginnen können. Stadträtin Sima selbst war bis Redaktionsschluss für eine Stellungnahme nicht erreichbar.