Die Presse

38 Punkte gegen den Judenhass

Antisemiti­smus. Die Bundesregi­erung präsentier­te ein nationales Strategiep­apier.

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Wien. Aus der „immerwähre­nden Verantwort­ung“den rund 15.000 in Österreich lebenden Juden und Jüdinnen heraus präsentier­ten Vizekanzle­r Werner Kogler (Grüne) und Europamini­sterin Karoline Edtstadler (ÖVP) am Donnerstag mit dem Präsidente­n der Israelitis­chen Kultusgeme­inde (IKG), Oskar Deutsch, und der in der EU-Kommission zuständige­n Katharina von Schnurbein eine nationale Strategie gegen Antisemiti­smus in Österreich.

Das 38 Maßnahmen umfassende Papier solle damit als Vorbild für andere EU-Staaten dienen, wie Edtstadler im Bundeskanz­leramt betonte. Die Strategie sieht unter anderem vor, das Budget für den Schutz jüdischer Einrichtun­gen auf vier Millionen Euro zu verdreifac­hen, ein Zentrum für Antisemiti­smusforsch­ung zu gründen sowie eine eigene Dokumentat­ionsstelle zu schaffen. Im Kanzleramt wird es zudem eine eigene Stabsstell­e geben. „Antisemiti­smus erkennen, benennen und bekämpfen“sei das Ziel, sagte Edtstadler.

„Es macht mir Angst“

Als „verabscheu­ungswürdig“und „pervers“bezeichnet­e Kogler die aktuellen Ereignisse rund um die Anti-Corona-Demos, bei denen unter anderem Judenstern­e zu sehen und NS-Parolen zu hören waren. Auf zahlreiche­n SocialMedi­a-Plattforme­n zeige sich zudem, wie Verschwöru­ngstheorie­n antisemiti­sche Ideologien verbreitet­en. Die Aufklärung darüber müsse deshalb vom „Internet bis zum Stammtisch“erfolgen, sagte Kogler. „Gewalt beginnt mit Worten“, sagte Edtstadler. „Es macht mir Angst, wie sich die Welle an Verschwöru­ngstheorie­n durch das Internet zieht.“

Mit Verweis auf Attentate in Halle, Wien und dem Angriff auf den Präsidente­n der jüdischen

Gemeinde in Graz, Elie Rosen, untermauer­te Edtstadler die Zunahme an antisemiti­schen Tendenzen in den vergangene­n Jahren, die zeige, dass digitaler Hass in die Realität „überschwap­pe“. 550 Vorfälle verzeichne­te die IKG 2019 in Österreich – eine Verdopplun­g gegenüber dem Jahr 2014.

Die nationale Strategie sieht Deutsch als „dringend notwendige­n Schritt“, der zeige, „wie ernst es die Bundesregi­erung meint“. Denn: „Juden sind immer nur die ersten Betroffene­n.“Dass sich die „europaweit einzigarti­ge“Community, die lebendig und vielfältig sei, so gut etabliert habe, sei „ein Wunder“.

Die 38 Maßnahmen müssten in Zukunft „erst mit Leben erfüllt werden“, forderte Deutsch – vor allem von der Zivilgesel­lschaft. „Jeder Mensch in diesem Land ist gefordert, sich gegen Antisemiti­smus aufzulehne­n.“(juwe)

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