Die Presse

Die offene Rechnung mit der Streif

Hahnenkamm­rennen. Viele Tiefs und wenige Lichtblick­e: Wie Mausefalle und Co. das Rennfahrer­leben des Max Franz bestimmen – und wie die Kitzbühel-Pechsträhn­e heuer enden soll.

- Aus Kitzbühel berichtet JOSEF EBNER

Der Speed ist wieder da. Diesen Satz hat Max Franz in diesem Winter gefühlt schon hundertmal gesagt, in Kitzbühel natürlich auch, nach dem ersten und nach dem zweiten Abfahrtstr­aining (Platz drei). Weil der Speed tatsächlic­h zurück ist, könnte der 31-Jährige aus dem Gitschtal nun ein dunkles Kapitel seiner Karriere schließen. Denn ausgerechn­et auf der Streif, dem Mekka des Abfahrtssp­orts, plagt Franz eine Pechsträhn­e, die in ihrer Hartnäckig­keit wohl einzigarti­g ist – und die es beim diesjährig­en Abfahrtsdo­ppel (Freitag und Samstag je 11.30 Uhr, ORF1) endgültig zu beenden gilt.

Dabei hat der Kärntner schon eine Gams zu Hause stehen, 2014 war er Dritter im Super-G. Auch beim Abfahrtskl­assiker hatte es vielverspr­echend begonnen: 13. Platz beim Debüt 2012, ein Jahr später Rang fünf, obwohl er in Beaver Creek gestürzt und bewusstlos gewesen war. Doch spätestens 2016 nahm das Unheil seinen Lauf.

Die historisch­e Sturzorgie 2016 hatte mit Franz einen Vorboten. Nach einer Mischung aus Fahrfehler und Pech wurde Franz im Training in der Schrägfahr­t abgeworfen und verletzte sich schwer.

Als Gröden-Sieger angereist, schlug es Franz 2017 bei der Ausfahrt Mausefalle mit Zwischenbe­stzeit die Bindung am Außenski auf. Akrobatisc­h vermied er einen Sturz („Was willst da machen?“).

Vor den Rennen 2018 setzt ihn eine Magen-Darm-Erkrankung außer Gefecht. Als am folgenschw­ersten sollte sich 2019 erweisen. Als Sieger von Lake Louise und Zweiter von Gröden war Franz Mitfavorit, doch der StreifPech­vogel war am Ende der Leidtragen­de der viel kritisiert­en Pistenpräp­arierung. Ohne einen wirklichen Fahrfehler begangen zu haben, kassierte er wieder in der Mausefalle-Ausfahrt einen Schlag und musste abschwinge­n. Diagnose: unverschob­ener Fersenbein­bruch. „Dass mir das passiert ist, ist so unwahrsche­inlich, da hätte ich auch im Lotto gewinnen können“, meinte er danach. Franz verpasste die WM und stand erst fünf Monate später wieder auf Skiern.

Seither hat der dreifache Weltcupsie­ger kein Topresulta­t mehr geschafft, zwei neunte Plätze waren das Höchste der Gefühle. Der Schlag in der pickelhart­en Mausefalle hat das Speed-Ass mitten in seiner bisher besten Saison jäh gestoppt.

Der Kampf zurück ist langwierig, voller Rückschläg­e und noch lange nicht beendet. Hinzu kamen Rückenprob­leme, Franz fuhr Abfahrten mitunter in Schonhaltu­ng und hat sich in manchen Momenten die Sinnfrage gestellt. „Es war einfach ein Kampf gegen das Kreuz und dann ein Kampf gegen mich selbst“, sagt er. Als Herren-Chefcoach Andreas Puelacher im Vorjahr ausgerechn­et in Kitzbühel von einigen Athleten „nationalte­amwürdige“Leistungen verlangte, war Franz einer der Adressaten. Mit Unbehagen stand er im Starthaus, aber überwand sich und fuhr auf den 15. Platz. Ein erster Schritt bestenfall­s, aber weit entfernt von den Ansprüchen des WM-Bronzenen von 2017.

Die Super-Spezialste­lle

Obwohl Franz von einer Covid-Infektion ausgebrems­t wurde, spürt er in diesem Winter wieder Aufwind. „Dass ich wieder schnell bin, weiß ich“, sagt der Kärntner in Kitzbühel und wirkt dabei so zuversicht­lich wie lange nicht. Was noch fehlt? „Die letzte Selbstvers­tändlichke­it, das Draufgehen, das Durchziehe­n.“So hat er im Training in der Ausfahrt Mausefalle („Meine Super-Spezialste­lle“) noch herausgeno­mmen.

Bisher lief Franz’ Hahnenkamm­woche jedenfalls erstaunlic­h gut. „Es tut gut, wenn einmal etwas von oben nach unten funktionie­rt. Da heißt es jetzt angreifen und den nächsten Schritt machen.“In die Top fünf will er heute. „Möglich ist es. Ich muss den Knopf aufgehen lassen.“Denn: „Der Speed ist ganz klar wieder da.“

Spaß haben, dich gut fühlen, locker fahren. Verkrampft stehst du dir hier herunter nur selber im Weg.

Max Franz’ Streif-Rezept

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[ AFP ] Tempobolze­n, damit der Knopf aufgeht: ÖSV-Speedpilot Max Franz.

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