Die offene Rechnung mit der Streif
Hahnenkammrennen. Viele Tiefs und wenige Lichtblicke: Wie Mausefalle und Co. das Rennfahrerleben des Max Franz bestimmen – und wie die Kitzbühel-Pechsträhne heuer enden soll.
Der Speed ist wieder da. Diesen Satz hat Max Franz in diesem Winter gefühlt schon hundertmal gesagt, in Kitzbühel natürlich auch, nach dem ersten und nach dem zweiten Abfahrtstraining (Platz drei). Weil der Speed tatsächlich zurück ist, könnte der 31-Jährige aus dem Gitschtal nun ein dunkles Kapitel seiner Karriere schließen. Denn ausgerechnet auf der Streif, dem Mekka des Abfahrtssports, plagt Franz eine Pechsträhne, die in ihrer Hartnäckigkeit wohl einzigartig ist – und die es beim diesjährigen Abfahrtsdoppel (Freitag und Samstag je 11.30 Uhr, ORF1) endgültig zu beenden gilt.
Dabei hat der Kärntner schon eine Gams zu Hause stehen, 2014 war er Dritter im Super-G. Auch beim Abfahrtsklassiker hatte es vielversprechend begonnen: 13. Platz beim Debüt 2012, ein Jahr später Rang fünf, obwohl er in Beaver Creek gestürzt und bewusstlos gewesen war. Doch spätestens 2016 nahm das Unheil seinen Lauf.
Die historische Sturzorgie 2016 hatte mit Franz einen Vorboten. Nach einer Mischung aus Fahrfehler und Pech wurde Franz im Training in der Schrägfahrt abgeworfen und verletzte sich schwer.
Als Gröden-Sieger angereist, schlug es Franz 2017 bei der Ausfahrt Mausefalle mit Zwischenbestzeit die Bindung am Außenski auf. Akrobatisch vermied er einen Sturz („Was willst da machen?“).
Vor den Rennen 2018 setzt ihn eine Magen-Darm-Erkrankung außer Gefecht. Als am folgenschwersten sollte sich 2019 erweisen. Als Sieger von Lake Louise und Zweiter von Gröden war Franz Mitfavorit, doch der StreifPechvogel war am Ende der Leidtragende der viel kritisierten Pistenpräparierung. Ohne einen wirklichen Fahrfehler begangen zu haben, kassierte er wieder in der Mausefalle-Ausfahrt einen Schlag und musste abschwingen. Diagnose: unverschobener Fersenbeinbruch. „Dass mir das passiert ist, ist so unwahrscheinlich, da hätte ich auch im Lotto gewinnen können“, meinte er danach. Franz verpasste die WM und stand erst fünf Monate später wieder auf Skiern.
Seither hat der dreifache Weltcupsieger kein Topresultat mehr geschafft, zwei neunte Plätze waren das Höchste der Gefühle. Der Schlag in der pickelharten Mausefalle hat das Speed-Ass mitten in seiner bisher besten Saison jäh gestoppt.
Der Kampf zurück ist langwierig, voller Rückschläge und noch lange nicht beendet. Hinzu kamen Rückenprobleme, Franz fuhr Abfahrten mitunter in Schonhaltung und hat sich in manchen Momenten die Sinnfrage gestellt. „Es war einfach ein Kampf gegen das Kreuz und dann ein Kampf gegen mich selbst“, sagt er. Als Herren-Chefcoach Andreas Puelacher im Vorjahr ausgerechnet in Kitzbühel von einigen Athleten „nationalteamwürdige“Leistungen verlangte, war Franz einer der Adressaten. Mit Unbehagen stand er im Starthaus, aber überwand sich und fuhr auf den 15. Platz. Ein erster Schritt bestenfalls, aber weit entfernt von den Ansprüchen des WM-Bronzenen von 2017.
Die Super-Spezialstelle
Obwohl Franz von einer Covid-Infektion ausgebremst wurde, spürt er in diesem Winter wieder Aufwind. „Dass ich wieder schnell bin, weiß ich“, sagt der Kärntner in Kitzbühel und wirkt dabei so zuversichtlich wie lange nicht. Was noch fehlt? „Die letzte Selbstverständlichkeit, das Draufgehen, das Durchziehen.“So hat er im Training in der Ausfahrt Mausefalle („Meine Super-Spezialstelle“) noch herausgenommen.
Bisher lief Franz’ Hahnenkammwoche jedenfalls erstaunlich gut. „Es tut gut, wenn einmal etwas von oben nach unten funktioniert. Da heißt es jetzt angreifen und den nächsten Schritt machen.“In die Top fünf will er heute. „Möglich ist es. Ich muss den Knopf aufgehen lassen.“Denn: „Der Speed ist ganz klar wieder da.“
Spaß haben, dich gut fühlen, locker fahren. Verkrampft stehst du dir hier herunter nur selber im Weg.
Max Franz’ Streif-Rezept