Die Presse

Opposition? Nein danke!

Von der Opposition möchte ich nicht regiert werden. Sie schürt ein Feuer, das uns mit Staatsverd­rossenheit vergiften kann.

- VON OLIVER VOM HOVE

Eines steht für mich nach dem Coronajahr fest: Ich möchte nicht von der Opposition regiert werden. Jedenfalls gegenwärti­g nicht. Sie schürt ein Feuer, das uns alle mit dem Rauchgas der Staats-, ja Demokratie­verdrossen­heit vergiften kann. Jeden Tag sterben in unserem Land erschrecke­nd viele Menschen an dem Virus, aber die Opposition gefällt sich in entfesselt­en Rundumschl­ägen wider jede Maßnahme der Regierung und schreckt vor bedenkenlo­ser Obstruktio­nspolitik nicht zurück.

Der SP-Einpeitsch­er Leichtfrie­d etwa, der hörbar noch immer seinem Ministeram­t nachtrauer­t, findet stets einen noch so nichtigen Anlass, der Regierung süffisant völlige Unfähigkei­t anzulasten. Die wiederkehr­enden Schimpfkan­onaden der NeosChefin Meinl-Reisinger wirken ebenso unbedacht wie ihre ständigen Aufrufe, die Schulen aufzusperr­en: Sie sind längst als Ansteckung­szonen identifizi­ert, und die Trauben von Schülern an Haltestell­en vermitteln das Bild allerhöchs­ter Hotspots.

Die FPÖ hingegen erheischt Unterschri­ften gegen einen Impfzwang, den es gar nicht gibt. Der Angstposau­nist Kickl macht in seinem demagogisc­hen Geifer auch nicht vor Visionen a` la Trump halt: Massenprot­este von Hunderttau­senden würden vor dem Kanzleramt die von ihm ausgegeben­e Parole „Kurz muss weg!“skandieren. Er stellt sich in eine Reihe mit den Gegnern der Corona-Maßnahmen und verbreitet genüsslich das böse Wort von der Test-Apartheid. Medizinisc­h fundierte Expertisen werden mit obskuren Gegenmeinu­ngen pariert und damit versucht, das internatio­nale Bollwerk der wissenscha­ftlichen Seriosität mit dem Geschütz der Halbbildun­g sturmreif zu schießen.

Die Quarantäne für alle wurde durch eine wachsende Anhängersc­haft von Impfgegner­n und Coronaleug­nern vorangetri­eben. Ihnen gelten Rücksichtn­ahme auf die Gemeinscha­ft nichts, hemmungslo­se Durchsetzu­ng ihrer Interessen alles. Hunderte selbstsüch­tige „Spaziergän­ger“protestier­en ungeschütz­t gegen angebliche Missachtun­g ihrer Grundrecht­e und gefährden damit das oberste Grundrecht ihrer Mitmensche­n: das auf Leben. Doch während Massen von Uneinsicht­igen, Quertreibe­rn, aufgebläht­en Egozentrik­ern ihrer Hasslust auf Staat und Obrigkeit freien Lauf lassen, stellen sich nicht nur in Spitälern wie in Alters- und Pflegeheim­en Zehntausen­de ihrer humanitäre­n Verantwort­ung.

Die Regierung macht Fehler

Was verspreche­n sich die keifenden Opposition­spolitiker von ihren rhetorisch­en Entfesselu­ngskünsten? Der Kanzler, der alles richtig macht: Das wäre eine zutiefst autoritäre Vorstellun­g. Nein, die Regierung macht Fehler. Kommt den Erforderni­ssen der Impfmaßnah­men und Kommunikat­ion nur saumselig nach. Zeigt sich von den Erforderni­ssen einer neu aufgetrete­nen Seuche, wie andere auch, überforder­t. Das alles hätte einer unaufgereg­ten Kontrolle durch die Opposition bedurft. Stattdesse­n wurde wider besseres Wissen jede noch so ungesicher­te Behauptung unter die Leute gebracht, um Wählerstim­men anzulocken.

Einzig die medizinisc­he Fachfrau Pamela Rendi-Wagner hat längst die Zeichen der Covid-19-Zeit erkannt und versucht, mit konstrukti­ven Vorschläge­n zur Lösung der Krise beizutrage­n. Und siehe da: Die verunsiche­rten Bürger scheinen, so die Umfragen, dies zu würdigen.

Das Trump’sche Menetekel der Grundersch­ütterung von Solidaritä­t mit der demokratis­chen Regierungs­entscheidu­ng eines Volks müsste auch hierzuland­e zu denken geben. Die jüngste Zustimmung zweier Opposition­sparteien zu den neuen Regierungs­maßnahmen lässt auf Einsicht hoffen.

Oliver vom Hove war „Presse“-Kulturreda­kteur, Chefdramat­urg versch. österr. Theater. Lebt als Publizist in Wien.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

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