Opposition? Nein danke!
Von der Opposition möchte ich nicht regiert werden. Sie schürt ein Feuer, das uns mit Staatsverdrossenheit vergiften kann.
Eines steht für mich nach dem Coronajahr fest: Ich möchte nicht von der Opposition regiert werden. Jedenfalls gegenwärtig nicht. Sie schürt ein Feuer, das uns alle mit dem Rauchgas der Staats-, ja Demokratieverdrossenheit vergiften kann. Jeden Tag sterben in unserem Land erschreckend viele Menschen an dem Virus, aber die Opposition gefällt sich in entfesselten Rundumschlägen wider jede Maßnahme der Regierung und schreckt vor bedenkenloser Obstruktionspolitik nicht zurück.
Der SP-Einpeitscher Leichtfried etwa, der hörbar noch immer seinem Ministeramt nachtrauert, findet stets einen noch so nichtigen Anlass, der Regierung süffisant völlige Unfähigkeit anzulasten. Die wiederkehrenden Schimpfkanonaden der NeosChefin Meinl-Reisinger wirken ebenso unbedacht wie ihre ständigen Aufrufe, die Schulen aufzusperren: Sie sind längst als Ansteckungszonen identifiziert, und die Trauben von Schülern an Haltestellen vermitteln das Bild allerhöchster Hotspots.
Die FPÖ hingegen erheischt Unterschriften gegen einen Impfzwang, den es gar nicht gibt. Der Angstposaunist Kickl macht in seinem demagogischen Geifer auch nicht vor Visionen a` la Trump halt: Massenproteste von Hunderttausenden würden vor dem Kanzleramt die von ihm ausgegebene Parole „Kurz muss weg!“skandieren. Er stellt sich in eine Reihe mit den Gegnern der Corona-Maßnahmen und verbreitet genüsslich das böse Wort von der Test-Apartheid. Medizinisch fundierte Expertisen werden mit obskuren Gegenmeinungen pariert und damit versucht, das internationale Bollwerk der wissenschaftlichen Seriosität mit dem Geschütz der Halbbildung sturmreif zu schießen.
Die Quarantäne für alle wurde durch eine wachsende Anhängerschaft von Impfgegnern und Coronaleugnern vorangetrieben. Ihnen gelten Rücksichtnahme auf die Gemeinschaft nichts, hemmungslose Durchsetzung ihrer Interessen alles. Hunderte selbstsüchtige „Spaziergänger“protestieren ungeschützt gegen angebliche Missachtung ihrer Grundrechte und gefährden damit das oberste Grundrecht ihrer Mitmenschen: das auf Leben. Doch während Massen von Uneinsichtigen, Quertreibern, aufgeblähten Egozentrikern ihrer Hasslust auf Staat und Obrigkeit freien Lauf lassen, stellen sich nicht nur in Spitälern wie in Alters- und Pflegeheimen Zehntausende ihrer humanitären Verantwortung.
Die Regierung macht Fehler
Was versprechen sich die keifenden Oppositionspolitiker von ihren rhetorischen Entfesselungskünsten? Der Kanzler, der alles richtig macht: Das wäre eine zutiefst autoritäre Vorstellung. Nein, die Regierung macht Fehler. Kommt den Erfordernissen der Impfmaßnahmen und Kommunikation nur saumselig nach. Zeigt sich von den Erfordernissen einer neu aufgetretenen Seuche, wie andere auch, überfordert. Das alles hätte einer unaufgeregten Kontrolle durch die Opposition bedurft. Stattdessen wurde wider besseres Wissen jede noch so ungesicherte Behauptung unter die Leute gebracht, um Wählerstimmen anzulocken.
Einzig die medizinische Fachfrau Pamela Rendi-Wagner hat längst die Zeichen der Covid-19-Zeit erkannt und versucht, mit konstruktiven Vorschlägen zur Lösung der Krise beizutragen. Und siehe da: Die verunsicherten Bürger scheinen, so die Umfragen, dies zu würdigen.
Das Trump’sche Menetekel der Grunderschütterung von Solidarität mit der demokratischen Regierungsentscheidung eines Volks müsste auch hierzulande zu denken geben. Die jüngste Zustimmung zweier Oppositionsparteien zu den neuen Regierungsmaßnahmen lässt auf Einsicht hoffen.
Oliver vom Hove war „Presse“-Kulturredakteur, Chefdramaturg versch. österr. Theater. Lebt als Publizist in Wien.
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