Alles rund ums Impfen
Impfungen. Während es bei FSME eine recht hohe Durchimpfungsrate in Österreich gibt, liegt sie bei anderen Erkrankungen wie Influenza sehr weit unten. Das hat mit den Bildern zu tun, die wir mit der Erkrankung assoziieren.
Wie sieht es ganz abseits von Corona mit der Durchimpfungsrate aus?
VON KARIN SCHUH
Wien.
Nicht nur am Samstag, dem Österreichischen Impftag, dreht sich alles um die Corona-Impfung. Das wirkt sich auch auf andere Impfungen aus – positiv wie negativ. Denn einerseits rückt das Bewusstsein dafür, wovor uns Impfungen schützen können, in den Vordergrund. Andererseits wurden im vergangenen Jahr viele Impfungen aufgeschoben oder vergessen.
1 Welche Impfung hat die höchste Durchimpfungsrate?
Ganz genau lässt sich das derzeit (noch) nicht sagen, da man zumindest bei Impfungen abseits des Kinderimpfprogramms auf Schätzungen angewiesen ist, wie Ursula Wiedermann-Schmidt erklärt. Sie ist Professorin für Vakzinologie und Leiterin des Instituts für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der Med-Uni Wien. Demzufolge ist die FSME-Impfung mit einer Durchimpfungsrate von rund 80 Prozent weitverbreitet – im Unterschied etwa zur Influenza-Impfung. „Wir wissen aus den vergangenen Jahren, dass die InfluenzaImpfung sehr schlecht angenommen wird und dass weniger als zehn Prozent geimpft waren.“Sie geht davon aus, dass sich dieser Wert im vergangenen Jahr verbessert hat, wenn auch nur minimal.
Die Datenlage für Impfungen auch abseits von Corona dürfte sich durch die Einführung des Impfregisters (das auch für andere Impfungen genutzt werden kann) in Zukunft zumindest verbessern.
2 Wie sieht es bei den Impfungen für Kinder aus?
„Aus den Impfungen des kostenfreien Kinderimpfprogramms wissen wir, dass die Impfbeteiligung in Österreich in den vergangenen Jahren, also bis 2019, auf zu niedrigem Niveau stabil war“, heißt es aus dem Gesundheitsministerium. Bei Masern zum Beispiel wurde 2019 zwar mehr geimpft als die Jahre davor, was an einer Kommunikationskampagne liegen dürfte. Generell werden Kinder aber zu spät geimpft. So lag die Durchimpfungsrate bei Masern bei den Zwei- bis Fünfjährigen nach der ersten Impfung bei 95 Prozent, nach der zweiten Impfung bei 88 Prozent. Bei den 19- bis 30-Jährigen waren 76 Prozent gegen Masern geimpft. Auch bei der Sechsfach-Impfung, Impfungen gegen Pneumokokken, Rotavirus und gegen Masern-Mumps-Röteln lag die Quote bei rund 90 Prozent. Bei anderen Impfungen ist im vergangenen Jahr ein Rückgang der Durchimpfungsrate zu beobachten.
3 Woran liegen die Unterschiede bei der Durchimpfungsrate?
Für Wiedermann-Schmidt hat das mehrere Gründe. Bei den Kinderimpfungen werde die zweite Dosis schlicht oft vergessen, was allerdings gefährlich sein kann, da dadurch kein Impfschutz gegeben ist.
Dass sich Erwachsene gern gegen FSME impfen lassen, aber nicht gegen Influenza, hat mit den Bildern zu tun, die mit diesen Erkrankungen meist assoziiert werden. Der FSME-Impfung wird seit 20, 30 Jahren viel Respekt entgegengebracht. „Das hat auch mit der Werbung zu tun, die aggressiv propagiert wurde, mit dem Zeck, der lauert“, sagt WiedermannSchmidt. Solche Bilder werden auch über Generationen weitergegeben. Während hingegen Masern oder Keuchhusten meist mit einer Kinderkrankheit assoziiert werden, die einem Erwachsenen nichts anhaben kann – „ein Trugschluss“. Influenza wiederum werde nach wie vor mit einem grippalen Infekt verbunden, „was nicht stimmt, aber das bekommt man aus den Köpfen nur sehr schwer heraus“.
4 Wer ist besonders impfskeptisch und warum?
Wiedermann-Schmidt hat gemeinsam mit Kollegen erforscht, welche Personengruppen besonders impfskeptisch sind und welche weniger. „Da ist herausgekommen, dass Impfskepsis eher bei Jüngeren auftritt. Menschen mit Matura sind auch eher impfskeptisch, weil sie sich selbst ihre Meinung bilden wollen, auf die Suche machen und dabei oft auf Informationen von massiven Impfgegnern stoßen.“Während bildungsferne Schichten sich eher darauf verlassen, was der Arzt sagt. Ältere Personen sind schlicht deshalb seltener impfskeptisch, weil sie noch Krankheiten miterlebt haben, die heute nur noch selten vorkommen.
5 Gibt es regionale Unterschiede bei der Impfskepsis?
Ja, so berichtet WiedermannSchmidt, dass in manchen Bundesländern, wie Vorarlberg und Wien, die Impfprogramme sehr gut angenommen werden, während anderswo die Impfskepsis größer ist. „Fragen Sie mich nicht warum, aber es gibt in der Steiermark eine starke Lobby an Impfgegnern. Das hat einen Einfluss auf das Impfprogramm, wenn zum Beispiel verunsicherte Eltern auf deren Websites stoßen.“
6 Was sind die gängigsten Mythen rund um das Impfen?
Wann immer ein neuer Impfstoff aufkommt, tauchen auch diverse Mythen auf. „Das ist schon fast ein Automatismus“, sagt WidermannSchmidt. Sehr oft wird dabei ein negativer Einfluss auf die Fertilität befürchtet. „Ich weiß nicht, woher das kommt, dafür gibt es keine Daten.“So kursiert zum Beispiel derzeit unter jungen Pflegerinnen das Gerücht, sich besser nicht gegen Corona impfen zu lassen, wenn sie in den nächsten Jahren schwanger werden wollen. „Völliger Unsinn“, sagt Wiedermann-Schmidt. „Ich weiß auch nicht, warum sich Mythen besser halten als wissenschaftliche Evidenz.“Impfmythen gibt es jedenfalls schon, seit es Impfungen gibt. „Schon bei den Pocken gab es damals Zeichnungen mit geimpften Menschen, denen plötzlich Kuhköpfe und Hörner wachsen.“