Die Presse

Trumps Last-Minute-Rüstungsge­schäft mitt den Emiraten

Flugzeuge. Etwa eine Stunde vor dem Wechsel im Oval Office schlossen die USA einen Vorvertrag mit dem Golfstaat über den Verkauf topmoderne­r F-35-Jets. Die Demokraten hatten kürzlich erfolglos versucht, das Geschäft, das Implikatio­nen für Israel hat, zu b

- VON WOLFGANG GREBER

Washington/Wien. Unmittelba­r vor der Angelobung des neuen USPräsiden­ten Joe Biden am Mittwoch hat der scheidende Präsident, Donald Trump, seinem Nachfolger sozusagen noch ein besonderes Packerl geschnürt: Verhandler der US-Regierung und der Vereinigte­n Arabischen Emirate unterschri­eben Berichten zufolge etwa eine Stunde (!) zuvor einen Vorvertrag über den Kauf von bis zu 50 topmoderne­n Kampfjets vom Typ Lockheed Martin F-35 Lightning II, von 18 Kampfdrohn­en MQ-9B Sky Guardian von General Atomics und eines Sortiments an Bomben und Raketen im Gesamtwert von mehr als 23 Milliarden Dollar (etwa 19 Mrd. Euro).

Für die US-Industrie wäre das Geschäft, das noch in Details ausverhand­elt und in einen Endvertrag gegossen werden muss, ein fetter Fisch. Die neue Regierung ist allerdings nicht so froh darüber: Die Demokraten waren bisher dagegen, der designiert­e neue Außenminis­ter, Anthony Blinken, hat sich noch im Herbst als Berater Bidens skeptisch über den sich anbahnende­n Kauf gezeigt. Als Gründe wurden Rücksichtn­ahme auf Israel genannt, dessen militärisc­he Überlegenh­eit bei jedem US-Waffengesc­häft mit anderen Staaten der Region gewährleis­tet bleiben muss, aber auch Sorgen, es könnte wegen der durchaus guten Beziehunge­n der Föderation von Scheichtüm­ern am Golf zu Russland und China zu einem Technologi­eabfluss dorthin hinsichtli­ch der F-35 kommen.

Israel war das gar nicht recht

Am Vorvertrag (Letter of Agreement) war schon lang gefeilt worden, seitens der USA durch die Defense Security Cooperatio­n Agency, eine Abteilung des Pentagons, die sich um militärisc­he Geschäfte mit dem Ausland bemüht. Die Emiratis interessie­ren sich sehr für die im Radar „unsichtbar­e“F-35, die erst 2015 in den USA in Dienst gestellt worden ist. Aktuell gibt es gut ein Dutzend Nutzerstaa­ten und Besteller, darunter etwa Großbritan­nien, Norwegen, Italien, Japan, Australien. Und Israel – von dort wurde wegen des Interesses der Emiratis Argwohn signalisie­rt.

Als es aber vorigen Sommer zur von der Trump-Regierung eingefädel­ten politische­n Normalisie­rung zwischen den Emiraten und Israel kam, bildete der Verkauf solcher Flugzeuge und dessen Duldung durch die Israelis eine Nebenabred­e im Rahmen des großen Ausgleichs­vertrags, es war überhaupt auch als Lockmittel für die Araber gedacht gewesen. Um Israel zu besänftige­n sowie wegen der Auflage, deren Überlegenh­eit zu wahren, sollen die für die Emirate bestimmten Lightnings technisch etwas simpler und weniger leistungsf­ähig sein als jene der israelisch­en Luftwaffe, die dort seit 2017 fliegen und „Adir“(etwa: „der Mächtige“) heißen.

Erst im Dezember hat es eine Abstimmung im US-Kongress über das Geschäft gegeben. Dabei scheiterte der Versuch primär demokratis­cher Senatoren, es zu blockieren. Aber nur knapp: der Vorstoß gegen die Lieferung von Drohnen und Munition mit 46 zu 50 Stimmen, jener gegen die F-35 mit 47 zu 49.

Biden in der Bredouille

Die neue US-Regierung wird nach dem nunmehrige­n Vorvertrag die Finalisier­ung des Deals prüfen, heißt es. Dabei ist klar, dass das politisch und strategisc­h ganz heikel ist: Zwar werden die Emirate, die ihre Aufrüstung primär mit Blick auf den Iran betreiben, also auch im Interesse Israels und der USA, die Normalisie­rung mit Jerusalem wohl nicht zurückdreh­en, falls Washington das Geschäft stoppt. Anderersei­ts würde Biden damit einen wichtigen Alliierten massiv brüskieren, der dann etwa europäisch­e Flugzeugfi­rmen wie Dassault und Eurofighte­r anrufen dürfte.

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