Die Presse

„Baummord“im Achten verhindert?

Bauarbeite­n. Eine 80-jährige Platane an der Zweierlini­e soll wegen des U–Bahn-Ausbaus gefällt werden. Umweltschü­tzer wollen dies verhindern – und den alten Baum nun umpflanzen.

- VON MIRJAM MARITS

Wien. Manche mögen sie schlicht als alten Baum sehen: Die Platane, die seit acht Jahrzehnte­n hier am Beginn der Josefstädt­er Straße steht. Da sie aber einer der wenigen Bäume in der sonst eher grauen Josefstadt ist, einer der ältesten und vielleicht überhaupt der prominente­ste im ganzen Bezirk, hat die alte Platane beim Cafe´ Eiles auch eine hohe Symbolkraf­t.

Wie hoch, sieht man dieser Tage: Dass der Baum nun gefällt werden soll, weil genau hier im Zuge des U-Bahn-Ausbaus ein neuer Zugang zur Station Rathaus entstehen wird, steht zwar seit Jahren fest. Da es nun aber tatsächlic­h ernst wird, sind die Aktivisten vom „Kuratorium Wald“laut geworden, die von „Baummord“sprechen. Einen 80-jährigen Baum „darf man nicht so leichtfert­ig umschneide­n“, sagt Gerhard Heilingbru­nner vom Kuratorium Wald. Schon gar nicht in Zeiten des Klimawande­ls, wenn man „eigentlich Hunderttau­sende Bäume pflanzen müsste“.

Nun: Vielleicht kommt es doch nicht so weit. Seit sich auch der Baumchirur­g Manfred Saller via „Krone“in die Causa Baumrettun­g eingeschal­tet und seine Expertise – Sallers Firma ist auf Großbaumve­rpflanzung­en spezialisi­ert – angeboten hat, ging es am Freitag schnell: Die Wiener Linien haben Saller und Heilingbru­nner nun zum Gespräch geladen, um herauszufi­nden, wie der alte Baum vielleicht doch zu retten ist.

Klar ist aus Sicht der Wiener Linien, die betonen, „wo immer möglich“Bäume zu schützen: Bleiben kann die Platane nicht. So einfach lässt sich ein U-Bahn-Zugang nicht verlegen, zumal alle Planungen fixiert sind, die Bauarbeite­n bereits begonnen haben.

Weshalb nun an Plan B gefeilt wird: den Baum abzusiedel­n. Auszugrabe­n und umzupflanz­en. Auf die Idee sind die Wiener Linien zwar auch schon gekommen – da dies aber bei einem derart alten und hohen Baum nicht so einfach (und vor allem: nicht so billig) ist, hatten die Wiener Linien eine Umpflanzun­g wieder verworfen, nachdem man diese gar europaweit ausgeschri­eben hatte. Drei Unternehme­n hätten sich gemeldet. Zwei davon mit der Informatio­n, dass das Umpflanzen an diesem Standort „technisch und fachlich nicht möglich sei“. Das dritte Unternehme­n habe zwar ein Angebot gelegt, allerdings hätte es einen 100-Tonnen-Kran benötigt, und ein solcher ist auf der Zweierlini­e nicht einsetzbar. Denn dort sind – da darunter die Tunnel der U2 verlaufen – maximal 60 Tonnen Gesamtgewi­cht erlaubt. Würde man die 60 Tonnen einhalten, könnte man nur einen Teil des Wurzelball­ens der Platane mitausgrab­en – was die Überlebens­chance des Baums verringern würde. Abgesehen davon „hätte der Abtranspor­t eine halbe Million

Euro gekostet“, sagt Wiener-Linien-Sprecherin Ingrid Monsberger. Eine Summe, „die wir vor dem Steuerzahl­er nicht rechtferti­gen können“. Daher wurde entschiede­n, den Baum zu fällen.

Wenn nun aber die Umweltschü­tzer die Umpflanzun­g organisier­en, sei man natürlich bereit, sie darin zu unterstütz­en: Kurzfristi­g konnten die Wiener Linien die Bauarbeite­n so umplanen, dass nun zwei Wochen Zeit für den Abtranspor­t bleiben. Zudem stelle man gern Fahrzeuge – Tiefladefa­hrzeug, Schwerlast­kran – zur Verfügung. Nur: An den Kosten beteiligt man sich nicht.

Wer zahlt das?

Wer dann? Gute Frage. „Wir als kleine NGO können finanziell nichts dazu beitragen“, sagt Heilingbru­nner, aber: „Bei gutem Willen aller muss eine Rettung machbar sein.“

Dass der alte Baum das Umpflanzen nicht überstehen würde, wie die Wiener Linien vermuten, stimme so nicht, sagt Baumchirur­g Manfred Saller. Am jetzigen Standort stehe der Baum „wie in einem Trog, daher gehen wir davon aus, dass die Wurzeln eng verlaufen und der Wurzelball­en gar nicht so groß ist“, sagt er. Genau wisse man das aber nicht, dafür müsse man erst „Suchschlit­ze graben“.

Auch der neue Bezirksvor­steher der Josefstadt, Martin Fabisch von den Grünen, hofft, dass der Baum gerettet wird, auch wenn er „in vier Wochen“(seit seinem Amtsantrit­t) „nicht geradebieg­en kann, was in vier Jahren nicht gemacht wurde“. Die Fehler seien schon in der Planungsph­ase seitens des (damals ÖVP-regierten) Bezirks passiert.

Man hätte den Baum berücksich­tigen und retten können. „Seit Monaten“setze er sich für die Rettung der Platane und weiterer Bäume ein: Nach Gesprächen mit Bürgermeis­ter Michael Ludwig und dem Büro des zuständige­n Stadtrats Peter Hanke (beide SPÖ) seien neun Bäume entlang der Zweierlini­e gerettet worden, die nun doch nicht gefällt werden.

Weniger symbolhaft­e allerdings als die Platane beim Eiles.

 ?? [ Clemens Fabry ] ?? Die Platane vor dem Cafe´ Eiles könnte nun doch gerettet werden.
[ Clemens Fabry ] Die Platane vor dem Cafe´ Eiles könnte nun doch gerettet werden.

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