Die Presse

Wie man Kindern die Zukunft verbaut

Skilehrerk­urse, aber geschlosse­ne Schulen: Muss man das verstehen?

- josef.urschitz@diepresse.com

Gestresste Eltern fragen sich, seit reihenweis­e Skilehrer-Ausbildung­s-Coronaclus­ter auffliegen, welche Logik (oder welche Idiotie) dahinterst­ecken mag, dass man in Zeiten der Pandemie Skilehrer in Hunderter-Rudeln ausbilden darf. Aber Schüler nicht in die Schule lässt. Beziehungs­weise sie dort nicht regulär unterricht­et. Die Antwort könnte sein, dass der Tourismus ein systemrele­vanter Wirtschaft­sfaktor ist. Und Skilehrer ein Teil davon. Probleme machen sich da sofort am BIP bemerkbar.

Bei der Schule, deren Systemrele­vanz natürlich noch viel größer ist, ist dieser Zusammenha­ng vordergrün­dig nicht so klar. Die Folgen zeigen sich erst mittel- bis langfristi­g. Dann aber ordentlich.

„Nichts ist besser dokumentie­rt als der Zusammenha­ng zwischen Bildung, Einkommen und Wirtschaft­sleistung“, ist das Credo des renommiert­en Bildungsök­onomen Ludger Wößmann vom Münchener Ifo-Institut. Für Deutschlan­d hat er das ausgerechn­et: Bleiben die Schulen außertourl­ich zu, kostet das die betroffene­n Schüler nach 18 Wochen 4,5 Prozent des Lebenseink­ommens. Dauert der Schul-Shutdown 22 Wochen, 5,5 Prozent. Im ersteren Fall würde das (deutsche) BIP bis zum Ende des Jahrhunder­ts um 3,35 Billionen Euro niedriger ausfallen, im zweiteren um 4,09 Billionen, sagte Wößmann neulich dem „Handelsbla­tt“. Mit anderen Worten: Schulschli­eßungen verursache­n langfristi­g einen riesigen wirtschaft­lichen Schaden. Ü brigens: In Österreich hat seit vergangene­n März an annähernd der Hälfte aller Schultage kein regulärer Präsenzunt­erricht stattgefun­den. Und was ist seither geschehen? Wurden die Schulen baulich und ausstattun­gsmäßig pandemieta­uglich gemacht? Wurde großflächi­g zusätzlich­es Personal rekrutiert, um effiziente zusätzlich­e Fördermaßn­ahmen umsetzen zu können? Hat man einen Plan, wie man die entstanden­e Bildungslü­cke schnell wieder auffüllen kann?

Sieht eher nicht so aus. Man hofft auf ein bisschen Testen und auf ein baldiges Ende der Pandemie. Diese schlimme Schnarchna­sigkeit der Schulbürok­ratie wird uns noch sehr teuer auf den Kopf fallen.

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