Die Presse

US-Konzern kauft Wiener Start-up

Unternehme­n. Julian und Paul Zehetmayr haben ihre Firma Apilayer an das US-Unternehme­n Idera verkauft. Es ist bereits der zweite große Start-up-Deal der Zehetmayr-Brüder.

- VON BEATE LAMMER

Wien. Die Brüder Julian und Paul Zehetmayr haben schon Erfahrung im Gründen und Verkaufen erfolgreic­her Start-ups. Als Schüler hatte Julian Zehetmayr das Start-up Mobfox gegründet, das Werbung für mobile Apps adaptiert. 2014 verkaufte er es um 17,6 Millionen Euro an den israelisch­en MatomyMedi­a-Konzern – und wurde mit 22 Jahren zum jüngsten Start-up-Millionär Österreich­s.

Nun kann er sich zusammen mit seinem Bruder Paul Zehetmayr schon wieder über einen Geldsegen freuen. Mit Paul zusammen hat er nämlich 2015 ein neues Unternehme­n gegründet, Apilayer. Dieses bietet ein breites Portfolio an Entwickler-Schnittste­llen (APIs) an. So können Kunden bestimmte Tools, etwa Währungsku­rse, in ihre eigenen Anwendunge­n integriere­n.

Zuerst programmie­rte man selbst

Nun wird Apilayer ebenfalls verkauft, und zwar an den US-Konzern Idera. Zum Kaufpreis geben die Zehetmayr-Brüder diesmal keine Details bekannt, sie seien mit dem Preis für das Unternehme­n, das zuletzt Umsätze in zweistelli­ger Millionenh­öhe schrieb, sehr zufrieden gewesen. „Wir haben aber nicht auf einen Verkauf hingearbei­tet“, sagte Paul Zehetmayr zur „Presse“. „Hätten wir das getan, hätten wir uns auf die falschen Dinge konzentrie­rt.“

Verkaufsdr­uck habe man auch keinen gehabt, Apilayer sei profitabel gewesen. Das Angebot von Idera war aber sehr gut, Apilayer passte gut in das Portfolio des Käufers, die Unternehme­nskultur dort schien auch zu passen. Und der Verkauf ermöglicht es den Zehetmayr-Brüdern, sich jetzt auf die verbleiben­den Produkte ihrer Stack Holdings GmbH zu konzentrie­ren. So heißt das Unternehme­n, das sie noch immer führen.

Angefangen hat man 2015 mit einem Tool, das Währungsku­rse berechnet. Einen Investor oder Startkapit­al für das neue Unternehme­n habe man nicht gebraucht, berichtet Paul Zehetmayr. Die beiden Brüder haben einfach selbst programmie­rt, in den ersten beiden Jahren von zu Hause aus. Und so schafften sie, was vielen anderen Startups erst nach Jahren gelingt oder gar nie: „Bereits nach drei Monaten waren wir profitabel.“

Kunden, die ein solches Tool für ihre eigene Website benötigen, können es auf Abobasis nutzen – bis zu einem gewissen Limit gratis, bei entspreche­nd vielen Abfragen kostenpfli­chtig. Die Möglichkei­t der Gratisnutz­ung rechnete sich indirekt: So knüpfte man Kontakte zu einer großen Entwickler­Community, die auch Verbesseru­ngsvorschl­äge einbrachte.

Marketing und Vertrieb erfolgten über Google-Suchabfrag­en. Und als Apilayer schon einmal als Marke bekannt war, griffen die Kunden neben dem Währungsto­ol auch zu anderen Produkten: etwa dem Lokalisier­en von IP-Adressen, einer Dienstleis­tung, der sich etwa auch Netflix bediente. „Netflix muss wissen, in welchem Land sich ein Neukunde aufhält, weil es etwa in Österreich Zugang zu anderen Serien und Filmen gibt als in Großbritan­nien“, erklärt Paul Zehetmayr. Apple wiederum benötigt die Apilayer-Tools, um Umsatzsteu­er-Identifika­tionsnumme­rn von Unternehme­n zu überprüfen. Doch auch Kunden wie Apple und Netflix zahlen nur die üblichen Abopreise, die zwischen zehn und 300 Dollar im Monat betragen und im Extremfall auf bis zu 5000 Dollar steigen können. Zuletzt hatte Apilayer Tausende kleine Kunden, was den Vorteil hat, das es nicht von einigen wenigen Großkunden abhängig ist.

Schub durch Digitalisi­erungswell­e

Idera hat auch zehn Apilayer-Mitarbeite­r übernommen, der Firmensitz bleibt in Wien. Die Zehetmayr-Brüder stehen dem Unternehme­n noch mindestens ein Jahr lang beratend zur Seite. Außerdem haben sie ein weiteres Unternehme­n, die Stack Holdings GmbH, mit mehr als 20 Mitarbeite­rn. Diese bietet elektronis­che Signaturen unter der Marke „Eversign“, Onlinebuch­haltung über „Invoicely“und SSL-Zertifikat­e, die Daten bei der Übertragun­g verschlüss­eln, über „ZeroSSL“. Das neue Unternehme­n hat ebenfalls schon mehr als zwei Millionen Kunden. Vom Digitalisi­erungsschu­b infolge der Coronakris­e habe man durchaus profitiert, berichtet Paul Zehetmayr. Angesichts der Reisebesch­ränkungen waren viele Unternehme­n gezwungen, Verträge digital zu unterschre­iben.

Für Idera mit Sitz in Texas ist es übrigens nicht der erste Zukauf in Österreich: Im Jahr 2017 hat Idera das Grazer Software-TestingUnt­ernehmen Ranorex übernommen.

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[ Martin Pacher ] Julian (l.) und Paul Zehetmayr haben 2015 das Unternehme­n Apilayer gegründet. Nun hat es der US-Konzern Idera gekauft.

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