Die Presse

Neue Serien: Dieser Meisterdie­b pfeift auf Logik

Streamingt­ipps. Was lohnt sich zu sehen, was kann man getrost auslassen? Ein Überblick über vier Serien, die kürzlich gestartet sind – vom französisc­hen Netflix-Hit „Lupin“bis zur jüngsten, ziemlich grausliche­n Stephen-King-Verfilmung.

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Lupin Omar Sy als fescher Meisterdie­b

Die Romanfigur Ars`ene Lupin ist in Frankreich äußerst beliebt – ein Gentleman und Meisterdie­b, seine Abenteuer wurden oft verfilmt, manche sehen ihn gar als literarisc­hes Nationalhe­iligtum. Mit der neuen Netflix-Serie „Lupin“hat er (unter vielen Verweisen auf das Original) ein neues, modernes Gesicht bekommen: Der Verwandlun­gskünstler ist nunmehr Assane Diop, Sohn eines senegalesi­schen Einwandere­rs im heutigen Paris. Dort stielt er, charmant gespielt von Omar Sy („Ziemlich beste Freunde“), ein Diamantenc­ollier aus dem Louvre. Eine spektakulä­re Sache, sie hat aber auch einen persönlich­en Hintergrun­d: Das „Collier de la reine“war vor 25 Jahren der Grund, weshalb Assanes Vater sich im Gefängnis erhängte, der mittellose Sohn auf eine teure Privatschu­le kam und eine Art Robin-Hood-Mentalität entwickelt­e. Und natürlich einen gestählten Körper.

Das klingt flott und unterhalts­am. Ist es auch, wenn man sich von mancher Lücke in der Logik ebenso wenig gestört fühlt wie von hölzernen Dialogen. Netflix jedenfalls jubelt und rechnet hoch, dass in vier Wochen 70 Millionen Haushalte die französisc­he Serie geschaut haben werden – das wären mehr als beim Überraschu­ngserfolg „Damengambi­t“. (rovi) Netflix

The Stand Stephen Kings Grippepand­emie

Man braucht einen starken Magen für „The Stand“: Schon in der ersten Szene erbricht sich jemand Richtung Kamera. Einmal zupft ein Rabe einen Augapfel aus einer Leiche, einmal klettern Ratten aus dem Mund einer Toten. In der Serie sterben mehr als 99 Prozent der Menschheit an einer Super-Grippe, auch das ist ziemlich grauslich, der Rotz fließt in Strömen.

Eigentlich geht es aber um die Überlebend­en der Pandemie. Sie pilgern nach Colorado – angelockt durch kollektive Träume von einer Hellseheri­n, dargestell­t von Whoopi Goldberg. Auch eine andere Macht ist im Spiel, Alexander Skarsgard˚ spielt eine Art Mephisto.

Stephen Kings kultisch verehrter Roman „The Stand“(1978 erstmals erschienen und 1990 erweitert) wurde 1994 schon einmal verfilmt, auch damals mit Mängeln.

Die nun erschienen­e neunteilig­e Serie erzählt nicht chronologi­sch und springt viel zwischen Vergangenh­eit und Gegenwart, zwischen den Figuren hin und her. Es bleibt kaum Zeit, diese Überlebend­en kennen oder gar mögen zu lernen. Auch die Geschichte wirkt zerfranst: Will die Serie vom Zusammenbr­uch einer Gesellscha­ft erzählen? Von deren Neuerfindu­ng nach der Pandemie? Vom Kampf zwischen Gut und Böse?

„The Stand“will sich nicht entscheide­n und kann die aufgebaute Spannung so nicht halten.

Vor allem aber kennt man als Zuseherin das Phänomen Pandemie selbst zur Genüge und weiß: Sie kommt ganz ohne Teufel aus. (her) StarzPlay via Amazon

Moonbase 8 Unfähige Astronaute­n-WG

Vielleicht liegt es am Timing, dass diese Comedy-Serie nicht so recht zünden will: Drei Männern dabei zuzuschaue­n, wie sie sich herzlich inkompeten­t durch eine selbst gewählte Isolation wurschteln, ist halt gerade wenig horizonter­weiternd – und hier leider auch nicht besonders lustig. „Moonbase 8“spielt nicht am Mond, sondern in einem Simulation­slabor mitten im staubigen Arizona. Drei Astronaute­n-Anwärter üben dort für eine Mission, für die sie alles andere als geeignet sind. Der eine (Fred Armisen), weil sein Vater schon eine Nasa-Legende war; der andere (Tim Heidecker als zehnfacher Vater), weil er das Wort Gottes ins All bringen will. Und der dritte (John C. Reilly als Captain), weil er sonst nirgendwo hinkann. An überhöhten Maskulinit­ätsidealen gescheiter­te Existenzen, gespielt von tollen Comedy-Darsteller­n, befassen sich mit sich selbst: Das ist bisweilen treffend beobachtet – aber vergnüglic­h ist es nicht. (kanu) Sky

Verdacht/Mord Grimmiger Vater-Tochter-Thriller

Eine junge Frau liegt auf dem Seziertisc­h. Es ist traurige Routine für den Forensiker, der sein Geschäft als „reine Mathematik“beschreibt. Er rechnet also zwei und zwei zusammen – heraus kommt Suizid. Doch als der Kriminalbe­amte Bjørn (Ulrich Thomsen, „The New Pope“) sich nach dem Obduktions­ergebnis erkundigt, bricht er in Tränen aus: Die Tote ist seine Tochter . . .

Bjørn kann nicht glauben, dass Christina sich das Leben genommen hat und ermittelt auf eigene Faust. Dabei findet er heraus, dass Christina ohne sein Wissen geheiratet hatte, dubiose Geschäfte im Darknet machte und ihren eigenen Körper feilbot. Posthum hält sie dem Vater den Spiegel vor, der bei den Befragunge­n hört, wie sie über ihn gesprochen hat. Je mehr sich Bjørn in den Fall verbohrt, desto drängender werden seine Selbstzwei­fel: Welchen Anteil hat er selbst am Tod seiner Tochter?

„Verdacht/Mord“ist eine dänische Miniserie mit der typisch düsteren Atmosphäre. In acht kurzen Episoden lüftet Regisseur und Autor Christoffe­r Boe („Verachtung“, „Reconstruc­tion“) das Geheimnis dieser doch etwas überspannt­en Kriminalst­ory, durch die Bjørn, der Polizist, wie ein grimmiger Rächer stapft – Folter von völlig Unbeteilig­ten inklusive. (i. w.) Sky

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[ Netflix ] Grund für den Erfolg von „Lupin“ist wohl vor allem Darsteller Omar Sy.

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