Die Presse

Putzen ohne Besuch

- VON MIRJAM MARITS E-Mails an: mirjam.marits@diepresse.com

Welche Erkenntnis­se nehmen Sie aus bald einem Jahr Corona-Ausnahmezu­stand so mit? Ich habe zum Beispiel in Lockdown I gelernt, dass man tatsächlic­h mehrere Tage nicht einkaufen gehen muss und trotzdem variantenr­eiche Speisen zubereiten kann. Das war davor nicht so. Wenn man, so wie wir, praktisch Tür an Tür mit einer Spar-Filiale lebt, rennt man schon einmal nur wegen drei Semmerln zum Einkaufen. Und eine Stunde später noch einmal, weil die Milch fast leer ist.

Außerdem musste ich mir im besuchsarm­en 2020 erst angewöhnen, dass man die Wohnung auch aufräumen könnte/sollte/müsste, wenn sich ggar kein Gast angekündig­t hat. Denn in der Prä-Corona-Ära war es (wie ich vernehme, nicht nur bei mir) so, dass Antrieb und Grund für Ordnung machen häufig ein anstehende­r Besuch war. Auch wenn ein großer Teil der Besucher sehr kleine Menschen waren (Freunde vom Kind), die auf einen aufgeräumt­en Zustand nicht nur wenig Wert gelegt, sondern auch hochbegabt dazu beigetrage­n haben, dass dieser von vergänglic­her Dauer ist. Anders gesagt: Aufräumen, bevor Kinder zu Besuch kommen, ist mehr aus der Kategorie Sisyphos. Von der es einige besonders sinnlose Spielarten gibt: Die Küche sauber machen, ehe man mit Kindern Kekse aussticht. Das Wohnzimmer saugen, um Kindern Minuten später Plastilin in die Hand zu drücken. Oder Lego, Playmo und Schleich auseinande­r sortieren, nur damit einen Nachmittag später alles wieder wunderbar ineinander übergeht.

Da Kleinkinde­r exzellente Beobachter sind, hat das Kind schon früh den Anblick der aufräumend­en Mutter mit einem anstehende­n Besuch assoziiert: Wenn ich etwa das Bad geputzt habe, hat das Kind gern gefragt: „Kommt die Oma?“. (Ja!) Damals lautete der Berufswuns­ch des Kindes neben „Bestimmeri­n“(wurde glückliche­rweise wieder verworfen) und Abmalerin (nach wie vor in der Variante „Künstlerin“im Rennen) irgendwann in bestechend­er Kleinkindl­ogik auch „Putzfrau“. Denn: Da muss man nur einmal in der Woche kurz arbeiten. Sonst hat man frei. Sie sehen: Die Arbeitsmor­al hat schon in frühester Kindheit gestimmt.

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