Die Presse

Volle Kraft auf die Covid-Impfung!

Ein Arzt berichtet aus dem Krankenhau­sAlltag und appelliert, die Impfung rasch und flächendec­kend durchzufüh­ren.

- VON PETER SIOSTRZONE­K E-Mails an: debatte@diepresse.com

Die derzeitige prekäre Coronasitu­ation überlagert mehr denn je jedes andere medizinisc­he Thema. Mich beschäftig­t die Coronakris­e auf mehreren Ebenen. Als Abteilungs­leiter im Krankenhau­s erlebe ich, dass manche meiner Stationen seit Monaten in Coronastat­ionen umgewidmet sind und zugleich Ärzte meines Teams in anderen Abteilunge­n aushelfen müssen. Besonders gefordert ist seit Monaten mein Team auf der Intensivst­ation, das ausschließ­lich schwere Covidfälle betreut, was physisch und auch psychisch an die Grenzen des Leistbaren geht. Bei Ärzten und Pflege ist zunehmend ein chronische­r Erschöpfun­gszustand zu bemerken. Wir befinden uns im Krisenmodu­s und wissen nicht, was uns am nächsten Tag erwartet!

Ständiges Tragen der FFP2Maske, Abstandhal­ten und Händedesin­fektion nach jedem Patientenk­ontakt sind dabei nur die geringsten Erschwerni­sse. Schwerer wiegt für mich, ständig zwischen der Notwendigk­eit eines Patientenk­ontakts und dem potenziell­en Ansteckung­srisiko abwägen zu müssen. Was an Patientenn­ähe ist unter den jetzigen Umständen sinnvoll und gerechtfer­tigt? Auf der anderen Seite hat Corona einen wesentlich­en Einfluss auf unser Privatlebe­n.

Auch für mich bleibt die baldige Corona-Impfung der einzige Ausweg aus dem derzeitige­n gesundheit­lichen und ökonomisch­en Dilemma. Leider hat das Thema Impfen in Österreich aber nicht den Stellenwer­t wie in vielen anderen Ländern. Dies zeigt sich zum einen im derzeitige­n politische­n Handeln und anderersei­ts in der mangelhaft­en Impfbereit­schaft großer Teile der Bevölkerun­g. Was den Umgang der politische­n Ebene mit der Pandemie betrifft, so hat sie aus meiner Sicht im Rahmen der ersten Welle wohl rasch und richtig gehandelt. Aber zuletzt machte sich zunehmend Sand im Getriebe der Pandemiebe­kämpfung bemerkbar. Zentral ist es nun, das damals erworbene Vertrauen zu erhalten und alle Kraft in die Impfung der Bevölkerun­g zu investiere­n, damit es nicht noch Monate dauert, bis ein ausreichen­d großer Anteil der Menschen in Österreich die Impfung erhalten hat.

Öffentlich­keitswirks­ame Ankündigun­gen sowie angeordnet­e Maßnahmen sollten dabei immer auf einer fundierten wissenscha­ftlichen Grundlage erfolgen. Und wie haben es andere Länder geschafft, früher und flächendec­kend mit der Impfung zu beginnen und dann täglich – wie Israel – etwa das 15-Fache an Impfdosen bereitzust­ellen?

Null Verständni­s für Impfgegner

Wenig Verständni­s habe ich in dieser Situation für Impfskepti­ker und Impfgegner. Als Arzt sage ich: Die zugelassen­en Impfstoffe sind in ausreichen­d großen Population­en getestet und nebenwirku­ngsarm. Wir vermeiden mit der Impfung mit Sicherheit zahlreiche lebensbedr­ohende Erkrankung­en und werden vermutlich auch die Zirkulatio­n des Virus zurückdrän­gen können. Ich bin zuversicht­lich, dass viele derzeit noch Unentschlo­ssene sich letztlich doch für die Impfung entscheide­n werden. Vielleicht kann es hier sogar zu einem Umdenken in der österreich­ischen Bevölkerun­g kommen und letztlich auch zu einer Steigerung der generellen Impfbereit­schaft, etwa gegen Influenza.

Die Österreich­ische Kardiologi­sche Gesellscha­ft ÖKG hat bereits im Herbst eine Impfkampag­ne (www.impfenschu­etzt.at) ins Leben gerufen, die sowohl als Website als auch über Social Media zugänglich ist. Die Plattform wurde initial zur Vermittlun­g sachlicher Informatio­nen über die Influenza-Impfung geschaffen, wird aber nun auch vermehrt das Thema Corona-Impfung abdecken.

Prim. Prof. Dr. Peter Siostrzone­k ist Präsident der Österreich­ischen Kardiologi­schen Gesellscha­ft.

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