Volle Kraft auf die Covid-Impfung!
Ein Arzt berichtet aus dem KrankenhausAlltag und appelliert, die Impfung rasch und flächendeckend durchzuführen.
Die derzeitige prekäre Coronasituation überlagert mehr denn je jedes andere medizinische Thema. Mich beschäftigt die Coronakrise auf mehreren Ebenen. Als Abteilungsleiter im Krankenhaus erlebe ich, dass manche meiner Stationen seit Monaten in Coronastationen umgewidmet sind und zugleich Ärzte meines Teams in anderen Abteilungen aushelfen müssen. Besonders gefordert ist seit Monaten mein Team auf der Intensivstation, das ausschließlich schwere Covidfälle betreut, was physisch und auch psychisch an die Grenzen des Leistbaren geht. Bei Ärzten und Pflege ist zunehmend ein chronischer Erschöpfungszustand zu bemerken. Wir befinden uns im Krisenmodus und wissen nicht, was uns am nächsten Tag erwartet!
Ständiges Tragen der FFP2Maske, Abstandhalten und Händedesinfektion nach jedem Patientenkontakt sind dabei nur die geringsten Erschwernisse. Schwerer wiegt für mich, ständig zwischen der Notwendigkeit eines Patientenkontakts und dem potenziellen Ansteckungsrisiko abwägen zu müssen. Was an Patientennähe ist unter den jetzigen Umständen sinnvoll und gerechtfertigt? Auf der anderen Seite hat Corona einen wesentlichen Einfluss auf unser Privatleben.
Auch für mich bleibt die baldige Corona-Impfung der einzige Ausweg aus dem derzeitigen gesundheitlichen und ökonomischen Dilemma. Leider hat das Thema Impfen in Österreich aber nicht den Stellenwert wie in vielen anderen Ländern. Dies zeigt sich zum einen im derzeitigen politischen Handeln und andererseits in der mangelhaften Impfbereitschaft großer Teile der Bevölkerung. Was den Umgang der politischen Ebene mit der Pandemie betrifft, so hat sie aus meiner Sicht im Rahmen der ersten Welle wohl rasch und richtig gehandelt. Aber zuletzt machte sich zunehmend Sand im Getriebe der Pandemiebekämpfung bemerkbar. Zentral ist es nun, das damals erworbene Vertrauen zu erhalten und alle Kraft in die Impfung der Bevölkerung zu investieren, damit es nicht noch Monate dauert, bis ein ausreichend großer Anteil der Menschen in Österreich die Impfung erhalten hat.
Öffentlichkeitswirksame Ankündigungen sowie angeordnete Maßnahmen sollten dabei immer auf einer fundierten wissenschaftlichen Grundlage erfolgen. Und wie haben es andere Länder geschafft, früher und flächendeckend mit der Impfung zu beginnen und dann täglich – wie Israel – etwa das 15-Fache an Impfdosen bereitzustellen?
Null Verständnis für Impfgegner
Wenig Verständnis habe ich in dieser Situation für Impfskeptiker und Impfgegner. Als Arzt sage ich: Die zugelassenen Impfstoffe sind in ausreichend großen Populationen getestet und nebenwirkungsarm. Wir vermeiden mit der Impfung mit Sicherheit zahlreiche lebensbedrohende Erkrankungen und werden vermutlich auch die Zirkulation des Virus zurückdrängen können. Ich bin zuversichtlich, dass viele derzeit noch Unentschlossene sich letztlich doch für die Impfung entscheiden werden. Vielleicht kann es hier sogar zu einem Umdenken in der österreichischen Bevölkerung kommen und letztlich auch zu einer Steigerung der generellen Impfbereitschaft, etwa gegen Influenza.
Die Österreichische Kardiologische Gesellschaft ÖKG hat bereits im Herbst eine Impfkampagne (www.impfenschuetzt.at) ins Leben gerufen, die sowohl als Website als auch über Social Media zugänglich ist. Die Plattform wurde initial zur Vermittlung sachlicher Informationen über die Influenza-Impfung geschaffen, wird aber nun auch vermehrt das Thema Corona-Impfung abdecken.
Prim. Prof. Dr. Peter Siostrzonek ist Präsident der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft.