Wenn Unis ihr Ideal in den Schmutz treten
„. . . bitte seien Sie mutig!“, GK von Stefan Weber, 19. 1.
Da spricht jemand öffentlich aus, was mich mein ganzes Berufsleben als Lehrer an fünf Universitäten in Österreich und Deutschland geplagt hat: diese Missachtung der wissenschaftlichen Leistung, ja, die Verkennung des einzigen wirklichen Ziels der Wissenschaft, nämlich der Erkenntnis der Wahrheit. Dass dieses Ziel der Politik ziemlich gleichgültig ist, hat schon Immanuel Kant festgestellt. Für sie zählen nur die Akademikerquote des Landes und die praktische Auswertung der Forschungsergebnisse für Wirtschaft, Gesundheit und Rechtspflege. Völlig unnötig, ja, m. E. verwerflich ist es, wenn die Universitäten diesem Bestreben nicht entgegen- und ihr wahres Ideal in den Schmutz treten.
Hochschullehrerinnen und -lehrer buhlen um die Gunst der Studierenden, werden nach ihr bewertet, auf Professuren be
rufen, in akademische Gremien und Leitungsfunktionen gewählt. Strenge Selektion von Studierenden nach Leistung bei Aufnahme, Studienfortgang und Abschluss gilt geradezu als unmenschlich und bösartig. Selbst ernsthafte Wissenschaftler schauen wort- und tatenlos zu, wenn ihre ehrlich erworbenen Titel auch an Leute vergeben werden, die zwar alle möglichen hoch achtbaren kognitiven, handwerklichen, künstlerischen Fähigkeiten mit großem Erfolg ausüben, jedoch absolut nicht Wissenschaft in dem genannten Sinn treiben. Dagegen kann man die bedauerlich hohe Zahl von betrügerisch erworbenen akademischen Titeln schon fast vernachlässigen. Univ.-Prof. Dr. Fritz P. Knapp, 1140 Wien