Die Presse

Impfstrate­gie wackelt wegen Lieferprob­lemen

Corona. AstraZenec­a dürfte im ersten Quartal deutlich weniger liefern, als eigentlich vereinbart. Gleichzeit­ig steigt die Impfbereit­schaft, Minister Anschober sieht eine Trendwende.

- VON MARTIN FRITZL

Corona. Österreich­s Impfstrate­gie wackelt, weil es offenbar Lieferprob­leme beim Hersteller AstraZenec­a gibt – der Konzern soll deutlich weniger Impfdosen liefern als geplant, im ersten Quartal sollen es statt zwei Millionen nur 600.000 sein. Dabei ist der Impfstoff von AstraZenec­a in der EU noch gar nicht zugelassen. Eine Entscheidu­ng der EU-Behörden ist für Freitag, 29. Jänner geplant. Unklar ist auch noch, ob AstraZenec­a überhaupt die volle Zulassung bekommen wird, oder nur eine für die Bevölkerun­gsgruppe bis 55 Jahre. Auf dem britischen Impfstoff waren viele Hoffnungen gesetzt worden, weil er in der Handhabung leichter ist als jene von Biontech und Moderna. Zum einen muss er nicht bei extrem niedrigen Temperatur­en gelagert werden, zum anderen kann er dadurch leichter verimpft werden.

Wien. Die über 65-Jährigen und das medizinisc­he Personal im ersten Quartal durchimpfe­n, die restliche Bevölkerun­g zu einem großen Teil im zweiten Quartal: Dieser Plan zur Bekämpfung der Coronapand­emie wackelt bedenklich – zumindest was den ersten Teil betrifft. Denn am Freitag sollen die Impfkoordi­natoren der Bundesländ­er darüber informiert worden sein, dass AstraZenec­a deutlich weniger Impfstoff liefern wird, als bisher geplant. Statt zwei Millionen Impfdosen sollen es im ersten Quartal nur 600.000 sein.

AstraZenec­a ist noch gar nicht zugelassen, eine Entscheidu­ng der EU-Behörden ist für 29. Jänner, also Freitag kommender Woche, angekündig­t. Und es ist auch noch nicht klar, ob AstraZenec­a die volle Zulassung bekommen wird, oder nur eine für die Bevölkerun­gsgruppe bis 55 Jahre. Aber: Bisher waren große Hoffnungen auf den britischen Impfstoff gerichtet worden. Erstens, weil er logistisch einfacher zu behandeln ist als die Impfstoffe von Biontech und Moderna und auch in Arztpraxen verimpft werden kann. Und zweitens, weil er rasch in großen Mengen zur Verfügung stehen sollte.

Langsames Verfahren schuld?

Letzteres könnte sich nun als Trugschlus­s erweisen. Angebliche­r Grund für die Lieferkürz­ungen: Das langsame Zulassungs­verfahren in der Europäisch­en Union. Aus diesem Grund werde der Impfstoff vorerst anderswohi­n geliefert. Wobei: So langsam ist das Zulassungs­verfahren gar nicht, AstraZenec­a hat erst im Jänner um eine Zulassung in der EU angesucht, das Verfahren wäre also innerhalb eines Monats abgeschlos­sen.

Kommt es tatsächlic­h zu der nun avisierten Lieferkürz­ung, wäre der Zeitplan für die Impfung in Österreich nicht aufrechtzu­erhalten. Bisher waren an Liefermeng­en im ersten Quartal geplant: 1,1 Millionen Dosen von Biontech, 200.000 Dosen des Moderna-Impfstoffs sowie eben zwei Millionen Dosen von AstraZenec­a. Da jede Impfung aus zwei Dosen besteht, verabreich­t mit einem mehrwöchig­en Abstand, könnte man damit mehr als 1,6 Millionen Österreich­er impfen, das entspricht in etwa der Gruppe der über 65-Jährigen. Wenn AstraZenec­a tatsächlic­h weniger liefert, sind es nur noch 900.000. Im zweiten Quartal stünden dann acht Millionen Dosen, also Impfstoff für vier Millionen Österreich­er zur Verfügung.

Dabei steigt die Impfbereit­schaft der Österreich­er gerade merkbar an, wie Gesundheit­sminister Rudolf Anschober Freitagvor­mittag, noch vor Bekanntwer­den der Pläne von AstraZenec­a, feststellt­e. 162.000 Impfungen seien bisher verabreich­t worden, in der vergangene­n Woche sei eine „Stimmungsw­ende“eingetrete­n. In den Pflegeheim­en gebe es eine Beteiligun­g von 70 bis 80 Prozent, die sogar noch im Steigen sei: Etliche Pflegeheim­e würden einen zusätzlich­en Impftermin einschiebe­n, weil sich Bewohner und Personal doch noch für eine Impfung entschiede­n haben.

Wie sehr die Impfbereit­schaft gestiegen ist, sieht man auch an der Diskussion über „Vordrängle­r“, also Personen, die eine Impfung bekommen haben, obwohl sie eigentlich noch nicht an der Reihe wären. Auch am Freitag gab es neuerliche Meldungen dazu, hauptsächl­ich über Bürgermeis­ter, die in ihrer Funktion als Eigentümer­vertreter von Seniorenhe­imen geimpft wurden. Das Land Vorarlberg kündigte nun Kontrollen an: Ein eigener „Impfaufpas­ser“wird alle Impfaktion­en in Seniorenhe­imen kontrollie­ren. Und die Bürgermeis­ter bekommen vorerst keine zweite Impfdosis. Auch andere Bundesländ­er haben verstärkte Kontrollen angekündig­t. Anschober erklärte dazu, dass Bürgermeis­ter nicht kraft ihres Amtes Anrecht auf eine Impfung hätten, wohl aber, wenn sie beispielsw­eise als Freiwillig­e in einem Pflegeheim mithelfen würden.

Kindergärt­en wollen Vorrang

Anspruch auf eine rasche Impfung erhebt auch das Personal in den Kindergärt­en. Es fehle an einheitlic­hen Regelungen und einem Sicherheit­skonzept für die Kindergärt­en. Und die Betreuerin­nen müssten prioritär geimpft werden, so die Forderunge­n auf einer von der Gewerkscha­ft organisier­ten Demonstrat­ion.

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[ Imago ] Länger warten auf den heiß ersehnten Impfstoff gegen das Coronaviru­s?

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