Diskret den Gin verkraften
In der mexikanischen Stadt Taxco, 2000 Meter über dem Meer, verpassten sie einander Anfang der 1940er-Jahre, die beiden Autorinnen aus New York. Die eine verbrachte eineinhalb Jahre mit ihrem Mann, ebenfalls Schriftsteller, in der malerischen Ausländerkolonie, die von amerikanischen Künstlern und Intellektuellen bevölkert war. Die pittoreske Atmosphäre zwischen heißen Landschaften und hohen Bergen versprach müden Großstädtern neue Inspiration. Die vier Jahre jüngere Kollegin hielt es nur fünf Monate in der „kreativen Lethargie“aus, obwohl sie sich anfangs hätte vorstellen können, hier zu bleiben, denn es war ein Ort, „wo Frauen Hosen tragen konnten“, was in Mexiko sonst nicht möglich war.
Sie hatte sich ein traditionelles Haus gemietet, die Casa Chiquita, in der sie malte, zeichnete und bis spät in die Nacht schrieb. Manchmal ging sie abends in eine Bar, um Landsleute zu treffen – man trank hier nicht, „um gesellig beisammen zu sein, sondern um sich restlos zu betäuben“. Die Einsamkeit wurde dennoch übermächtig, 1944 kehrte sie zurück und lernte die verpasste, um vier Jahre ältere Kollegin auf einer der unzähligen Cocktailpartys in Manhattan kennen. Sie erhielt von ihr den Rat, nicht zu viel zu planen, sondern sich von der Fantasie beflügeln zu lassen. Und das ihr, einer fanatischen Listenschreiberin und literarischen Kartografin!
Drei Jahre später trafen sie sich öfter, in ihrem Tagebuch schrieb die Jüngere von einem Flirt; sie planten eine gemeinsame Afrikareise, zu der es jedoch nie kam. Der Alkoholkonsum verband sie, in besagtem Tagebuch steht: „Bewundernswert, wie diskret sie eine halbe Flasche Gin verkraften kann.“Die Ältere fuhr schließlich allein zu ihrem Mann nach Tanger, die andere zog es nach Europa, vor allem nach Italien, England und Frankreich. 1963 kehrte sie den USA, wo man sie literarisch nie ganz ernst genommen hatte, obgleich ihr erster Roman vom Altmeister des Suspense verfilmt worden war, endgültig den Rücken.
Die Ältere hinterließ ein schmales Werk, Tennessee Williams sagte über sie: „Ich halte sie für den größten englisch schreibenden Autor unseres Jahrhunderts.“Die Jüngere schrieb 22 Romane – 8000 Seiten Tagebücher fanden sich nach ihrem Tod in einem Wäscheschrank.
Wer traf wen? Der Ehemann? Welches Erstlingswerk wurde von wem verfilmt?