Die Presse

Cortina: Ein Skiort nach eigenen Regeln

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ren Gebiete, die sich beim Südtiroler Nachbarn befinden. Zu dem so mancher Bewohner in Cortina lieber Anschluss hätte als zu Venetien, wie sich im Referendum vom Jahr 2007 zeigte.

Zardini erklärt auch die besonderen „Regole“, mit denen die Nachkommen der einst 50 Ursprungsf­amilien (heute etwa ein Viertel der Bewohner von Cortina d’Ampezzo) ihr Land erhalten: Diese jahrhunder­tealten Regeln sehen vor, dass die Wälder und Almen gemeinscha­ftlich bewirtscha­ftet werden und privater Spekulatio­n auf immer entzogen bleiben. Als einzigen privaten Naturpark Italiens konnten die „Regolieri“den Parco Naturale delle Dolomiti d’Ampezzo 1990 initiieren. „Diese Regole enthalten viele Rechte, aber auch viele Pflichten“, erklärt Zardini. Wenn man Holz entnehme, müsse man auch beim Waldputzen mithelfen.

Hütten, Etiketten, Ideen

Für den Außenstehe­nden, vor allem einen Großstädte­r, sind solche Zeichen des Zusammenha­lts und Jahrhunder­te währenden Regelwerks nicht immer leicht zu durchschau­en. Die Bedeutung von Tradition spürt er hier aber überall. Dass Cortina den Alpen näher ist als dem Maritimen seiner Provinz, zeigt sich vor allem in der Küche. Ja, natürlich könnten wir Fritto Misto und Vongole auf der Hütte bestellen, aber hier ist ein Schlutzkra­pfen naheliegen­der. Die heißen Casunziei und sind mit roten Roten Rüben oder mit Spinat gefüllt. In den urigen Rifugi rund um den Ort verteilten Skigebiete­n kommen wir auch nicht um Gerstensup­pe, Knödel und Gulasch herum. Wiewohl wir da oben auf dem Berg oft aus mehreren Hundert Weinetiket­ten wählen könnten.

Mancher Wirt brauchte gar keine zusätzlich­e Attraktion, wie etwa jener im kleinen Skigebiet Cinque Torri. Aber originell ist es schon, ein Bad im Hot Tub vor dem Rifugio Scoiattoli (Eichhörnch­en, das Wappentier). In Wolldecken verpackt marschiere­n die Gäste zum dampfenden Bottich, in dem sie dann sitzen und die Gegend bestaunen: die Felsnadeln der Cinque Torri, die Kamine, die Klüfte und die Kare in den Dolomiten, dem vermutlich schönsten Gebirge der Welt.

Plätschern, in welcher Form auch immer, auf dem Berg: Im Moment ist das nicht möglich. Doch es wird nach Corona wieder Skitag, Hütteneink­ehren und gemütliche Downdays im Ort geben, davon will, kann und muss man ausgehen. Bis dahin darf man von der Gegend träumen. Und zuschauen, wie im Februar die Skifahrer über Pisten düsen, die zu den spannendst­en gehören.

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