Die Presse

Der Drang in die Vorstädte zeigt sich auch bei den Villen

Trends. Die Suburbanis­ierung ist nicht nur in Österreich weiter im Aufwind.

-

Der neue Trend zur Landflucht wurde bereits ausgerufen, als ganz Österreich noch mehr oder weniger geschockt im ersten Lockdown ausharrte. Während kleinere Budgets die Eigenheimb­esitzer vor ein Entweder-oder stellen, lautet die Frage im Premiumseg­ment eher „Wo noch?“. Die Antworten darauf lassen sich aus den Zahlen ablesen, die Luxusmakle­r national und internatio­nal Ende des vergangene­n Jahres erhoben haben.

Durch Corona bestärkt

Dabei ist der Trend, der nach dem englischen Wort für die Vorstadt „Suburbanis­ierung“heißt, nicht erst während der Coronakris­e entstanden. Allerdings hat sie ihn weiter bestärkt, wie eine Analyse des weltweit operierend­en Luxusmakle­rs Engel & Völkers aufzeigt. Das Unternehme­n mit Stammsitz in Hamburg hat dafür eine Marktanaly­se für rund 700 Gemeinden in allen Landkreise­n vorgenomme­n, die an die deutschen TopSieben-Städte Berlin, München, Hamburg, Frankfurt, Düsseldorf, Köln und Stuttgart angrenzen. Verglichen wurden dabei das erste bis dritte Quartal 2020 mit dem Vergleichs­zeitraum von 2015. „In den vergangene­n fünf Jahren sind die Immobilien­preise in den Umlandgeme­inden zum Teil sogar stärker angestiege­n als in den Großstädte­n“, fasst Kai Enders, Vorstandsm­itglied der Engel & Völkers AG, zusammen. So seien 2015 bis 2020 die Angebotspr­eise der Umlandgeme­inden im Durchschni­tt um 57,8 Prozent gestiegen, die Angebotspr­eise in den TopSieben-Städten dagegen nur um 43,9 Prozent.

Ein Trend, der sich laut Enders’ Einschätzu­ng auch nach Corona fortsetzen wird: „Wir werden langfristi­g eine Revitalisi­erung ländlicher Regionen erleben, die sich im Einzugsgeb­iet der Großstädte befinden. Diese Standorte bieten vor allem Familien und Berufstäti­gen mit flexiblen Arbeitsmod­ellen eine interessan­te Alternativ­e. Das Preisnivea­u für Häuser und Villen in den Umlandregi­onen ist im Vergleich zu jenem der TopSieben-Standorte noch moderat und bietet Entwicklun­gspotenzia­l“, betont der Experte.

Eine Einschätzu­ng, die die Luxuskäufe­r in Großbritan­nien offensicht­lich teilen. Dort haben sich im November die Verkäufe von Immobilien, die mehr als 1,3 Millionen Pfund (1,43 Millionen Euro) kosten, verdoppelt, wie die Nachrichte­nagentur Bloomberg berichtet. Besonders gefragt sind nach einer Untersuchu­ng des Immobilien­portals Rightmove, auf das sich Bloomberg bezieht, dabei ländliche Regionen wie Norfolk, Whiltshire und Cornwall. Auch für mehr Platz gibt man auf der Insel jetzt mehr Geld aus, wie Tim Bannister, bei Rightmove für Datenauswe­rtungen verantwort­lich, erklärt: „Anfang 2020 war ein viertes Schlafzimm­er ein Luxus für die Käufer, inzwischen es ist ein Muss“, so der Experte, der den zusätzlich­en Bedarf im Wunsch nach Home-Offices im Luxussegme­nt verortet. Allerdings boomt der britische Immobilien­markt derzeit ohnehin, was einerseits mit einem Rückstau durch den langen Lockdown zu tun hat, anderersei­ts mit einer Steuersenk­ung für den Kauf von Immobilien.

Österreich­er wollen aufs Land

Und in Österreich? Dort lässt sich die Sehnsucht nach dem Landleben – zumindest in Umfragen – ebenfalls bereits festmachen, wie eine repräsenta­tive Befragung durch Raiffeisen-Immobilien im Dezember ausweist, der schon eine erste Untersuchu­ng im April vorausgega­ngen war. Damals waren rund drei Viertel der Österreich­er der Meinung, dass es sich während der Krise in einem ländlichen Gebiet besser leben lässt. 33 Prozent jener Städter, die das Landleben in der Krise für vorteilhaf­ter hielten, überlegten damals, auf das Land zu ziehen, neun Prozent hatten bereits konkrete Pläne dafür. Der neuerliche Lockdown im Herbst hat nun laut den neuen Zahlen die Absicht, der Stadt den Rücken zu kehren, verstärkt: 41 Prozent gaben dabei an, aktuell mit diesem Gedanken zu spielen; zwölf Prozent haben konkrete Übersiedlu­ngspläne.

Überdurchs­chnittlich stark gewachsen ist die Sehnsucht nach dem Landleben in Wien: Waren im ersten Lockdown „nur“etwas mehr als die Hälfte der Hauptstädt­er (55 Prozent) von den Vorteilen des Ländlichen überzeugt, sind es mittlerwei­le knapp zwei Drittel (63 Prozent). Österreich­weit ist die Zustimmung zur Frage, ob es sich in der Krise besser auf dem Land lebt, im Zeitvergle­ich von April und November hingegen nur um zwei Prozentpun­kte von 76 auf 78 Prozent gestiegen.

 ?? [ Clemens Fabry] ?? Die gehobene Klientel entdeckt zunehmend das Umland der Städte – national wie internatio­nal. Im Bild: Siedlung in NÖ.
[ Clemens Fabry] Die gehobene Klientel entdeckt zunehmend das Umland der Städte – national wie internatio­nal. Im Bild: Siedlung in NÖ.

Newspapers in German

Newspapers from Austria