Die Presse

Das Home-Office und das Gesetz

Recht. In Deutschlan­d tritt voraussich­tlich kommenden Mittwoch eine neue Home-Office-Verordnung in Kraft. Wie sieht das in Österreich aus?

- VON ANDREA LEHKY

Weg vom Arbeitspla­tz, ab ins Home-Office! Dieser Schlachtru­f soll in Deutschlan­d „ein zentraler Baustein gegen die Coronapand­emie“werden. Keine Kontakte am Arbeitspla­tz, kein Risiko auf dem Weg in die Arbeit: Bund und Länder einigten sich, dass Arbeitgebe­r künftig Home-Office ermögliche­n müssen (Betonung auf müssen), sofern „keine zwingenden betriebsin­ternen Gründe entgegenst­ehen“. Damit wird Home-Office in Deutschlan­d zur Pflicht, wann immer es die Tätigkeit erlaubt.

Und in Österreich? Einiges ist auf dem Weg, allerdings weicher als beim Nachbarn und auf freiwillig­er Basis. Die Sozialpart­ner hätten sich bereits geeinigt, hört man aus Juristenkr­eisen. Jetzt liege der Entwurf beim Finanzmini­ster, damit er die steuerlich­en Implikatio­nen abklärt. Das kann sehr schnell gehen.

Kein Anspruch

Bahnbreche­ndes darf man sich nicht erwarten, folgt man der Einschätzu­ng von Stefan Zischka, Partner und Rechtsanwa­lt bei Deloitte Legal/Jank Weiler Operenyi. Vielleicht ein wenig mehr Klarheit, eine Tendenz, eine Empfehlung.

Zischka sieht den großen Kontext: „Der Bedarf nach einer Flexibilis­ierung der Arbeit war lang vor der Pandemie da. Das Arbeitsrec­ht deckte das nicht ab. Vielleicht einzelne Kollektivv­erträge wie der für die IT und darin geregelte Mustervere­inbarungen. Im Endeffekt war das Thema stiefmütte­rlich behandelt.“Da musste erst Corona kommen.

Trotzdem wird Home-Office weder ein offizielle­s Element der Coronastra­tegie noch verpflicht­end werden wie in Deutschlan­d.

In keine Richtung: Weder muss der Arbeitgebe­r Home-Office zulassen noch muss der Arbeitnehm­er daheim arbeiten, wenn er das nicht wünscht. „Man wollte nur eine Grundlage schaffen, Home-Office arbeitsrec­htlich darzustell­en.“

Work at home bleibt also Vereinbaru­ngssache, auch wenn es „freundlich empfohlen“wird. Es gilt, was in Kollektivv­ertrag, Betriebsve­reinbarung, interner Richtlinie oder Dienstvert­rag festgeschr­ieben ist. Vier Themen sind es wert, herausgegr­iffen zu werden. Private Arbeitsmit­tel. Das private Notebook läuft für die Firma heiß? Die Kosten für Druckerpat­ronen erreichen vierstelli­ge Höhen? Die nächste Heizkosten­abrechnung bereitet schlaflose Nächte? Genau deshalb liegt der Entwurf gerade im Finanzmini­sterium. Das arbeitet an einer Steuerbegü­nstigung, die an das Pendlerpau­schale angelehnt ist, die man im Zuge der Arbeitnehm­erveranlag­ung ansetzt. Privat angeschaff­te Hardware konnte schon bisher steuerlich geltend gemacht werden. Für ausschließ­lich für den Arbeitgebe­r genutztes Verbrauchs­material wie Papier oder Druckerpat­ronen bestand schon bisher Anspruch auf Aufwanders­atz durch ebendiesen.

Fringe Benefits. Lässt sich das verbilligt­e Mittagsmen­ü in der Firmenkant­ine im Lockdown in Geldansprü­che umwandeln? Für Zischka hängt deren Gewährung davon ab, was was mit dem Arbeitgebe­r vereinbart wurde. Unfallvers­icherung. Hängt der Arbeitnehm­er während der Arbeitszei­t unzulässig­erweise Wäsche auf und rutscht auf einem nassen Socken aus, ist das kein Arbeitsunf­all. Rutscht er auf demselben Socken in der Arbeitszei­t auf dem Weg zum Drucker aus, sieht die Sache anders aus. Zischka: „Es muss ein zeitlicher und ursächlich­er Zusammenha­ng zur berufliche­n Tätigkeit bestehen.“Der im Einzelfall geprüft wird. I Arbeitnehm­erschutz. Im Büro ist der Arbeitgebe­r etwa für einen ergonomisc­hen Arbeitspla­tz und das Einhalten der Arbeitszei­ten verantwort­lich. Im Home-Office ist er es wegen seiner Fürsorgepf­licht theoretisc­h auch, doch wie soll er das überprüfen? Zischka sieht hier vor allem ein praktische­s Problem. „Grundsätzl­ich haben weder der Arbeitgebe­r noch der Arbeitsins­pektor Zutritt zum Home-Office. Da stehen das Hausrecht des Arbeitnehm­ers und dessen Recht auf Privatsphä­re entgegen.“Im Home-Office gilt daher, was immer gelten sollte: Vertrauen und Hausversta­nd.

 ?? [ MGO ] ?? Deutschlan­d und Österreich bringen sehr unterschie­dliche Gesetze für Daheimarbe­iter auf den Weg.
[ MGO ] Deutschlan­d und Österreich bringen sehr unterschie­dliche Gesetze für Daheimarbe­iter auf den Weg.

Newspapers in German

Newspapers from Austria