OGH: Ein Hund ist kein Kind
Schadenersatz. Selbst, wenn man sein Tier wie einen Menschen umsorgt, kann man beim Tod des Hundes keinen Trauerschaden wie bei Angehörigen verlangen. Der OGH zieht eine Grenze ein.
Der Schadenersatz bei einem verstorbenen Hund kann nicht auf das Niveau für jenen eines verstorbenen Menschen kommen.
Wien. Hundehotels, Salons und Wellness standen für das Tier auf dem Programm. Seine beiden Halter feierten besondere Ereignisse mit ihm und ernährten den Vierbeiner mit veganem Futter. Auch die aktuelle Hundemode durfte beim Gassigehen nicht fehlen. Man habe ihn wie ein Kind gepflegt und jeden Tag angezogen, berichteten die Hundehalter. Vor Gericht forderten sie nun auch, dass die für ein Kind geltende Rechtslage auf ihren Hund angewendet wird. Nach dem Unfalltod des Tieres verlangten die Hundehalter nämlich 16.000 Euro an Trauerschmerzengeld (8000 pro Person). Aber kann man die für den Verlust naher Angehöriger entwickelte Rechtsprechung auf ein geliebtes Tier ausdehnen?
Das Trauerschmerzengeld steht nicht explizit im Gesetz. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat aber klargestellt, dass man als Ausgleich für seine Trauer Geld verlangen kann, wenn man einen besonders wichtigen Menschen verloren hat. Und wenn der dafür Verantwortliche ein schweres Verschulden gesetzt hat. So können Eltern Trauerschmerzengeld fordern, wenn ihre Kinder getötet wurden (und umgekehrt). Auch, wenn sich Geschwister sehr nah waren, kann der überlebende Part Trauerschmerzengeld begehren.
Wie schwer in diesem Fall die Schuld wog, war strittig. Das Bezirksgericht Urfahr prüfte die Frage nicht, weil ohnedies klar sei, dass es für die Trauer über einen Tiertod kein Schmerzengeld gebe. Ein Autofahrer hatte aber zumindest leicht fahrlässig einen Unfall verursacht. Im anderen Wagen war einer der Hundeliebhaber am Steuer gesessen. Das Tier war angeschnallt mit an Bord. Nach dem Unfall gurtete der Mann den Hund los. Dieser sprang aus dem Pkw und lief davon. Als man ihn wiederfand, lag er tot am Straßenrand. Die Hundehalter klagten nun den Fahrer des anderen Autos, den Fahrzeughalter und die Versicherung.
Das Bezirksgericht berief sich auf eine Entscheidung des OGH aus dem Jahr 2016. Damals ging es nicht um Trauerschmerzengeld, sondern um einen Schockschaden. Eine 17-Jährige war psychisch erkrankt, weil sie die Nachricht vom Tod des Pferdes ihres Vaters so schockiert hatte. Das Pferd sei an dem Ort, an dem es eingestellt war, nicht artgerecht gehalten worden, lautete der Vorwurf. Beim Verlust von Menschen sind Schockschäden von der Judikatur anerkannt. Das Pflegschaftsgericht genehmigte die Klage der Minderjährigen aber im Tierfall wegen mangelnder Erfolgschancen nicht. Zu recht, wie der OGH betonte.
Wie stark sind die Gefühle?
Einen Ersatz für einen Schockschaden hatte der OGH auch im Vorjahr abgelehnt, nachdem eine Frau vom Verlust zweier Schoßhunde getroffen worden war. Diesfalls war die Frau freilich nicht unschuldig: Sie hatte ihre Lieblinge unkontrolliert an Flexileinen herumtoben lassen, worauf zwei Jagdhunde die kleinen Artgenossen bissen.
Im aktuellen Hundefall klagten seine Eigentümer nun nicht wegen eines Schocks (also einer seelischen Gesundheitsschädigung), sondern wegen ihrer Trauer. Die zweite Instanz, das Landesgericht Linz, hielt dieses Ansinnen für nicht ganz aussichtslos. Zwar wies auch das Landesgericht die Klage ab. Aber es ließ die Revision an den OGH zu. Denn es gebe Rechtsgelehrte, die im Schrifttum die Meinung vertreten, dass man bei einer engen Gefühlsbeziehung zu einem Haustier sehr wohl Trauerschmerzengeld fordern dürfe.
Tatsächlich stellte der OGH nun die Rechtslage klar. So würden für Tiere dieselben Schadenersatzregeln wie für Sachen gelten. Eine Ausnahme sei nur die eigens für Tiere geschaffene Bestimmung, laut der man sie auch retten dürfe, wenn die Heilungskosten den Wert des Tieres übersteigen.
Beim Tod eines Tieres aber liege „bei objektiver Betrachtung eine dem Verlust eines Menschen gleichkommende Trauer so fern, dass eine klare Grenzziehung erforderlich ist“, meinte der OGH (2 Ob 142/20a). Selbst bei grob fahrlässiger Tötung eines Tieres gebe es daher kein Trauerschmerzengeld. Das ist also ein Unterschied zum Tod eines Menschen.
Tierquäler zahlen mehr
Nur, wenn jemand mutwillig oder aus Schadenfreude ein Tier töte, kann es laut dem OGH extra Geld geben. So, wie man für zerstörte Liebhabersachen mehr als den objektiven Wert zahlen muss, wenn man sie aus Boshaftigkeit oder durch eine Straftat zerstört hat. Bei Tieren wäre ein „Trauerschmerzengeld“also möglich, wenn der Täter der Tierquälerei schuldig ist.
Ein Verkehrsunfall aber reicht noch nicht für den Anspruch: Die „Hundeeltern“bekommen keine 16.000 Euro für ihre Trauer.