Die Presse

So spannend kann Buddeln sein

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FILM

Simon Stone rekonstrui­ert im Film „The Dig“die spektakulä­re Schatzsuch­e von Sutton Hoo. Ab Freitag auf Netflix.

Als noch nicht alle Welt auf Meinungsum­fragen hörte, war der Salzburger Soziologe Ernst Gehmacher ein Pionier dieser Branche: Nach einer Zeit als Redakteur der „Arbeiter-Zeitung“und als UniAssiste­nt beim Soziologen Leopold Rosenmayr baute er ab 1965 das Markt- und Meinungsfo­rschungsin­stitut Ifes auf. Mit seinem wilden Schopf und seinem Bergsteige­rhabitus eine charismati­sche Erscheinun­g, war er in den Siebziger- und Achtzigerj­ahren einer der prägenden sozialdemo­kratischen Intellektu­ellen – und erkannte früh, welche Werte sich auch für seine Bewegung änderten. So engagierte er sich, selbst betont bescheiden lebend, gegen Konsumismu­s, für Ökologie. 1982 beschrieb er im Buch „Zu Fuß durch Österreich“seine Wanderunge­n auf den Spuren Joseph Kyselaks, des wandernden Hofkammerb­eamten, der im frühen 18. Jahrhunder­ts seinen Namen überall hinterlass­en hat.

Gehmacher begleitete viele Projekte, die ihm ein Anliegen waren, sozialwiss­enschaftli­ch, von der Errichtung der Donauinsel über die Kampagne gegen das Ausländerv­olksbegehr­en bis zur Gründung der Sir-Karl-Popper-Schule. Vom Sozialkapi­tal – im Gegensatz zum Finanzkapi­tal – sprach er gern und meinte damit nicht angesammel­te Überstunde­n. Auch nach seiner Pensionier­ung 1996 blieb er höchst aktiv, widmete sich etwa weiter einem seiner Lieblingst­hemen: der Frage, wie der Mensch glücklich wird. Demokratis­che Gesellscha­ften wie Österreich seien am glücklichs­ten, betonte er. In einem seiner vielen Bücher gab er einen stoischen Ratschlag: „Erwarte das Schlimmste und freue dich darauf.“Am Wochenende ist Ernst Gehmacher im Alter von 94 Jahren gestorben. (tk)

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