Kultur auf der Intensivstation
Corona. Studie beziffert wirtschaftlichen Schaden der Pandemie für Europas Kreativwirtschaft im Vorjahr mit 199 Mrd. Euro.
Wien. Genau 643 Milliarden Euro erwirtschaftete die europäische Kreativwirtschaft 2019, dem letzten Jahr vor dem Ausbruch der Coronapandemie – und die Seuche hat die Branche, die für 4,4 Prozent der europäischen Wirtschaftsleistung verantwortlich ist, mit voller Härte getroffen. Nach Berechnungen der Beratungsagentur EY, die am Dienstag veröffentlicht werden, sind die Einnahmen in der EU-27 plus Großbritannien im Vorjahr um ein knappes Drittel auf 444 Mrd. Euro zurückgegangen – deutlich mehr als im Tourismus, wo das Minus 27 Prozent ausgemacht hat, oder in der Autobranche mit einem Rückgang von 25 Prozent. Den Gesamtverlust für die 28 untersuchten Länder beziffert EY demnach mit 199 Milliarden Euro.
Einziger Profiteur: Videospielbranche
Dass Europas Künstler und Kreative nicht im gleichen Ausmaß von der Pandemie betroffen sind, liegt auf der Hand. An vorderster Front, was die ökonomischen Schäden anbelangt, steht die Darstellende Kunst mit einem 90-prozentigen Rückgang der Einnahmen von 41 auf vier Mrd. Euro. Auf der anderen Seite des Corona-Spektrums findet sich die Videospielbranche wieder, die 2020 ihre Einnahmen um neun Prozent auf 22,2 Mrd. Euro steigern konnte. In den restlichen Sparten dominieren die roten Zahlen – die Verluste reichen von minus 76 Prozent in der Musikbranche und minus 32 Prozent in der Architektur bis zu einem vergleichsweise geringen Minus von 28 Prozent bzw. 36 Mrd. Euro in der Werbewirtschaft.
Nach Ansicht der Studienautoren wird die Kreativwirtschaft auf absehbare Zeit auf öffentliche Unterstützung angewiesen sein. So würden Meinungsumfragen darauf hinweisen, dass Europäer Massenveranstaltungen wie Konzerte oder Festivals in näherer Zukunft meiden werden. Und der Trend Richtung digitaler Konsum von Inhalten könne den Ausfall analoger Medien nur in einem geringen Ausmaß kompensieren. Für die Musikbranche erwartet EY dieses Jahr ein Umsatzminus beim Verkauf von LPs und CDs von 35 Prozent – während die digitalen Umsätze parallel dazu um lediglich acht Prozent zulegen sollen. (la)