30 Meter tief in der U-Bahn-Baustelle
U2/U5. Auf dem Matzleinsdorfer Platz entsteht jene neue U2-Station, von der aus ab 2024 bis in den 7. Bezirk gebohrt wird. Ein Lokalaugenschein in der derzeit größten Baustelle der Wiener Linien.
Wien. Sprechen ist es nicht, eher schon Schreien, wenn man sich hier unten tatsächlich verständigen will. Immerhin, ein Wort bleibt gleich hängen, das Martin Kronberger mit Blick zur Seite verwendet – „Schlitzwand“.
Es ist das die Schutzwand, die hier auf dem Matzleinsdorfer Platz rund 50 Meter in die Tiefe gebaut wurde. Diese Wände, erklärt der Projektleiter der Baustelle der neuen U2-Station, sind quasi das unterirdische Außenskelett der Baugrube. Mit ihnen starteten die Arbeiten im Jahr 2018, mittlerweile wurde in die Tiefe gegraben.
Mehr als 30 Meter sind es gewesen, jeweils in Schritten von etwa sieben Metern, nach denen Sicherungen eingebaut werden. Nun sind hier unten Arbeiter damit beschäftigt, eine Bodenplatte aus Stahlbeton fertigzustellen, die rund zwei Meter dick ist. Ein Drittel der Fläche wurde bereits am 22. Dezember betoniert, erzählt Kronberger. 14 Stunden lang habe man daran gearbeitet, die Ladungen von 170 Betonmischwagen wurden dafür verarbeitet.
Eine 65 Meter lange Baugrube
Aus Stahlstangen machen die Arbeiter gerade einen Korpus, der in etwa zwei Wochen betoniert werden soll. Sobald die Platte dann tragfähig ist, wird auch das verschwinden, was in der Baugrube derzeit optisch am markantesten ist: riesige gelbe Stahlträger, die in einigen Metern Höhe die Außenwände stützen – Aussteifungshorizonte, so der Begriff, den Kronberger dafür verwendet.
Der Lärm, der das Schreien in 30 Metern Tiefe notwendig macht, kommt allerdings von anderswo – am anderen Ende der etwa 65 Meter langen und 35 Meter breiten Baugrube fräst ein Bagger an der Außenwand – um sie eben zu machen für die Verschalungen, die dann darauf angebracht werden. Auch hat dieser Bagger in regelmäßigen Abständen Vertiefungen in die Wand gefräst – Kronberger nennt sie Konsolen. Sie sind dazu da, dass die Bodenplatte mit der
Wand verzahnt werden kann. Damit das Grundwasser nicht doch einen Weg nach oben findet.
So wie hier in Favoriten werden auch die anderen Stationen des Linienkreuzes U2/U5 gebaut – in unterschiedlichen Abmessungen. Aber gerade die Station Matzleinsdorfer Platz ist besonders komplex. Zum einen, weil sie mit Anschluss an die S-Bahn-Station und die unterirdisch verlaufenden Straßenbahnstationen von 1, 6, 18, 62 und Badner Bahn bei laufendem Betrieb errichtet wird. Zum anderen, weil von dieser Station aus auch der „Maulwurf“starten wird – gemeint ist damit die Tunnelvortriebsmaschine, mit der bis zum Augustinplatz im siebenten Bezirk die Strecke unterirdisch vorangetrieben wird.
2024 soll es so weit sein, dass diese Maschine den Großteil der neuen U2-Streckentunnel graben wird – beginnend mit dem Tunnel Richtung stadteinwärts. Ist diese Strecke fertig, wird der Maulwurf am Augustinplatz abgebaut und wieder zum Matzleinsdorfer Platz gebracht, wo er dann die zweite Tunnelröhre angehen wird. Der große Vorteil der Methode ist, dass die rund 50 Meter lange und sieben Meter hohe Maschine das Material, das der Bohrkopf löst, nach hinten abtransportiert – so kann das gesamte Erdmaterial gleich nach oben gebracht und vom Matzleinsdorfer Platz zentral abtransportiert werden.
Bis dahin vergeht aber noch einige Zeit – und auch sind noch einige Vorarbeiten erforderlich. Hier, meint Kronberger und zeigt in eine Ecke der Baugrube, wird der Tunnel entstehen. Dazu wird zunächst mit Baggern ein rund 120 Meter langer Stationstunnel gegraben – ein etwas breiterer Tunnel, da ja auch der Platz für den Bahnsteig gebraucht wird. In diesem Tunnel wird schließlich der Maulwurf, der in Einzelteilen nach unten gelassen wird, zusammengebaut. Allein sein Aufbau wird etwa ein halbes Jahr lang dauern.
Geplante Fertigstellung 2028
Bei solchen Dimensionen ist klar, dass die derzeit größte Baustelle der Wiener Linien noch einige Zeit lang in Betrieb sein wird. Derzeit sieht der Plan vor, dass der neue Südast der U2 mit Endstation Matzleinsdorfer Platz 2028 in Betrieben geht. Bis dahin wird sich auch Projektleiter Martin Kronberger mehr oder weniger täglich mit der Baustelle beschäftigen: „Das Projekt ist erst abgeschlossen am Tag der Eröffnung.“