Auf Hundertsteljagd für das Empire
Interview. Vor dem Nightrace in Schladming raste Dave Ryding zurück in die Weltspitze. Der britische Slalom-Star, 34, über Plastikpisten, Brexit und Nachrichten von Jürgen Klopp.
Die Presse: Sie haben heuer den Sprung zurück aufs Slalom-Podest geschafft. Werden Ihre Leistungen als britischer Skirennläufer ausreichend gewürdigt?
Dave Ryding: Ich fahre nicht der Anerkennung wegen, ich fahre für mich und für mein Team. Um etwas zu erreichen, was Briten noch nie erreicht haben. Darauf bin ich stolz. Und ich kriege viel Anerkennung in Österreich. Ich lebe den gesamten Winter hier, ich treffe mehr Österreicher als Engländer.
Haben Sie nie daran gedacht, wie viele Rennen Sie gewonnen hätten mit einem großen Verband im Rücken wie dem ÖSV? Vielleicht hätten sie mich rausgeworfen, als ich jünger und nicht besonders gut war (lacht). Aber darüber denke ich nicht nach. Unser Verband ist inzwischen stark, ich fokussiere mich nicht auf „Was wäre wenn“, sondern auf das, was ich habe. Ich sehe in den vergangenen Jahren keinen Nachteil.
Zwei Ihrer Landsleute mischen den Europacup auf, Sie sind bald keine One-Man-Show mehr.
Das ist ganz neu für mich. Aber das Team war wichtig für mein Podest in Adelboden. In Zagreb war ich noch 27., aber die Jungs haben gute Stimmung gebracht, ich habe positive Energie von ihnen bekommen. Ich konnte den Erfolg dann mit ihnen teilen.
Wann haben Sie zuletzt eine englische Plastikpiste genossen?
Mit 21. Nach meiner Ausbildung war ich im Winter in Österreich und im Sommer auf Gletschern. Aber zu Hause habe ich immer noch gern auf Plastik trainiert. Als ich dann 21 war, haben sie gesagt, ich könnte nicht mehr auf Plastik gewinnen. Das war natürlich eine Kampfansage, und ich habe gezeigt, dass ich es noch kann.
Wann Sind Sie denn zum ersten Mal auf Schnee gestanden?
Mit 13. Eine Trainingswoche in Norwegen mit einem Schülerteam. Das hat mir die Augen geöffnet.
Ziehen Sie auch Vorteile aus Ihrer Plastikpisten-Zeit?
Zuerst einmal bringen die Pisten Kinder zum Skifahren, das ist großartig. Die Pisten sind nur zwölf Sekunden lang, du musst mit viel Intensität hineingehen und selbst viel Tempo machen. Das kann ich aus meiner Plastik-Zeit.
Wie landet man als Kind überhaupt auf einer Plastikpiste?
Die sind überall. Mein Vater liebte Skifahren, er hat gesagt, bevor ich im Winter mit in den Urlaub darf, muss ich es lernen. Er hat mich zur nächsten Piste gebracht. So kam ich zum Rennfahren. 2017 gelang Ihnen der Durchbruch, Bergbahn-Betreiber Peter Schröcksnadel hat Sie daraufhin von der Höss, Ihrem damaligen Trainingsberg, geschmissen.
Ich bin nicht sicher, ob ich darüber reden sollte (lacht). Vielleicht nach meiner Karriere. Ich bin in Levi gut gefahren und war am Tag darauf nicht so willkommen dort.
Wie lang wollen Sie denn noch fahren?
Nach Zagreb hätte ich gesagt, noch ein Monat. Jetzt sage ich, Olympia 2022 geht sich vielleicht aus.
Und dann zurück nach England? Das weiß ich wirklich nicht. Meine Verlobte betreibt dort unseren kleinen Coffeeshop. Das ist immer eine Option. Glücklicherweise funktioniert das Skifahren noch.
Als Brite, der quer durch Europa reist, sind Sie wohl kein Freund des Brexit?
Ich war seit Anfang November nicht mehr im UK. Es ist eigenartig, nicht cool für uns, die Zeiten werden sich ein wenig ändern. Aber hoffentlich feuern mich die Österreicher weiter an. Ich mag Europa.
Als Liverpool-Fan haben Sie mehr zu lachen. Sind Sie Stammgast in Anfield?
Es wird gerade wieder knifflig. Wenn ich kann, gehe ich zu Spielen. Ich habe noch eine Einladung.
Jürgen Klopp weiß also über Dave Ryding Bescheid?
Ich glaube, Jürgen weiß einiges übers Skifahren. Er hat mir eine Well-Done-Nachricht geschickt.
Sie haben selbst Fußball gespielt. Das ist die Kultur um mich herum, jeder hat immer über Fußball geredet. Diese Leidenschaft ist in meinem Heranwachsen verwurzelt.
Dann wurde es doch das Rennfahrerleben. Wie lautet Ihr Zwischenfazit?
Ein langer Weg, nicht immer geradeaus, viele Drehungen und Wendungen, aber immer nach vorn. Hoffentlich auch weiterhin.