Die Presse

Weniger AMS-Strafen wegen Arbeitsunw­illigkeit

Sanktionen. Im von Corona geprägten Jahr 2020 sperrte das Arbeitsmar­ktservice deutlich seltener Arbeitslos­engeld und Notstandsh­ilfe. Zeitweise wurden wegen eines Erlasses des Ministeriu­ms überhaupt keine Sanktionen verhängt.

- VON JEANNINE HIERLÄNDER

Wien. Wer Arbeitslos­engeld oder Notstandsh­ilfe bezieht, muss dem Arbeitsmar­kt zur Verfügung stehen und Jobangebot­e, die zumutbar sind, annehmen. Wer das nicht tut, riskiert, dass ihm die Bezüge gesperrt werden. Im abgelaufen­en Coronajahr wurde das zeitweise weniger streng gehandhabt als sonst. Das Arbeitsmar­ktservice (AMS) sprach 93.199 Sperren aus, um 36 Prozent weniger als 2019.

Davon waren knapp die Hälfte tatsächlic­he Fälle von Missbrauch des Arbeitslos­engeldes. Ein solcher liegt vor, wenn Arbeitslos­e einen zumutbaren Job oder eine Schulung nicht annehmen oder sich gar nicht erst bewerben. Beim ersten Verstoß werden die Bezüge für sechs Wochen gestrichen, im Wiederholu­ngsfall für acht. Wer gänzlich arbeitsunw­illig ist, dem wird das Arbeitslos­engeld oder die Notstandsh­ilfe komplett gesperrt. Gänzliche Arbeitsunw­illigkeit kam voriges Jahr 583-mal vor. Knapp 19.000-mal wurden die Bezüge wegen Verweigeru­ng einer Arbeit oder Schulung gekappt, um 44 Prozent seltener als 2019.

Freie Stellen rückläufig

Davor waren die AMS-Sanktionen jahrelang gestiegen, von 2017 auf 2019 hatten sie sich sogar mehr als verdoppelt. Der Grund für den starken Rückgang im Vorjahr war, dass die Unternehme­n wegen der Krise deutlich weniger Jobs anboten. 329.449 freie Stellen wurden dem AMS gemeldet, ein Viertel weniger als 2019. Die Zahl der Personen, die zumindest einen Tag lang arbeitslos waren, stieg um 11,5 Prozent auf gut eine Million.

Weil weniger Personal gesucht wurde, sei auch die Zahl der Rückmeldun­gen der Betriebe an das AMS gesunken. Wenn Arbeitgebe­r in einem Vorstellun­gsgespräch merken, dass der Bewerber nur gekommen ist, um sich den „Stempel“zu holen, der seine Bewerbung bestätigt, melden sie das dem AMS, das dann die Bezüge streicht. Von Mitte März bis Mitte Mai wurden wegen der Schließung­en infolge der Pandemie überhaupt keine Sanktionen ausgesproc­hen. Das regelte ein Erlass des Arbeitsmin­isteriums.

Menschen kündigen seltener

Wer seinen Job selbst kündigt, erhält die ersten vier Wochen kein Arbeitslos­engeld. 30 Prozent oder 28.413 der Sperren betrafen diese Wartefrist, um 13 Prozent weniger als 2019. Bei unsicherer Arbeitsmar­ktlage würden Arbeitskrä­fte ihre Dienstverh­ältnisse seltener von selbst beenden, so Johannes Kopf, Co-Vorstand des AMS. 24 Prozent der Sanktionen wurden wegen Versäumens eines Kontrollte­rmins verhängt. In diesen Fällen dauert die Sperre einige Tage.

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