Das lange Warten auf das Aufsperren
Lockdown. Wiens Unternehmen treffen die coronabedingten Einschränkungen hart. Ganz besonders leiden die Gastronomie und die Hotellerie, für die Aufsperren noch lang nicht in Sicht ist. Ein Lokalaugenschein.
Wenn der Kellner beim Prilisauer in der Linzer Straße ein Schnitzel oder ein Fiakergulasch serviert, werden selbst manche Kalorienbewusste schwach. Die Wiener Spezialitäten schmecken dort genau so herrlich, wie man sich das vorstellt. Kein Wunder, in dem Lokal wird seit 1882 aufgekocht und da weiß man, worauf es ankommt. Seit nunmehr fast drei Monaten wird beim Prilisauer allerdings weder Schnitzel noch Fiakergulasch noch eine andere Speise serviert – der zweite Lockdown hat auch das Hütteldorfer Restaurant wieder stillgelegt.
Keine Angst vor Krisen
Erfahrungen damit konnte Restaurantbesitzerin Barbara Prilisauer bereits im März des Vorjahres sammeln. Der erste Lockdown war zwar ein Schock für Prilisauer, aber ans Aufgeben dachte sie keinen Moment: „Unser Gasthaus hat zwei Kriege überlebt – und wir werden auch diese Krise überstehen“, sagte sie damals. Die Lebensmittelvorräte wurden an die Mitarbeiter verteilt, der Steuerberater kontaktiert, um die Unternehmensfinanzierung zu regeln. Das Lokal sei im Eigentum der Familie, das habe das Überstehen der Lockdown-Zeit etwas erleichtert, betont sie: „Da hatten es andere Kollegen sicher schwerer.“
Außerdem seien Sparsamkeit und finanzielle Reserven immer schon Grundsätze des Familienbetriebs gewesen. Bereits die Schwiegereltern hätten gesagt: „Man muss immer schauen, dass man etwas auf der Seite hat, denn es kann immer etwas passieren.“Zusätzlich nutzte Prilisauer das CoronaKurzarbeitsmodell und den Fixkostenzuschuss. „Unterm Strich haben wir den ersten Lockdown damit relativ gut hinbekommen“, so die Unternehmerin, die den Betrieb mit 20 Mitarbeitern gemeinsam mit ihrem Ehemann Hermann führt.
Der Sommer danach war durchaus zufriedenstellend. Zwar habe es keine Feierlichkeiten wie Hochzeiten oder Firmungen gegeben, doch das normale A-`la-carte-Geschäft sei gut gelaufen, erzählt die Wirtin. Ebenfalls geholfen habe der Gastrogutschein der Stadt: „Die Gäste wollten vieles nachholen. Vielleicht dachten sich manche auch, wer weiß, was noch kommt?“Die Skeptiker sollten Recht behalten. Am 3. November war es mit Essen im Restaurant wieder vorbei.
„Der Unterschied war die Erfahrung, die wir davor gemacht hatten. Wir standen nicht mehr so fassungslos vor den Geschehnissen“, erzählt Prilisauer über den zweiten Lockdown. Von Freitag bis Sonntag wurde Speisenabholung angeboten. Das Abholservice rechnete sich zwar nicht, aber die Gäste habe dieses Service sehr gefreut und auch die Mitarbeiter inklusive der beiden Lehrlinge waren froh, dass etwas zu tun ist, resümiert die Wirtin. „An den drei Tagen waren wir immer von 10 Uhr bis 18 Uhr im Restaurant – es war sehr schön, alle zu sehen.“
Zeit für Renovierungen
Jetzt im Jänner gehen die Prilisauers andere Wege. „Wir nützen die Zeit, um einiges zu renovieren. Es sind Fliesen zu tauschen, Geräte zu warten, die Elektrik zu erneuern, Polstermöbel zu reinigen und es gibt einiges auszumisten“, so die Unternehmerin. Die Arbeiten sind allerdings bald abgeschlossen und ein Ende des Lockdowns ist für Prilisauer und die gesamte Tourismus- und Freizeitwirtschaft nicht in Sicht. Fix scheint, dass die ersten Öffnungsschritte am 7. Februar nicht die Gastronomie und Hotellerie betreffen werden, sondern den Handel, körpernahe Dienstleister und Schulen. Danach wird evaluiert, ob es für die Branche von Prilisauer eine Perspektive gibt, im März zu öffnen. Sicher ist das keineswegs, denn derzeit traut sich niemand abzuschätzen, wie sich die aktuellen Corona-Mutationen auf das heimische Infektionsgeschehen auswirken werden.
Damit wird es für die unmittelbar betroffenen Betriebe finanziell immer enger. Die Bundesregierung kündigte zusätzliche Hilfsmittel an: Der sogenannte Ausfallbonus ergänzt nun den Fixkostenzuschuss II und wird bereits für den Jänner zu bekommen sein. Auch der Härtefallfonds, der eine persönliche finanzielle Unterstützung für Selbstständige ist, wird um drei Monate bis Mitte Juni verlängert. Und bis dann, hoffen die Experten, sollte das Leben normaler ablaufen als jetzt. Einen weiteren Lockdown gelte es unbedingt zu vermeiden, sagt auch WirtschaftskammerWien-Präsident, Walter Ruck. „Unsere Hoffnungen fußen jetzt auf Tests und Impfungen, deren beschleunigtes Ausrollen ich mit Nachdruck fordere“, so Ruck. Die Nachricht über die Verlängerung bezeichnet er als „bitter“.
Verständnis für Maßnahmen
Restaurantbesitzerin Prilisauer hat trotz der für sie und ihre Mitarbeiter harten Situation Verständnis für die Entwicklung: „Natürlich ist Planbarkeit für Betriebe wichtig, aber eine Pandemie ist nicht planbar“, sagt sie. Niemand könne derzeit weit in die Zukunft schauen. „Wenn die Infektionszahlen zu hoch sind, müssen wir uns fügen.“Natürlich würde sie gern früher aufsperren, betont sie. Im Restaurant gebe es ja ohnehin überall Handdesinfektionsmittel und weniger Sitzplätze für größere Abstände. Auch für eine verpflichtende Gästeregistrierung hätte sie Verständnis. „Wir hatten im Herbst nur ganz wenige Gäste, die das als lästig empfunden haben. Die Politik macht das ja nicht, um uns alle zu ärgern“, sagt die Hütteldorfer Wirtin. Für Freunde der guten Küche von Prilisauer hat sie aber eine gute Nachricht: Im Februar möchte die Wirtin wieder das Abholservice starten. Schnitzel und Co. könnten dann zumindest zu Hause genossen werden.