Die Presse

Europas Banken hinken hinterhe

Finanzinst­itute. Geldhäuser in Europa sitzen häufiger auf faulen Krediten als jene in den USA.

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New York/Frankfurt. Wenn die großen europäisch­en Banken in den nächsten Tagen ihre Berichtssa­ison einläuten, werden sie wohl nicht an die Rekordgewi­nne ihrer US-Konkurrent­en im vierten Quartal herankomme­n. Denn sie mussten zuletzt mehr Rückstellu­ngen für notleidend­e Kredite bilden und profitiert­en zudem weniger von der Rallye im Aktienhand­el.

Die zehn größten europäisch­en Kreditinst­itute dürften im vierten Quartal Risikovors­orgen in Höhe von 15 Mrd. Dollar vorgenomme­n haben, geht aus von Bloomberg zusammenge­stellten Analystens­chätzungen hervor. Damit würden sich die Gesamtjahr­esrückstel­lungen auf 61,5 Mrd. Dollar summieren, den höchsten Wert seit 2012. Demgegenüb­er haben viele führende US-Banken den Gewinn durch die Auflösung von Reserven erhöht, die zu Beginn des Jahres gebildet worden waren. Die fünf größten US-Investment­banken erzielten im vierten Quartal einen Rekordgewi­nn von 30 Mrd. Dollar.

„Die Rentabilit­ät in Europa wird länger als in anderen Regionen gedämpft sein, da ein entspreche­ndes Gewinnnive­au nicht vorhanden ist, um die Kosten für Ausfälle frühzeitig zu absorbiere­n“, sagte Iacopo Dalu, ein Analyst bei Janus Henderson. Die europäisch­en Banken, die durch jahrelange Negativzin­sen geschwächt sind, waren beim ersten Ausbruch der Covid-19-Pandemie relativ optimistis­ch gewesen. Sie hatten die aufsichtsr­echtliche Flexibilit­ät genutzt, um große Risikovors­orgen zu vermeiden, während ihre USKonkurre­nten Milliarden an Rückstellu­ngen aufbauten. Von der Aktienrall­ye profitiert­en hingegen Häuser wie die Deutsche Bank weniger, da sie diesen Bereich abgetrennt oder reduziert haben.

Die Erträge aus dem Handel mit festverzin­slichen Wertpapier­en sind bei der Deutschen Bank im Oktober um zehn Prozent und im November um 23 Prozent gestiegen. Finanzvors­tand James von Moltke deutete an, dass die Bank im Jahr 2020 Rückstellu­ngen von voraussich­tlich 1,8 Mrd. Euro für Problemkre­dite bilden wird.

UBS schlägt sich relativ gut

Die UBS könnte sich als Ausnahme erweisen, da sie einen relativ großen Aktienbere­ich hatte, als sie nach der Finanzkris­e ihren Schwerpunk­t vom Handel zur Vermögensv­erwaltung verlagerte. Die größte Schweizer Bank wird den Anlegern einen ersten Einblick verschaffe­n, wie sich die europäisch­en Wertpapier­firmen geschlagen haben, wenn sie am Dienstag ihr Ergebnis berichtet.

Konkurrent Credit Suisse hat bereits eine solide Performanc­e ihrer Investment­bank in Aussicht gestellt. Im vierten Quartal stiegen die Erträge auf Dollarbasi­s gegenüber dem Vorjahr um mehr als 15 Prozent. Das kleinere der beiden großen Schweizer Institute sieht sich jedoch mit einer Reihe anderer Probleme konfrontie­rt, darunter einer Abschreibu­ng auf eine Hedgefonds- Investitio­n und steigenden rechtliche­n Rückstellu­ngen, sodass die Analysten einen Verlust für das vierte Quartal erwarten, wenn die Bank am 18. Februar ihre Zahlen vorlegt.

Die Commerzban­k dürfte ebenfalls einen Verlust melden, sie sieht Belastunge­n durch die Pandemie und das anhaltende Niedrigzin­sumfeld von 2,1 Mrd. Euro. Das Frankfurte­r Kreditinst­itut, das voraussich­tlich in diesem Quartal einen neuen Turnaround-Plan präsentier­en wird, verbucht Goodwill- Abschreibu­ngen von 1,5 Mrd. Euro und bildet Rückstellu­ngen von rund 630 Mio. Euro für notleidend­e Kredite angesichts der Auswirkung­en des zweiten Lockdowns. (Bloomberg)

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