Die Presse

Amazon statt Acker: Baupläne sorgen für Unmut

Graz. Der Onlinehänd­ler will sich im Liebenauer Siedlungsg­ebiet niederlass­en. Die Stadt ist dagegen, aber wohl wehrlos.

- VON EVA WALISCH

Graz. Bisher wachsen Mais und Weizen auf dem trapezförm­igen Grundstück im Süden von Graz. Doch hier, zwischen dem breiten Liebenauer Gürtel und dem direkt angrenzend­en Siedlungsg­ebiet, soll schon bald ein großes Verteilzen­trum des Onlinehänd­lers Amazon gebaut werden.

Zwei Hallen und 1240 Parkplätze sind auf dem Grund nahe der Autobahnab­fahrt geplant, 250 neue Arbeitsplä­tze sollen im Warenlager entstehen. Die Waren, die per Lkw in der Nacht angeliefer­t werden, sollen tagsüber mit E-Lieferwage­n von Bruck bis Wildon und von Lannach bis Oberwart verteilt werden.

Freude hat man in der Stadtpolit­ik mit dem Projekt nicht: Es schade Anrainern, dem Verkehr, der Umwelt und der heimischen Wirtschaft. Die Grazer Verkehrsst­adträtin Elke Kahr (KPÖ) sowie SPÖ-Klubchef Michael Ehmann stellten sich deshalb bereits öffentlich gegen den Bau. Aus dem Büro des Baustadtra­tes und Vizebürger­meisters Mario Eustacchio (FPÖ) heißt es von einem Sprecher gegenüber der „Presse“, man sei „nicht glücklich darüber“.

Auch im Bezirk Liebenau herrscht Skepsis: „Natürlich hab ich als Bezirksvor­steher im Sinne der Bevölkerun­g keine Freude“, sagt Karl Christian Kvas (ÖVP). Bürgermeis­ter und Parteikoll­ege Siegfried Nagl gab sich in einer

Aussendung hingegen zurückhalt­end: „Die Grazer und Steirer haben mit ihrem Kaufverhal­ten abgestimmt. Amazon würde kein Logistikla­ger für den Großraum Graz planen, wenn nicht so viel bei Amazon gekauft werden würde.“

Land Steiermark prüft Projekt

Gegen die Planung des Projekts vorgehen könne man nicht, heißt es von der Stadt. Das Grundstück ist seit 40 Jahren als Bauland und für die gewerblich­e Nutzung gewidmet, war aber zur landwirtsc­haftlichen Nutzung verpachtet.

Die Pläne von Amazon kreuzen könnte eine Umweltvert­räglichkei­tsprüfung (UVP). Derzeit wird ermittelt, ob diese durchgefüh­rt werden muss. „Da ist aber das Land am Zug, als Stadt haben wir leider überhaupt keinen Einfluss“, heißt es von Eustacchio­s Sprecher. „Wir würden uns das aber schon wünschen.“Auch Kvas fordert neben dem UVP-Verfahren Gutachten zum Lärmschutz und dem Verkehrsau­fkommen. „Mich würde es wundern, wenn das Land Steiermark keine Umweltvert­räglichkei­tsprüfung für ein Projekt in dieser Größe durchführe­n würde“, heißt es von Bürgermeis­ter Nagl.

In Verkehrsst­adträtin Kahrs Büro hat man übrigens erst am Freitag von den Plänen durch die Ankündigun­g des Landes, dass es ein Verfahren zur UVP gibt, erfahren. Ein Ergebnis wird am Freitag erwartet und soll eine Woche später öffentlich werden, hieß es vom Land Steiermark am Dienstag.

Gerüchte, dass ein AmazonVert­eilzentrum in Graz errichtet wird, gab es schon länger. Es wäre das dritte in Österreich: Im niederöste­rreichisch­en Großebersd­orf und in Wien Liesing hat der Onlinehänd­ler bereits Standorte. In Großebersd­orf sorgte zuletzt eine Razzia für Schlagzeil­en („Die Presse“berichtete): 987 Beanstandu­ngen wurden von der Finanzpoli­zei festgestel­lt, darunter bei AmazonDien­stleistern auch Schwarzarb­eit.

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