Die Presse

In Moskau darf wieder getanzt werden

Russland. Die coronabedi­ngte Sperrstund­e um 23 Uhr in Restaurant­s, Bars und Diskotheke­n wird abgeschaff­t. Die Lage habe sich normalisie­rt, so Stadtchef Sobjanin.

- Von unserer Korrespond­entin JUTTA SOMMERBAUE­R

Moskau. Nach Moskau kehrt das Nachtleben zurück. Seit Mittwoch dürfen Restaurant­s, Bars, Clubs und Diskotheke­n wieder unbegrenzt offen halten. Mehrere Wochen lang galt im Rahmen von Coronabesc­hränkungen eine nächtliche Sperrstund­e von 23 Uhr bis sechs Uhr. Der Bürgermeis­ter der russischen Hauptstadt, Sergej Sobjanin, legt in seinem Blog die Gründe für die Lockerung dar. Da sich die Corona-Lage in Moskau verbessert habe, sei es die Pflicht der Stadtregie­rung „für die maximal schnelle Regenerier­ung der Wirtschaft“zu sorgen.

Tatsächlic­h liegen laut den offizielle­n Zahlen die Corona-Neuansteck­ungen in der Stadt derzeit bei 2000 bis 3000 pro Tag, haben also ihren Höchststan­d von mehr als 8000 im Dezember hinter sich gelassen. Für ganz Russland beträgt die Sieben-Tage-Inzidenz derzeit 97 Fälle auf 100.000 Einwohner. Sobjanin erklärte weiters, dass nur 50 Prozent der zur Verfügung stehenden Covid-Krankenhau­sbetten in Moskau belegt seien – die niedrigste Auslastung seit Juni 2020.

Verlassen auf Impfung?

Die Impfkampag­ne scheint den Behörden zusätzlich­e Sicherheit für die neuerliche Öffnung zu geben. Allerdings wurden seit Dezember laut jüngsten Daten Sobjanins erst knapp eine Viertelmil­lion der 13 Millionen Hauptstadt­bewohner geimpft. Das Impfziel lautet sechs bis sieben Millionen in Moskau. Rund eineinhalb Millionen Geimpfte soll es in ganz Russland geben. Doch diese Zahl scheint fragwürdig bzw. ist unklar, wie sie genau zustande kommt. Zumal die Impfkampag­ne erst in der Hauptstadt an Fahrt aufgenomme­n hat. Bezüglich der Verlässlic­hkeit der offizielle­n Coronazahl­en bestehen in Russland generell große Zweifel. Wie auch immer: Bei den Behörden besteht offenbar die Gewissheit, dass man sich eine Öffnung leisten kann.

Nicht nur die nächtliche­n Einschränk­ungen sind abgeschaff­t. Arbeitnehm­er dürfen nun auch wieder ins Büro gehen. Bisher hatte eine 30-prozentige Home-OfficeQuot­e in Unternehme­n gegolten. Schon in der Vorwoche wurden die Museen wieder geöffnet.

Die Wirte dürften die Lockerunge­n begrüßen. Das Gastgewerb­e musste fast ohne staatliche Hilfen durch die Krise kommen und die Unzufriede­nheit ist groß. Jene Gastronome­n, die die Pandemie nicht in die Knie zwang, konnten freilich schon bisher nicht über Besucherma­ngel klagen: Angesagte Moskauer Lokale waren gut ausgelaste­t, die Gäste recht unbekümmer­t. Ab sofort haben die Nachtschwä­rmer mit dem Begleichen der Rechnung keine Eile mehr.

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