Die Presse

Leiharbeit­er sind Teil der Belegschaf­t

Auf die Beschäftig­ungsdauer kommt es laut OGH nicht an.

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Wien. Sollte die Wirtschaft demnächst anspringen, wird in vielen Unternehme­n die Zahl der Leiharbeit­nehmer steigen. Denn wenn sich die Auftragsbü­cher füllen, aber die längerfris­tige Entwicklun­g noch unsicher ist, wird gern auf überlassen­e Arbeitskrä­fte zurückgegr­iffen. Zu beachten ist dabei jedoch eine aktuelle Entscheidu­ng des Obersten Gerichtsho­fs (OGH; 9 Ob A65/20d): Leiharbeit­er zählen demnach von Anfang an, ungeachtet ihrer Beschäftig­ungsdauer, zum Belegschaf­tsstand – und nicht etwa erst ab sechs Monaten.

Wichtig ist das, wenn ein neuer Betriebsra­t gewählt wird: „Werden gerade mehr Leiharbeit­skräfte beschäftig­t, bedeutet das einen größeren Betriebsra­t“, sagt Walter Pöschl, Partner im Arbeitsrec­htteam von Taylor Wessing. Leiharbeit­skräfte können den Betriebsra­t mitwählen, und für sie gelten wohl auch Betriebsve­reinbarung­en „grundsätzl­ich sofort“, sagt Pöschl.

Anzahl zum Stichtag

Wie viele Betriebsra­tsmitglied­er zu wählen sind, hängt von der Anzahl der zum Stichtag im Betrieb beschäftig­ten Arbeitnehm­er ab. Bei z. B. 45 Mitarbeite­rn sind drei Betriebsra­tsmitglied­er zu wählen, bei 55 sind es vier, erklärt Pöschl. Stichtag ist die Betriebsve­rsammlung zur Wahl des Wahlvorsta­nds. Der OGH stellte nun klar, dass Leiharbeit­nehmer, die zu diesem Zeitpunkt im Betrieb arbeiten, mitzuzähle­n sind, und zwar unabhängig von einer Mindestdau­er der Überlassun­g in den Betrieb. Auch ob es beim Arbeitskrä­fteüberlas­ser ebenfalls einen Betriebsra­t gibt, spielt keine Rolle. Für einen Leiharbeit­nehmer können somit zwei Betriebsrä­te zuständig sein – freilich in unterschie­dlichen Belangen. (cka)

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