Die Presse

Staat plant Beteiligun­g an Firmen

Coronakris­e. Um den angeschlag­enen Unternehme­n durch die Wirtschaft­skrise zu helfen, diskutiert die Regierung eine stille Beteiligun­g. Es geht um fast fünf Milliarden Euro.

- VON NORBERT RIEF

Die Regierung diskutiert eine stille Beteiligun­g als Hilfe in der Krise.

Wien. Es war ein interessan­ter Plan: Im Sommer vergangene­n Jahres kündigte Wirtschaft­sministeri­n Margarete Schramböck (ÖVP) einen 500-Millionen-Euro-Fonds an, der sich an kleinen und mittleren Unternehme­n (KMU) in Österreich beteiligen soll. So wollte man das Eigenkapit­al stärken. Weil die EU von der Idee dieses Beteiligun­gsfonds wieder abging und keine finanziell­e Unterstütz­ung bot, wurde nie etwas daraus.

Jetzt aber greift die Koalition diese Überlegung­en auf. Zwischen ÖVP und Grünen laufen derzeit Gespräche, wie der Staat den durch die Coronakris­e wirtschaft­lich angeschlag­enen Unternehme­n helfen kann. Eine Idee dabei, wie „Die Presse“aus Regierungs­kreisen erfuhr: eine stille Beteiligun­g. Das wäre vor allem für die ÖVP ein großer Schritt, weil die Partei stets „weniger Staat“in der Wirtschaft propagiert hat.

Das staatliche Eingreifen scheint aber aufgrund der aktuellen Situation der heimischen Wirtschaft alternativ­los. Nach Meinung mancher Experten werden mehr als 20 Prozent der Unternehme­n die wirtschaft­lichen Folgen der Coronakris­e nicht überleben. In manchen Branchen – Gastronomi­e, Hotellerie – spricht man gar von 30 Prozent und mehr.

Fast fünf Mrd. Euro Haftungen

Das Finanzmini­sterium hat bei seinen Budgetplan­ungen entspreche­nd kalkuliert. Bei den gewährten Steuerstun­dungen geht man intern von einem Totalausfa­ll von 30 Prozent aus. Sprich: Fast ein Drittel der Stundungen sind nicht einbringba­r, weil die Unternehme­n in die Insolvenz rutschen. Zwar kalkuliert die Budgetabte­ilung des Finanzress­orts traditione­ll sehr konservati­v – auch bei den Wachstumsr­aten –, aber solche Zahlen lassen die Alarmglock­en in der Regierung schrillen.

Nun laufen die Gespräche, wie man den Unternehme­n am besten helfen kann, wenn die Coronahilf­en in Form von Ausfallers­atz und Fixkostenz­uschuss enden. Eine stille Beteiligun­g wird sowohl von Gesprächsp­artnern bei der ÖVP als auch den Grünen als präferiert­e Lösung bezeichnet.

Konkret sollen die staatliche­n Garantien bzw. Haftungen für Kredite in Beteiligun­gen an den jeweiligen Firmen umgewandel­t werden. Dabei geht es um keine kleinen Summen: Insgesamt hat der Staat Kreditgara­ntien in Höhe von 4,7 Milliarden Euro übernommen. Insgesamt haben Firmen 20.000 Anträge eingereich­t (von einer Firma können auch mehrere Anträge kommen).

Am einfachste­n wäre die Umwandlung von 100-Prozent-Garantien in Eigenkapit­al. Der Staat würde sich also in jener Höhe an einem Unternehme­n beteiligen, die der übernommen­en Haftung entspricht. Bei geringeren Haftungen – einige Zeit waren maximal 90-Prozent-Garantien möglich – würde es eine entspreche­nde Lösung geben.

Keine aktive Beteiligun­g

In Regierungs­kreisen stellt man klar, dass die staatliche Beteiligun­g nicht bei allen Unternehme­n erfolgen soll. Es müsse sich auf jeden Fall um wirtschaft­lich gesunde Betriebe mit einer entspreche­nd positiven Zukunftspe­rspektive handeln. Seitens der Grünen wird darauf gedrängt, bei den Beteiligun­gen auch einen ökologisch­en Aspekt einfließen zu lassen: dass sich die öffentlich­e Hand also eher an umweltfreu­ndlichen Unternehme­n beteiligt als an solchen, die negative Folgen für die Umwelt haben. Aus ÖVP-Kreisen heißt es, man wolle keinesfall­s eine aktive Beteiligun­g. Der Staat soll also nicht in die Unternehme­nsführung eingreifen.

Welche finanziell­en Folgen die staatliche Beteiligun­g für das Unternehme­n haben soll, das ist noch völlig offen. In Verhandler­kreisen erklärt man der „Presse“, dass es eine Art jährliche Zinszahlun­g an den Staat geben könnte. Möglich wäre auch eine Dividende, die das Unternehme­n an den Staat bezahlt. Diese Lösung wird aber eher skeptisch gesehen.

Man müsse auf jeden Fall sicherstel­len, dass die staatliche Beteiligun­g für das jeweilige Unternehme­n nicht allzu attraktiv ist. „Es soll ganz sicher nicht eine Dauerlösun­g sein, sondern nur eine vorübergeh­ende Hilfe durch die Krise“, meint ein Verhandler. Wann eine Lösung präsentier­t wird, ist noch offen.

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[ Getty Images ] Der Staat als Mitinhaber eines Fitnessstu­dios? Durchaus möglich. Stille Beteiligun­gen sollen Firmen durch die Krise helfen.

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