Europäische Kommission bereitet Exportverbote für Impfstoffe vor
Notverordnung. Als Reaktion auf die dubiosen Probleme bei der Lieferung zugesagter Dosen sind nun Ausfuhrgenehmigungen nötig.
Brüssel. Der Konflikt zwischen der Europäischen Union und dem Pharmakonzern AstraZeneca um die Lieferung von Covid-19-Impfstoff hat am Donnerstag eine neue Wendung genommen. Die Kommission kündigte an, die Verordnung über die gemeinsame Ausfuhrregelung aus dem Jahr 2015 zu aktivieren, um jeden Impfstoffhersteller, der Chargen aus der Union in Drittstaaten exportieren möchte, zur Einholung einer Ausfuhrgenehmigung zu verpflichten.
„In einer idealen Welt wären wir nicht hier“, sagte ein mit der Vorbereitung der Durchführungsverordnung befasster EU-Beamter. „Doch wir wollen wissen, ob die Exporte in die richtige Richtung gehen. Und das kann, basierend auf den Kriterien, zu einem Verbot führen.“
Die Kommission hat, stellvertretend für alle 27 Mitgliedstaaten, im Herbst Rahmenabkommen mit sechs Herstellern von Covid-19-Impfstoffen geschlossen. Sie sehen die Lieferung von insgesamt rund 2,3 Milliarden Impfdosen vor. Weil zum Zeitpunkt des Abschlusses nicht klar war, ob diese neuartigen Mittel wirksam sein werden, übernahm die Kommission einen Teil des betriebswirtschaftlichen Risikos und zahlte mehrere Hundert Millionen Euro für die Vorproduktion.
Die Kommission werde bereits am Freitag den Text der Durchführungsverordnung fertig haben, sagte der EU-Beamte. Wie genau die Kriterien definiert sind, welche die mitgliedstaatlichen Behörden zu einem Exportverbot veranlassen, sei noch offen. Es gehe der Kommission a priori nicht darum, Exporte zu verbieten: „Wenn unsere Dosen geliefert werden, gibt es keine weiteren Probleme mit Ausfuhrgenehmigungen.“Aber es könne „Fälle geben, in denen wir den Rat geben, keine Ausfuhrgenehmigung zu erteilen.“
Unumstritten ist diese Maßnahme in Brüssel nicht. Bernd Lange (SPD), der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament, warnte vor einem Dominoeffekt und Ausfuhrbeschränkungen anderer Länder gegenüber der Union. (go)