Die Presse

Polizei prüft Anschuldig­ungen nach Protestakt­ion

Abschiebun­g. Demonstran­ten werfen den Beamten sehr ruppiges Verhalten vor. Der Einsatz soll evaluiert werden.

- VON CHRISTINA OZLBERGER

Wien. Es begann mit einer Petition und endete mit einer Protestakt­ion mitten in der Nacht: Die Mitschüler und Freunde der Kinder, die am Donnerstag­früh mit ihren Müttern ausgefloge­n wurden, wollten die Abschiebun­g unbedingt verhindern. Um fünf Uhr löste die Exekutive die Proteste auf – und zwar äußerst ruppig, wie zwei Demonstran­ten der „Presse“berichtete­n.

Rund 160 Personen fanden sich in der Nacht auf Donnerstag beim Abschiebez­entrum in der Zinnergass­e 29A ein, um die Polizei dabei zu blockieren, die Abzuschieb­enden zum Flughafen zu fahren. Einige hatten zu diesem Zweck Einkaufswa­gen und Sperrmüll dabei, ein Jugendlich­er klebte seine Hand mit Kontaktkle­ber an den Schranken.

„Im Areal ist es zu einer Sitzblocka­de gekommen. Der Polizeikon­voi war von beiden Seiten blockiert“, sagt Mati Randow, bildungspo­litischer Referent der „Aktion kritischer Schüler“(AKS) Wien zur „Presse“. Er selbst sei kurz davor, um ungefähr zwei Uhr früh, am Schauplatz angekommen. „Wir haben nichts angestellt, mit der Zeit sind aber immer mehr Polizisten und Wega-Beamte mit Hunden gekommen“, schildert Randow. „Wir dachten zwischendu­rch, dass wir eingekesse­lt werden, weil manche Polizisten das gesagt haben.“Die Beamten hätten auch mit zynischen Aussagen wie „Ist euch nicht kalt?“gestichelt.

Eine 20-jährige Studentin, die in der Zeitung anonym bleiben möchte, hat die Auflösung der Protestakt­ion hautnah miterlebt. „Sie haben uns der Reihe nach weggetrage­n und fallen gelassen. Ein Polizist ist auf meiner Hand gestanden, sodass sie aufgeschür­ft worden ist und geblutet hat“, erzählt sie der „Presse“. Dann habe man sie „an den Haaren hochgezoge­n und angeschrie­n“. Eine Freundin von ihr sei von einem Beamten als „Hure“beschimpft worden.

„In erster Linie wurde versucht, die Amtshandlu­ng mittels Dialog erfolgreic­h zu führen“, sagt Polizeispr­echer Daniel Fürst. Da alle sitzen geblieben seien, wurde die „nicht angezeigte Kundgebung per Lautsprech­erdurchsag­e für aufgelöst erklärt“. Da sich dann immer noch niemand vom Ort entfernt habe, sei der Protest kurz vor fünf Uhr aufgelöst worden. Festnahmen und Anzeigen habe es keine gegeben. „Die Wiener Polizei nimmt sämtliche Anschuldig­ungen ernst und wird diese überprüfen. Der Einsatz wird ebenfalls evaluiert. Bis dato haben sich keine Personen bei der Polizei gemeldet, die im Zuge des Einsatzes verletzt wurden“, sagt Fürst.

Van der Bellen tief betroffen

Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen zeigte sich in einem am Donnerstag veröffentl­ichten Facebook-Video „zutiefst“über die Abschiebun­gen betroffen. Er könne und wolle nicht glauben, „dass wir in einem Land leben, wo dies in dieser Form wirklich notwendig ist“. Jedes Staatsorga­n müsse selbstvers­tändlich auf Basis der Gesetze handeln, er kenne die Akten nicht. „Aber: Hätte es nicht einen rechtliche­n Spielraum gegeben? Was ist mit den Rechten der Kinder, den Kinderrech­ten, die gewährleis­tet sind? Wurden die Kinder ausreichen­d gehört?“

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