Jedem dritten Gastrolokal in Wien droht das Ende
Studie. Laut Wirtschaftskammer haben 58 Prozent Probleme bei der Zahlung der Miete. Und die Hotellerie steht „vor dem Abgrund“.
Wien. Es ist wohl Wiens prominentester Fall: Das Cafe´ Landtmann ist mit einer Räumungsklage konfrontiert. Die Cafetiersfamilie Querfeld muss wegen Zahlungsrückständen rechtliche Schritte des Vermieters gewärtigen. Kein Einzelfall: Mehr als die Hälfte der Gastronomen und Hoteliers haben Probleme mit ihrem Vermieter wegen Miet- und Pachtzahlungen.
Das ergab nun eine Studie, die im Auftrag der Wiener Wirtschaftskammer für die Fachgruppen Gastronomie, Kaffeehäuser und Hotellerie durchgeführt wurde und der „Presse“vorliegt. Angesichts drohender Räumungsklagen dränge die Zeit, die Situation sei „dramatisch“, heißt es darin.
600 Unternehmen hat die Befragung einbezogen: „58 Prozent der Befragten haben durch die Pandemie Probleme mit ihrem Bestandsgeber betreffend Miete oder Pacht bekommen – und nur 14 Prozent von ihnen konnten sie mittlerweile lösen“, heißt es von der Wirtschaftskammer. Vor allem in Städten ist das Problem groß, anders als am Land sind Lokale oft nicht Eigentum der Betreiber.
Unklare Rechtslage
Zur angespannten Situation zwischen Vermietern und Gastronomen trägt die unklare Rechtslage bei, ob Mieten während der Pandemie bezahlt werden müssen. In der Causa Landtmann machte Unternehmenschef Berndt Querfeld geltend, dass die Pandemie die Nutzung des Lokals einschränkt. Dies wurde laut dem Cafetier vom Vermieter aber nicht als Argument akzeptiert.
Querfeld betreibt zwölf Lokale in Wien: „Wir haben aktuell für drei Standorte eine Lösung und für neun keine“, erzählt der Cafetier, dem viele ähnliche Fälle unter Wiener Gastronomen bekannt sind. Präzedenzfall will Querfeld lieber keiner werden: „Wir wollen uns eigentlich nach all den Wochen und Monaten lieber auf den Tag vorbereiten, an dem wir endlich wieder aufsperren können.“
Die Wirtschaftskammer hat nun ein Rechtsgutachten beauftragt, das klären soll, inwiefern der Lockdown Auswirkungen auf Mietzahlungen hat. Es soll als Grundlage für die Lösungsfindung in
Streitfällen dienen, so die Wirtschaftskammer. „Denn bedingt durch die große Zahl an Betroffenen – allein in Wien mehrere Tausend – wird hier nicht jeder Einzelfall durchjudiziert werden können.“
Krisentreffen geplant
Bis Ende Februar soll das Gutachten vorliegen. Dann sei ein runder Tisch mit Vertretern der Justiz, der Unternehmer und der Vermieter notwendig.
Zwar hätten bisher erst eine Handvoll der Wiener Lokale zugesperrt. Das liege aber vor allem daran, dass aktuell die Wirtschaftshilfen greifen – im Sommer wird durch Stundungen die Situation für die Gastroszene aber wohl massiv schwieriger. „Das Hauptproblem ist die verhältnismäßig lange Zeit zwischen der Fälligkeit der Zahlungen und den Refundierungen der Fixkosten“, so Gastro-Obmann Peter Dobcak. Er geht davon aus, dass 20 bis 30 Prozent der Wiener Lokale die Krise nicht überstehen könnten. Im schlimmsten Fall könnte somit fast ein Drittel bis zum Sommer pleitegehen.
Auch die Hotellerie steht vor massiven Problemen, sagt Dominic Schmid, Hotellerie-Obmann der Wirtschaftskammer. „Jedes Hotelzimmer kostet den Betreiber monatlich rund 900 Euro an Miete an den Eigentümer“, rechnet Schmid vor. Bei 20 Zimmern seien das durchschnittlich 18.000 Euro Monatspacht. „Es ist also leicht zu sehen, vor welchem Abgrund die Wiener Hotellerie derzeit steht.“