Gute Zocker gegen böse Spekulanten
Kleinaktionäre kaufen Aktien, treiben Kurse hoch, nehmen Hedgefonds aus und werden als Helden gefeiert. Die US-Börsenaufsicht SEC ist deswegen bereits hellhörig geworden.
Wien. Ja, dürfen’s denn das? Die Freude auf sozialen Medien über Kleinanleger, die sich auf Plattformen wie im Reddit-Forum Wallstreetbets verabreden, um Aktienkurse hochzutreiben und Hedgefonds, die auf fallende Kurse wetten, auf dem falschen Fuß zu erwischen, hält an. Nicht nur der Kurs des maroden Videospiele-Händlers GameStop wurde auf diese Weise in lichte Höhen getrieben, auch jener der Kinokette AMC oder der von Blackberry.
Handel teilweise eingeschränkt
Die US-Börsenaufsicht SEC ist hellhörig geworden: Man habe das Treiben um die GameStop-Aktie im Blick. Der frühere SEC-Ermittler Jacob Frenkel forderte ein Einschreiten der Behörde. Eine Option sei, den Handel mit der Aktie für zehn Tage auszusetzen.
Einige Handelsplattformen sind bereits selbst aktiv geworden und haben den Handel mit GameStop, AMC und Co. zeitweise eingeschränkt, „um die Kunden vor unerwünschten Orderausführungen zu schützen“, wie etwa Degiro mitteilte. Die US-Plattform Robinhood schränkte den Handel am Donnerstag ebenfalls ein, was die Kurse der betroffenen Aktien ins Wanken brachte.
Für die GameStop-Aktie, die zu Jahresbeginn 17 Dollar gekostet hatte, musste man im Tagesverlauf über 400 Dollar hinlegen, bevor der Kurs dramatisch nachgab. Einige Hedgefonds, etwa Melvin Capital oder Citron, sollen den Ausstieg bereits geschafft haben, wenn auch zu hohen Verlusten.
Leerverkäufer haben an der Börse oft einen schlechten Ruf, weil sie auf fallende Kurse setzen. Sie verkaufen Aktien, die sie sich nur ausgeliehen hatten, mit dem Ziel, sie später zu einem billigeren Preis zu kaufen und zurückzugeben. Bei GameStop oder AMC ging die Spekulation schief, weil die
Kurse nicht gefallen sind, sondern sich wegen der konzertierten Aktion der Kleinanleger vervielfacht haben.
Doch nicht alle Hedgefonds setzen auf fallende Kurse. Einer der größten Profiteure der GameStop-Kursexplosion ist Scion Capital, dessen Gründer Michael Burry durch den Film „The Big Short“berühmt wurde. Laut dem „Business Insider“hatte Scion in GameStop-Aktien investiert. Michael Burry findet den Anstieg aber mittlerweile unvernünftig.
Die aktivistischen Kleinanleger sehen das anders. Für sie verkörpern die Hedgefonds die Mächtigen an der Börse, denen man nun den Kampf angesagt hat. Bisher seien es immer die Reichen an der Wall Street gewesen, die die Börsen manipuliert hätten, nun würden es die Armen den Reichen zeigen, hieß es auf Twitter.
Einige Trader fühlen sich tatsächlich wie Robin Hood. Einer soll an die Angestellten einer GameStop-Filiale Geld verteilt haben, um sie an seinem Gewinn teilhaben zu lassen, berichtet Bloomberg. In sozialen Medien bedanken sich Menschen, die mit GameStop-Aktien Gewinne erzielt haben. Er habe seine letzten 40 Dollar investiert, dank der Tipps der Reddit-Nutzer daraus 200 Dollar gemacht und schon lang nicht mehr so viel und so gut gegessen, freute sich ein User.
Falsche Aktie gekauft
Kritiker warnen, dass sich viele Kleinanleger, die jetzt noch auf diesen Zug aufspringen wollen, die Finger verbrennen werden. Wenn die Leerverkäufer ihre Positionen geschlossen haben, könnten die Aktienkurse einbrechen.
Einige Trader kaufen indes die falsche Aktie: So ist der Aktienkurs des australischen Nickelproduzenten GME Resources durch die Decke gegangen, berichtet Reuters. Denn GameStop hat an der Börse ebenfalls das Kürzel „GME“.