Karl Kraus hat jetzt ein Cafe
Alexander Zach und Zolt´an Aczel´ eröffnen einen „Art Space“in einem ehemaligen Haubenlokal. Ihr „Datum“und „Die Zeit“-Österreich sind schon da.
ls erster Name war „Kalender“im Gespräch. Das hätte gut zu „Datum“und „Zeit“gepasst. Beim Magazin „Datum“sind Alexander Zach und Zolta´n Acze´l Mehrheitseigentümer. Und bei der deutschen Wochenzeitschrift „Die Zeit“ist „Datum“-Miteigentümer Sebastian Loudon Österreich-Repräsentant.
Letztlich entschied man sich aber für „Kraus“. Nach Karl Kraus, dem Schriftsteller, Essayisten, Zeitungsherausgeber, Medienkritiker. „Karl Kraus war ein Querkopf. Einer, den man letztlich nirgendwo fix verorten konnte, auch politisch nicht. Einer, der sich auch nicht vereinnahmen ließ“, sagt Alexander Zach. Und mit seiner „Fackel“, die er mehr oder weniger im Alleingang schrieb, sei er gewissermaßen eine Art Blogger gewesen – wenn man das auf die heutige Zeit umlege.
Das „Kraus“soll nun ein Ort der Diskussion, der Kultur, der Medien, der Politik werden. Im Zentrum steht ein „Art Space“, in dem bereits die Installationen eines jungen polnischen Künstlers ausgestellt sind. Kuratorin ist Kasia Matt-Uszynska, Ehefrau des ehemaligen Kunsthallen-Direktors Gerald Matt. Dazu gibt es Gastronomie, Cafe´ und Restaurant untertags, Bar dann abends. Für das Konzept zeichnet Javier Mancilla, vormals Heuer am Karlsplatz, verantwortlich.
Die Redaktionen von „Datum“und „Die Zeit“-Österreich sind bereits vor einiger Zeit hier eingezogen. In die hinteren Räume des vormaligen Haubenrestaurants Vincent in der Großen Pfarrgasse im zweiten Bezirk. Vorn ist dann das Cafe´ Kraus.
Seit zwei Jahren arbeiten Alexander Zach und Zolta´n Acze´l an dem Projekt in der Leopoldstadt. Coronabedingt wurde die Eröffnung immer wieder verschoben. Bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit soll es nun aber so weit sein. Fertig ist eigentlich alles.
Aus dem Liberalen Forum
Zach und Acze´l kennen sich aus dem Liberalen Forum. Genauer gesagt, kennen sie sich schon seit Zeiten als Schülervertreter. Im Liberalen Forum, das dann später in den Neos aufging, war Zach von 2001 bis 2008 Parteivorsitzender, Aczel Generalsekretär. Danach gründeten beide die AZH, eine PR-Agentur und Beteiligungsgesellschaft, mit der sie unter anderem für Hans Peter Haselsteiners Strabag in Ungarn tätig waren, was sie auch in juristische Kalamitäten brachte. Zach und Acze´l waren dann auch Financiers der Neos, bis ein Gesetz das unterband.
Nun stecken Alexander Zach und Zolta´n Acze´l ihr Geld eben ins „Kraus“. Das Kunstprojekt hier hat auch noch eine Außenstelle: Zach und Acze´l haben ein Anwesen in der Toskana nahe Siena erworben, auf dem sie jungen Künstlern ungestörtes und auch finanziertes Arbeiten ermöglichen. Elf Künstler aus Osteuropa waren dort bereits tätig. Im Rahmen des sogenannten Kahan Artists in Residence Program.
Gemeinnützige Stiftung
Träger des Kunstprojekts in Wien und der Toskana ist nämlich die Dr. Eva Kahan Foundation, eine gemeinnützige Stiftung, benannt nach Zolta´n Acze´ls verstorbener Mutter, Eva Kahan. Die Stiftung hat auch in Ungarn ein Standbein, eigentlich zwei: eines für Kunst in Budapest mit einem eigenen „Art Space“und eines zur Förderung benachteiligter Kinder. Vor allem jenen aus ungarischen Sinti- und RomaFamilien soll ein akademischer Bildungsaufstieg, vorzugsweise in Rechtswissenschaften, ermöglicht werden.
„Investition in Menschen“, nennt das Zolta´n Acze´l. Das sei auch sein Ziel mit dem „Kraus“: weltoffene Menschen verschiedenster Sparten zusammenzubringen. Diese könnten und sollten auch unterschiedlicher politischer Ansichten sein. „Jedenfalls aber ohne Scheuklappen.“
Analoges „Clubhouse“
Das „Kraus“, so jedenfalls die Idee, soll anschließen an das Kaffeehaus als Zentrum intellektueller Debatten, das es zu Lebzeiten eines Karl Kraus war. Also eine Art analoges „Clubhouse“– wenn man das wieder auf die heutige Zeit umlegen möchte.
Die Themen der heutigen Zeit sollen im „Kraus“verhandelt werden – von der politischen Situation in Hongkong bis zu jener in Ungarn oder Polen etwa. Und diese könnten dann auch gleich nebenan, im „Datum“, publizistisch weitergeführt und weiterverarbeitet werden.