Ideologie bei der Arbeit: Pelinka zu Chomsky
„Noam Chomsky, ein dilettierender Guru“, GK v. Anton Pelinka, 22. 1. Jene Plattitüden, die Pelinka vorgibt in Chomskys Beitrag auszumachen, strapaziert er ebenfalls – nur eben vom anderen Ende des ideologischen Spektrums aus. Chomsky ist in dieser Lesart Pelinkas „ein Guru heimatloser Linker“, die „Arbeiterklasse“schwer verdächtig, weil sie sich in den USA als „weiß“(sic!) versteht und im Übrigen in ihrer „europäischen“Ausprägung fremdenfeindlich und kleinbürgerlich ist.
Die Arbeiterklasse, in die junge linksliberale Akademiker der 60erund 70er-Jahre ihre Heilserwartungen projizierten, ist heute in diesem Milieu nicht mehr gut gelitten.
Das hat eine Menge Gründe; schon die Wahlergebnisse der 80er- und 90er-Jahre zeigen im ganzen Westen, wie stark sich die Linke von ihrer Hauptklientel absentiert hat. Kein Wunder, wenn man liest, was etwa Pelinka an negativen Punzierungen dazu einfällt.
Pelinka wirft Chomsky vor, auf „einem Kreuzzug gegen die liberale Demokratie“zu sein. Das kann man so sehen. Muss man aber nicht. Im angelsächsischen Raum ist Chomskys Skepsis etwa der EU gegenüber absolute Mehrheitsmeinung. Wer das mit dem Verweis auf das gewählte EU-Parlament, Kritik an der EU für eine „Erfindung der Propagandamaschine von Nigel Farage“hält, macht es sich zu leicht und versteht die tief sitzende und sehr wohl berechtigte Skepsis daran nicht. Brüssel wird natürlich primär beherrscht von Lobbyisten aus der gesamten EU bis hinunter zu einzelnen Bauernverbänden, die sich dort eine Vertretung leisten. Jedes österreichische Bundesland hat mindestens
eine eigene Vertretung vor Ort, die – ja, was macht? Klar: die österreichischen Interessen vertreten, besser bekannt als Lobbying. Aber das hört sich halt nicht so gut an.
Chomsky ist intellektuell einen weiten Weg gegangen. Sein kompromissloses Engagement gegen den Vietnam-Krieg hat sicher auch den Beifall des jungen Pelinka gefunden. Anderes wird nicht verziehen. Etwa dass dieser in den gegenwärtigen Herausforderungen und nicht in der „Urkatastrophe“des 20. Jh.s den „Augenblick“der Geschichte sieht. Diese Sichtweise mag für Angehörige der „Tätergeneration“verpflichtend sein, für den Sohn jüdischer Eltern, der Chomsky ist, gilt das nicht.
Hannes Eichsteininger, 4910 Ried