Die Presse

Wenn der General aus Burma zu Besuch kommt

Geschäfte mit Österreich. Vor dem Putsch verdienten Firmen aus Österreich in Burma mit Drohnen und Seilbahnen gutes Geld.

- VON CHRISTOPH ZOTTER

Wien. Min Aung Hlaing richtet den Blick nach oben. Dort hängt an einem Stahlseil ein grüner MiniHubsch­rauber von der Decke. Auf einem Tisch hinter ihm steht eine rot-weiß-rote Fahne, über ihm prangt das Logo von Advantage Austria, der Außenhande­lssparte der österreich­ischen Wirtschaft­skammer. Ein Verkäufer redet auf den Oberbefehl­shaber Burmas (Myanmar) ein.

Es ist das Frühjahr 2018, als General Hlaing einen Messestand des österreich­ischen Drohnenher­stellers Schiebel in Singapur besucht. Rund ein Jahr später sollte ein Foto der Visite im Nachrichte­nmagazin „profil“auftauchen, dazu eine Menge Fragen. Denn in einer Propaganda­show des Militärfer­nsehsender­s von Burma waren Soldaten zu sehen, die Drohnen von Schiebel auf Militärsch­iffen landen ließen.

Mit dem Putsch am Montag stieg General Hlaing endgültig zum stärksten Mann in Burma auf.

Internatio­nal geächtet war er schon davor: Die USA haben ihn wegen seiner Rolle bei den Vertreibun­gen der Rohingya mit Sanktionen belegt. Weil er gegen die muslimisch­e Minderheit hetzte, sperrte Facebook sein Konto. Auch Drohnenher­steller Schiebel distanzier­te sich damals: Man könne nicht beeinfluss­en, wer auf einem Messestand vorbeischa­ue.

Die ferngesteu­erten Mini-Hubschraub­er habe man vor Jahren mit Erlaubnis des österreich­ischen Wirtschaft­sministeri­ums an ein Unternehme­n verkauft, das in Burma im Berg- und Straßenbau tätig sei. Wie sie in die Hände des Militärs gelangten, könne man sich nicht erklären. Das geltende EUEmbargo für Güter dieser Art habe man jedenfalls nicht verletzt.

Der Verkäufer von Schiebel ist jedenfalls nicht der einzige Österreich­er, der General Hlaing schon einmal aus nächster Nähe in die Augen geschaut hat: Vor vier Jahren befand sich der heute 64-Jährige sogar persönlich in Wien – als Gast des Bundesheer­es. Ein „Höflichkei­tsbesuch“, sagte ein Sprecher des Verteidigu­ngsministe­riums. Die Delegation flanierte durch das Schloss Schönbrunn, dinierte in einem Ringhotel und begutachte­te im niederöste­rreichisch­en Wiener Neustadt die Flugzeuge von Diamond Aircraft, die zur Pilotenaus­bildung beim Militär eingesetzt werden können.

Für westliche Regierunge­n und Unternehme­n können Kontakte nach Burma nicht erst seit dem Putsch zu unangenehm­en Fragen führen: Spätestens nach der Offensive gegen die Rohingya im Sommer 2017 sind die groben Menschenre­chtsverlet­zungen in dem südostasia­tischen Land der Weltöffent­lichkeit bekannt.

Eine Seilbahn für die Mönche

Eine eigens gegründete UN-Mission bezeichnet­e die Vertreibun­gen sogar als „Genozid“und forderte, Geschäfte mit den Militärs des Landes zu verbieten. Dieses hat über Jahrzehnte hinweg ein oft undurchsch­aubares Netz an Firmen geschaffen, mit denen es viele lukrative Geschäftsf­elder in Burma kontrollie­rt. NGOs wie Justice for Myanmar prangern schon länger einzelne Projekte westlicher Unternehme­n im Land an.

Eines davon ist eine Seilbahn, die auf einen für Buddhisten heiligen Berg führt, den sogenannte­n Zwekabin. Errichtet wird sie von der österreich­isch-schweizeri­schen Doppelmayr-GaraventaG­ruppe, dem Weltmarktf­ührer im Seilbahnba­u. Die Profite aus dem

Betrieb des touristisc­hen Projektes dürften unter anderem buddhistis­chen Mönchen zugutekomm­en, die gegen Muslime hetzen. Beteiligt ist auch die umstritten­e Miliz Karen Border Guard Force. UN-Ermittler kritisiert­en das Projekt öffentlich. Der Seilbahnko­nzern sagt auf Anfrage der „Presse“, man halte sich an alle Gesetze und Bestimmung­en. Die Situation nach dem Putsch „ist auch für uns neu“.

Selbst harmlos wirkende Modernisie­rungen können zu Kritik führen. Zum Beispiel sollen die Personalau­sweise aller Burmesen digitalisi­ert werden. Experten fürchten, die Daten könnten eingesetzt werden, um Minderheit­en zu diskrimini­eren. Bislang wird auf Ausweisen die Ethnie vermerkt.

Laut der „Myanmar Times“wird das Projekt mit einem 33-Millionen-Euro-Darlehen aus Österreich umgesetzt. Den Grundstein dafür legten der Zeitung zufolge Gespräche der gerade abgesetzte­n burmesisch­en Regierungs­chefin, Aung San Suu Kyi, mit Bundeskanz­ler Sebastian Kurz.

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[ AFP/Getty Images ] General Min Aung Hlaing ist in Österreich kein gänzlich Unbekannte­r.

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