Wenn der General aus Burma zu Besuch kommt
Geschäfte mit Österreich. Vor dem Putsch verdienten Firmen aus Österreich in Burma mit Drohnen und Seilbahnen gutes Geld.
Wien. Min Aung Hlaing richtet den Blick nach oben. Dort hängt an einem Stahlseil ein grüner MiniHubschrauber von der Decke. Auf einem Tisch hinter ihm steht eine rot-weiß-rote Fahne, über ihm prangt das Logo von Advantage Austria, der Außenhandelssparte der österreichischen Wirtschaftskammer. Ein Verkäufer redet auf den Oberbefehlshaber Burmas (Myanmar) ein.
Es ist das Frühjahr 2018, als General Hlaing einen Messestand des österreichischen Drohnenherstellers Schiebel in Singapur besucht. Rund ein Jahr später sollte ein Foto der Visite im Nachrichtenmagazin „profil“auftauchen, dazu eine Menge Fragen. Denn in einer Propagandashow des Militärfernsehsenders von Burma waren Soldaten zu sehen, die Drohnen von Schiebel auf Militärschiffen landen ließen.
Mit dem Putsch am Montag stieg General Hlaing endgültig zum stärksten Mann in Burma auf.
International geächtet war er schon davor: Die USA haben ihn wegen seiner Rolle bei den Vertreibungen der Rohingya mit Sanktionen belegt. Weil er gegen die muslimische Minderheit hetzte, sperrte Facebook sein Konto. Auch Drohnenhersteller Schiebel distanzierte sich damals: Man könne nicht beeinflussen, wer auf einem Messestand vorbeischaue.
Die ferngesteuerten Mini-Hubschrauber habe man vor Jahren mit Erlaubnis des österreichischen Wirtschaftsministeriums an ein Unternehmen verkauft, das in Burma im Berg- und Straßenbau tätig sei. Wie sie in die Hände des Militärs gelangten, könne man sich nicht erklären. Das geltende EUEmbargo für Güter dieser Art habe man jedenfalls nicht verletzt.
Der Verkäufer von Schiebel ist jedenfalls nicht der einzige Österreicher, der General Hlaing schon einmal aus nächster Nähe in die Augen geschaut hat: Vor vier Jahren befand sich der heute 64-Jährige sogar persönlich in Wien – als Gast des Bundesheeres. Ein „Höflichkeitsbesuch“, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Die Delegation flanierte durch das Schloss Schönbrunn, dinierte in einem Ringhotel und begutachtete im niederösterreichischen Wiener Neustadt die Flugzeuge von Diamond Aircraft, die zur Pilotenausbildung beim Militär eingesetzt werden können.
Für westliche Regierungen und Unternehmen können Kontakte nach Burma nicht erst seit dem Putsch zu unangenehmen Fragen führen: Spätestens nach der Offensive gegen die Rohingya im Sommer 2017 sind die groben Menschenrechtsverletzungen in dem südostasiatischen Land der Weltöffentlichkeit bekannt.
Eine Seilbahn für die Mönche
Eine eigens gegründete UN-Mission bezeichnete die Vertreibungen sogar als „Genozid“und forderte, Geschäfte mit den Militärs des Landes zu verbieten. Dieses hat über Jahrzehnte hinweg ein oft undurchschaubares Netz an Firmen geschaffen, mit denen es viele lukrative Geschäftsfelder in Burma kontrolliert. NGOs wie Justice for Myanmar prangern schon länger einzelne Projekte westlicher Unternehmen im Land an.
Eines davon ist eine Seilbahn, die auf einen für Buddhisten heiligen Berg führt, den sogenannten Zwekabin. Errichtet wird sie von der österreichisch-schweizerischen Doppelmayr-GaraventaGruppe, dem Weltmarktführer im Seilbahnbau. Die Profite aus dem
Betrieb des touristischen Projektes dürften unter anderem buddhistischen Mönchen zugutekommen, die gegen Muslime hetzen. Beteiligt ist auch die umstrittene Miliz Karen Border Guard Force. UN-Ermittler kritisierten das Projekt öffentlich. Der Seilbahnkonzern sagt auf Anfrage der „Presse“, man halte sich an alle Gesetze und Bestimmungen. Die Situation nach dem Putsch „ist auch für uns neu“.
Selbst harmlos wirkende Modernisierungen können zu Kritik führen. Zum Beispiel sollen die Personalausweise aller Burmesen digitalisiert werden. Experten fürchten, die Daten könnten eingesetzt werden, um Minderheiten zu diskriminieren. Bislang wird auf Ausweisen die Ethnie vermerkt.
Laut der „Myanmar Times“wird das Projekt mit einem 33-Millionen-Euro-Darlehen aus Österreich umgesetzt. Den Grundstein dafür legten der Zeitung zufolge Gespräche der gerade abgesetzten burmesischen Regierungschefin, Aung San Suu Kyi, mit Bundeskanzler Sebastian Kurz.