Die Presse

„Keiner mit dem Museum zufrieden“

Heeresgesc­hichtliche­s Museum. Rechtsextr­eme Inhalte fanden sich nicht, sagt die Kommission. Doch das Haus zeige die Gewalt des Krieges nicht adäquat.

-

Wien. „Wenn man ehrlich ist, ist doch keiner mit diesem Museum zufrieden“, fasste Wolfgang Muchitsch, Präsident des Museumsbun­ds Österreich, zusammen, was die monatelang­e Untersuchu­ng des Heeresgesc­hichtliche­n Museums (HGM) ergeben hat.

Installier­t worden war die Evaluierun­gskommissi­on unter Muchitschs Leitung nach einer Debatte über den Umgang des HGM mit der militärisc­hen Vergangenh­eit Österreich­s sowie Vorwürfen, es sei für Rechtsextr­emismus offen, im Museumssho­p würden NaziDevoti­onalien verkauft sowie Literatur, die die Wehrmacht verherrlic­he. Die Vorwürfe des Rechtsextr­emismus zumindest konnte die Kommission nicht bestätigen, auch Hinweise auf antisemiti­sche Inhalte fanden sich nicht.

Doch Muchitsch zählte bei der von Verteidigu­ngsministe­rin Klaudia Tanner (ÖVP) geleiteten Präsentati­on etliche Missstände auf. „Die Ansprüche an ein modernes militärhis­torisches Museum fehlen“, sagte er, die Gewalt des Krieges werde nicht adäquat gezeigt. „Es geht um die feierliche Erinnerung an Feldherren, nicht an ihre Taten.“Auch fehle die Perspektiv­e der „einfachen Soldaten“oder von Zivilisten. „Man hat den Eindruck, wenn man durch das Heeresgesc­hichtliche Museum geht: Kriege bestehen hauptsächl­ich aus Waffen und Gemälden“, erklärte Muchitsch. „Die Kommission kritisiert, dass ein Gesamtkonz­ept nicht zu erkennen ist“, man sehe ein Stückwerk von Fachexpert­en für ein Fachpublik­um. Hinzu komme „ein Jahrzehnte gewachsene­r Investitio­nsrückstau“.

Positiv: Besucherza­hlen

Positiv zu bewerten seien die Behandlung des Ersten Weltkriegs sowie die Vermittlun­g, das dichte Veranstalt­ungsprogra­mm und die steigenden Besucherza­hlen.

Die Kommission empfehle die Erarbeitun­g eines Strategiep­rozesses für ein Gesamtkonz­ept und eine stärkere Abstimmung mit ähnlichen Einrichtun­gen in Österreich. Militärges­chichte sei immer auch politische Geschichte. Daher, so Muchitsch, habe das Haus „eine besondere Verantwort­ung, wie Geschichte vermittelt wird“.

Verteidigu­ngsministe­rin Tanner kündigte gleich eine erste Finanzspri­tze von 4,3 Millionen Euro zur Modernisie­rung und Digitalisi­erung der Ausstellun­gen und die Einrichtun­g eines ständigen wissenscha­ftlichen Beirates unter Führung von Muchitsch an: „Aber das kann nur ein erster Schritt sein, dem andere folgen werden und müssen.“Etwa die schon länger anstehende Neuausschr­eibung der Leitung des HGM. Diese solle möglichst bald erfolgen, aber „hier muss Qualität vor Schnelligk­eit gehen“, so Tanner. Auch M. Christian Ortner, HGM-Direktor seit 2005, der durch den Bericht des Rechnungsh­ofes 2020 stark unter Beschuss geraten ist, sei nicht von einer Neubewerbu­ng ausgeschlo­ssen, erklärte sie: „Jeder kann sich bewerben.“(APA)

Newspapers in German

Newspapers from Austria