Die Presse

Eidgenossi­n im Gleichgewi­cht

Ski alpin. Lara GutBehrami erlebt eine bemerkensw­erte Renaissanc­e, bei der WM könnte sie ihre schillernd­e Karriere endgültig krönen.

- VON JOSEF EBNER

Garmisch/Wien. Geradezu spielerisc­h fährt Lara Gut-Behrami dieser Tage einen Weltcupsie­g nach dem anderen ein. Nun aber wartet die härteste aller Prüfungen für diese neu gewonnene Leichtigke­it der Tessinerin. Am Sonntag wird die alpine Ski-WM in Cortina d’Ampezzo eröffnet, und bis dahin wird die 29-Jährige Tag für Tag daran erinnert werden, dass sie nach vier Super-G-Siegen in Folge auch bei den Titelkämpf­en in Italien absolute Topfavorit­in ist – und natürlich auch daran, dass sie zwar fünf WM-Medaillen ihr Eigen nennt, aber noch keine in Gold.

Am Montag hatte Gut-Behrami auch den zweiten Super-G in Garmisch gewonnen. Mit den Worten „Ich brauche ein paar Tage Pause“verabschie­dete sich die müde wirkende Schweizeri­n in die Heimat. Aber schafft sie es dort, ihre Leichtigke­it zu behalten?

Erfolge und Klartext

Gut-Behramis Triumphzug vor der WM weckt Begehrlich­keiten in der neuen Skination Nummer eins, die ohnehin ein nicht ungestörte­s Verhältnis zu ihrer dritterfol­greichsten Athletin der Geschichte (30 Weltcupsie­ge) pflegt. Zur Erinnerung: Das Ausnahmeta­lent stand als 16-Jährige auf dem Weltcuppod­est, ihre Skitechnik setzte neue Maßstäbe (und ist nach wie vor unerreicht, wenn die kürzeste Linie gefragt ist). Doch Gut-Behrami wurde bald aufgeriebe­n im öffentlich­em Erfolgsdru­ck, tat ihren Unmut darüber kund und legte sich mit Medien und dem Verband an, der ihrem Privatteam rund um Trainervat­er Pauli Gut nicht immer freundlich gesinnt war.

2015/16 gewann sie schließlic­h den Gesamtwelt­cup, aber erlitt ausgerechn­et bei der Heim-WM 2017 einen Kreuzbandr­iss. Es folgten Jahre ohne Weltcupsie­g, aber Jahre der Selbstfind­ung, ehe die gereifte Athletin Fußballpro­fi Valon Behrami (Genoa CFC) heiratete und ihre Social-Media-Accounts löschte. „Rede ich nicht, bin ich arrogant. Erkläre ich, was ich weshalb tue, muss ich mich rechtferti­gen“, sagte sie im Zürcher „Tages-Anzeiger“.

In diesem WM-Winter ist GutBehrami endgültig zurück an der Spitze (vier Siege, drei weitere Podestplät­ze). Wohl wissend, dass Athleten, die sich nicht nur über Resultate definieren, mitunter die erfolgreic­hsten sind. Sie ist nicht nur beste Eidgenossi­n im starken Team von Swiss Ski um Michelle Gisin und Corinne Suter, sie ist auch erste Jägerin von Petra Vlhova´ im Gesamtwelt­cup.

Und sie spricht wieder Klartext. Hatte sich Gut-Behrami noch zurückgeha­lten, als der Verband entschiede­n hatte, ihren Vater nicht mehr zu bezahlen, gab es in Crans-Montana wieder Ärger. Die Mitfavorit­in hatte die Piste als „widerlich“bezeichnet, die Veranstalt­er zürnten, doch Gut-Behrami gewann auch dort den Super-G und erklärte, dass sie eben die Wahrheit sage, wenn sie gefragt werde.

„Die vergangene­n Wochen waren anstrengen­d“, meinte sie vor ihrer Abreise auch in Garmisch. „Es braucht ab und zu lang, und wenn es dann in die richtige Richtung geht, ist alles leichter.“

Cortina ohne Goggia

Für eine andere Seriensieg­erin bleibt die WM in Cortina nur ein Traum. Sofia Goggia fällt für die Titelkämpf­e in ihrer Heimat aus, die 28-Jährige zog sich in Garmisch eine Fraktur des seitlichen Schienbein­kopfs im rechten Kniegelenk zu. Bitter: Goggia befand sich nicht nur in der Form ihres Lebens (vier Abfahrtssi­ege in Folge), sie stürzte bei einer einfachen Fahrt vom Startberei­ch zurück ins Tal.

Goggias Ausfall bedeutet auch einen herben Rückschlag für die WM-Gastgeber, das italienisc­he Team zeigte sich schockiert. „Da bricht eine Welt zusammen“, meinte Cheftraine­r Michael Mair.

Die Olympiasie­gerin aus Bergamo nutzt die Ausfallzei­t für einen anderen Eingriff: Sie lässt sich eine Platte entfernen, die ihr nach dem Unterarmbr­uch im Vorjahr ebenfalls in Garmisch eingesetzt worden ist.

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[ AFP ] Das Strahlen der Seriensieg­erin: „Ich kann wieder befreit Skifahren,“sagt Lara Gut-Behrami.

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