Jahr der Entscheidung für Banken
Ausblick. Österreichs Kreditinstitute sind bisher gut durch die Krise gekommen. Doch 2021 steht der Lackmustest bevor.
Wien. Mittlerweile dürfte den größten Optimisten bewusst geworden sein, dass Corona auch das Jahr 2021 dominieren wird. Im Schatten der Pandemie werden heuer vier Faktoren die österreichische Bankbranche prägen.
Insolvenzen
Das größte Risiko für die Bankbranche 2021 ist dasselbe wie für die gesamte Wirtschaft: Unternehmenspleiten. 2020 waren die Firmeninsolvenzen um 40 Prozent niedriger als im Jahr zuvor, obwohl die Wirtschaftsleistung um rund rund sieben Prozent niedriger war. Die Corona-Staatshilfen haben viele Unternehmen vor der Pleite bewahrt – auch solche, die ohnehin konkursreif wären. Die Unterstützungen werden heuer nacheinander auslaufen, viele Betriebe werden zusperren müssen und ihre Kredite nicht mehr bedienen können. Auf diesen Ausfällen bleiben Banken sitzen. Sie treffen zwar Risikovorsorgen, aber ob diese ausreichen, ist schwer abschätzbar.
Schon zu Beginn dieser Krise schätzte die US-Ratingagentur S&P, dass sich Kreditausfälle in Europa verdreifachen könnten – das ist bis heute ein realistisches Szenario. „2020 sind die Banken gut durchgekommen, aber ab 2021 wird man die Kreditausfälle spüren“, sagt Dominik Damm, Berater von Deloitte.
Doch die Ausgangslage ist in Österreich gut: Ende 2019 lag die Quote notleidender Kredite bei 2,2 Prozent. Eine Verdreifachung wäre zwar heftig, aber verkraftbar.
Zudem haben österreichische Banken bis zum Halbjahr 2020 laut einer Studie der Berater Bearingpoint um 373 Prozent höhere Risikovorsorgen getroffen als im Vorjahreszeitraum. Gleichzeitig hält Bearingpoint fest, dass sich das volle Ausmaß der Krise noch nicht in den Bilanzen der Banken niedergeschlagen hat – und es heuer zu Nachholeffekten kommen wird. Die Probleme in der Realwirtschaft würden sich verschärfen und die Profitabilität der Banken belasten, sagt Thomas Steiner von Bearingpoint. Entscheidend sei nun das Risikomanagement der Kreditinstitute, so der Berater: „Banken, die bei Risikovorsorgen konservativ waren, stehen heute besser da als jene, die ihre Bilanz mit weniger Vorsorgen aufbessern wollten.“
Einsparungen
Kosten zu sparen, ist für Banken zwar nichts Neues, aber mittlerweile ist es einer der letzten Hebel, um die Ergebnisse zu verbessern. Wegen der EZB-Niedrigzinspolitik sind die Margen im Zinsgeschäft niedriger als je zuvor. Auch im Provisionsgeschäft ist es schwierig, Preise zu erhöhen, weil der ohnedies hohe Wettbewerb durch neue Teilnehmer weiter verstärkt wird. Es bleibt vielen also nur noch: Prozesse optimieren, Filialen schließen und Mitarbeiter abbauen.
Das sei der falsche Weg, so Steiner: „Kostensparen ist notwendig, aber man kann sich nicht gesund sparen.“Vor allem bei Banken, die bereits hohe Kosten hätten, wirken Einsparungen kontraproduktiv, weil kein Geld mehr für Investitionen übrig bliebe. „Sie kommen in einen Teufelskreis“, so Steiner. Die Lösung: Banken müssen sich deutlich radikaler erneuern und größeres Risiko nehmen.
Österreichs Banken liegen zwar beim Aufwand-Ertrag-Verhältnis im europäischen Durchschnitt, es hat sich aber in den vergangenen zwei Jahren verschlechtert, hat Bearingpoint berechnet. Deutsche und italienische Institute schneiden schlechter ab, britische und skandinavische sind effizienter.
Regulatorik
Es gehört zum guten Ton, sich als Banker über die „überbordende“Regulierung zu beschweren. Jedoch war hier zuletzt wenig zu hören. Das mag daran liegen, dass die Bankenaufseher letztlich recht behalten haben: Seit der Finanzkrise konnten österreichische Banken ihre Eigenmittel mehr als verdoppeln. Das macht sie in dieser Krise widerstandsfähiger. Zudem haben ihnen die Aufseher Erleichterungen gewährt. Die strenge Empfehlung, keine Dividenden auszuschütten, wurde mit Jahresbeginn gelockert. Sogar das unbeliebte Basel-IV-Regelwerk, das vor allem für einige österreichische Banken teuer geworden wäre, wurde vorerst auf 2023 verschoben.
Dafür kommen heuer strengere Kriterien bei der Kreditvergabe. Zur Jahresmitte tritt eine Leitlinie der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) in Kraft, die Banken Aufwand bereiten wird. „Darin steht beispielsweise, wie man Kredite vergeben, beobachten, bepreisen kann und die Bonität der Kunden bewertet“, sagt Damm. Zudem findet 2021 wieder der EU-weite Banken-Stresstest statt.
Digitalisierung
Die Digitalisierung wird die Banken auch 2021 prägen. Der Umstieg auf Home-Office hat in der Branche gut geklappt, innerhalb weniger Tage war ein Großteil der Banker von zu Hause aus tätig. Diese Erfahrung hätte zu einem Umdenken geführt, sagt Damm: „Die datentechnische und personalbezogene Resilienzen werden wichtiger. Interne Kontrollsysteme, aber auch Arbeitsmodelle wären zu überarbeiten“, sagt Damm. Auch kundenseitig wird es Neuerungen geben: Laut der neuesten Deloitte-Umfrage wollen die Hälfte der befragten Banker Live-Interaktionen mit Beratern über den Bankomaten einführen und mit künstlicher Intelligenz ausgestattete Roboter im Eingangsbereich von Filialen platzieren.