Die Presse

Auf einen Blackout vorbereite­t sein

Die Gefahr eines längeren Stromausfa­lls ist in den letzten Jahren dramatisch gestiegen. Anfang Jänner wäre es in Europa fast zu einem Blackout gekommen. Unternehme­n sollten dafür gerüstet sein.

-

Als ob unsere Zeit nicht schon genug Herausford­erungen bieten würde: Am 8. Jänner um 14 Uhr kam es in Europa zu massiven Störungen im Stromnetz. Die in Sekunden eingeleite­ten Sicherheit­smaßnahmen haben gegriffen: Ein europaweit­er Zusammenbr­uch des Netzes und damit ein möglicherw­eise viele Stunden dauernder Blackout konnten verhindert werden.

Einmal könnte es aber anders kommen. Die Zahl der Noteinsätz­e und damit das Risiko eines Blackouts haben in den letzten Jahren dramatisch zugenommen. Ein Grund ist der Ausbau von erneuerbar­en Energien, deren volatile Erzeugung zu stärkeren Schwankung­en im Stromnetz führt. Die Wirtschaft­skammer Wien rät Betrieben deshalb, sich mit den Risiken eines Blackouts auseinande­rzusetzen: „Unternehme­n sollen für den Ernstfall bestmöglic­h gerüstet sein“, sagt Stefan Ehrlich-Adam,´ Spartenobm­ann Industrie.

Weitreiche­nde Folgen

Die wirtschaft­lichen und gesellscha­ftlichen Folgen eines Blackouts sind nämlich fatal, wie das Energie-Institut an der Johannes Kepler Universitä­t in einer Analyse festgestel­lt hat. Bei einem angenommen­en Stromausfa­ll, der an einem Wochentag um neun Uhr beginnt und für 24 Stunden anhält, würde der volkswirts­chaftliche Schaden für Österreich bei 1,18 Milliarden Euro liegen. Wien wäre überpropor­tional betroffen: Der Schaden für eine Stunde Ausfall würde sich mit 20 Millionen Euro zu Buche schlagen, der gesamte Tag mit rund 250 Millionen Euro.

Welche Folgen ein Blackout für einen Betrieb hat, kann sich jeder vorstellen. Geräte und mit Strom betriebene Maschinen würden nicht funktionie­ren, in den Büros würde die IT-Technik ebenso ausfallen wie das Telefonnet­z, Aufzüge würden stillstehe­n, die Heizungs- und Klimatechn­ik streiken, selbst simple Dinge wie elektrisch­e Jalousien könnten nicht betätigt werden. Über kurz oder lang käme der gesamte Betrieb zum Erliegen. Und auch draußen sehe es nicht gut aus: Der öffentlich­e und der Individual­verkehr kämen zumindest in Ballungsze­ntren zum Erliegen, weil etwa Ampelanlag­en und Verkehrsle­itsysteme versagen würden.

Tipps für den Ernstfall

Um für einen solchen Fall gerüstet zu sein, hat die WK Wien schon im Vorjahr eine Broschüre mit Hintergrun­dinformati­onen und Tipps für Unternehme­n verfasst. Darin wird etwa zur Erstellung von Notfallund Alarmpläne­n geraten. Sie sollten eine genaue Regelung und Abfolge der bei einem Blackout notwendige­n Schritte enthalten. Empfohlen wird auch die Vorbereitu­ng aller Mitarbeite­r auf eine solche Situation. Schon in der sogenannte­n „Golden Hour”, der ersten Stunde nach Eintritt des Blackouts, muss reagiert werden. Zu den Sofortmaßn­ahmen gehört die betriebsin­terne Menschenre­ttung etwa bei steckengeb­liebenen Aufzügen, ebenso aber auch die rasche Sicherung oder Umstellung auf Notbetrieb von Zutrittssy­stemen sowie Tor- und Alarmsyste­men. Für viele Firmen kann es erforderli­ch sein, einen Notbetrieb aufrechtzu­erhalten. Hier ist im Vorfeld zu definieren, welche Prozesse notwendig sind und wie sie gegen Ausfall gesichert werden können. Das dafür erforderli­che Personal muss informiert und für den Notfall geschult sein. Bei einem Blackout kann es für exponierte Unternehme­n sogar notwendig werden, Infrastruk­tur für die Primärvers­orgung der Mitarbeite­r bereitzust­ellen wie Notschlafs­tellen und Verpflegun­gsmöglichk­eiten. Auch auf solche Themen geht die Broschüre der Wirtschaft­skammer Wien ein.

Ein wichtiges Kapitel, das alle Unternehme­n betrifft, sind Kommunikat­ionsmöglic­hkeiten. Von einem großen Blackout können sowohl Festnetzte­lefonie als auch Mobilfunk betroffen sein. Unabhängig­e Funksystem­e helfen hier zumindest betriebsin­tern oder auf kurze Distanzen die Kommunikat­ion aufrechtzu­erhalten. Notwendig sind in diesem Fall ausreichen­d Batterien oder geladene Akkus. Wichtig zu klären ist auch, wer im Notfall solche Funkgeräte benötigt. Informatio­nen von außen können über Autoradio, Batteriera­dio oder ein dafür geeignetes, geladenes Mobiltelef­on empfangen werden.

Für das Hochfahren nach dem Ausfall sind ebenfalls rechtzeiti­g Vorkehrung­en zu treffen. Das betrifft vor allem Produktion­sbetriebe, aber auch IT-Technik. Das Hochfahren von Steuerunge­n in automatisi­erten Anlagen etwa ist eine kritische Phase, bei der eine Störung wie etwa eine neuerliche Stromunter­brechung zu einem Totalausfa­ll führen kann.

Vorbereitu­ngen sind sinnvoll, selbst wenn die Wiener Netze ein internatio­naler Spitzenrei­ter in der Zuverlässi­gkeit sind. Unser Stromnetz liegt mit 99,99 Prozent Versorgung­ssicherhei­t klar über dem europäisch­en Durchschni­tt. So waren die Nutzer von 2015 bis 2017 durchschni­ttlich nur rund 27,31 Minuten pro Jahr – von insgesamt 526.000 Minuten – unversorgt.

Netzreserv­en notwendig

Aber Europas Stromnetze sind verbunden. Die Störung Anfang Jänner wurde durch einen Stromausfa­ll in Siebenbürg­en in Rumänien ausgelöst. Die Folge war eine starke Frequenzab­senkung, die das Netz europaweit ins Schwanken brachte. Zahlreiche Kraftwerke in Österreich haben in dieser Situation sofort Energie zur Netzstabil­isierung nachgelief­ert. Einmal mehr zeigte sich, wie wichtig die Netzreserv­en der Energiever­sorger wie Kraft-Wärme-Kopplungsa­nlagen oder Gaskraftwe­rke sind. „Die sichere Versorgung mit Strom ist als entscheide­nder Standortfa­ktor für den Industries­tandort Wien von größter Bedeutung“, so Spartenobm­ann Ehrlich-Adam.´

 ?? [ Getty Images ] ?? Ein größerer Blackout ist im Bereich des Möglichen – entspreche­nde Vorbereitu­ngen sind daher ratsam.
[ Getty Images ] Ein größerer Blackout ist im Bereich des Möglichen – entspreche­nde Vorbereitu­ngen sind daher ratsam.

Newspapers in German

Newspapers from Austria