Jetzt stürzen sich alle auf Silber
Edelmetalle. Nachdem sie die Aktienkurse von GameStop, AMC und Co. nach oben gedrückt haben, wenden sich aktivistische Anleger nun dem Silberpreis zu. Der ist aber ein harter Knochen.
Wien. Den Kurs eines angeschlagenen Videospielehändlers in die Höhe zu treiben und ein paar Hedgefonds zur Verzweiflung zu bringen, die auf fallende Kurse gewettet hatten – das war einigen Anlegern, die sich im Reddit-Forum WallStreetBets trafen, nicht genug. Sie riefen zu einem größeren Coup auf: Man wolle den Silberpreis hochtreiben und die Banken ins Wanken bringen, die auf fallende Preise gesetzt hatten.
Tatsächlich stieg der Silberpreis binnen weniger Tage um mehr als ein Viertel an. Am Montag erreichte er mit über 30 Dollar pro Feinunze (31,1 Gramm) ein Acht-Jahres-Hoch. Die Anleger investierten in ETFs (Fonds, die mit physischem Silber unterlegt sind) sowie Aktien von Bergbaufirmen, legten sich aber auch Münzen und Barren zu. Auch relativ zu Gold hat sich Silber verteuert: Kostete im Vorjahr eine Unze Gold zeitweise 120 Unzen Silber, waren es zuletzt nur noch 63.
Physischer Markt hinkt nach
Bereits am Freitag waren die Bestände der Silber-ETFs weltweit auf ein Rekordhoch von 28.382 Tonnen gestiegen. Die Aktienkurse von Minenbetreibern wie Fortuna Silver, Pan American Silver oder
Fresnillo schossen ebenfalls in die Höhe. Beim Edelmetallhändler Philoro verzeichnet man ein um 40 Prozent höheres Bestellvolumen im Onlineshop als in den stärksten Zeiten im Jahr 2020. Größere Barren (etwa fünf Kilo) könnten bald nur schwer lieferbar sein.
Der Hpye könne noch eine Weile anhalten, meint Eugen Weinberg, Head of Commodity Research bei der Commerzbank. Vor zehn Jahren sei ein ähnlicher Anstieg erfolgt, der sich über mehrere Monate hingezogen habe. Der Silberpreis verdreifachte sich auf 50 Dollar, bevor er wieder einbrach. Das Problem bei Silber sei der behäbige physische Markt. Wenn jemand Geld in Silber-ETFs stecke, müssten sich diese physisch eindecken. Wenn gerade nicht genug Barren verfügbar sind, kann der Preis zwischenzeitlich sehr stark anziehen.
Einen Short Squeeze wie bei der GameStop-Aktie werde es aber kaum geben, meint Weinberg. Bei GameStop haben Händler mehr Aktien leerverkauft, als es überhaupt gibt. Diese Aktien haben sie sich ausgeliehen und müssen sie nun zurückgeben, was zu Preissprüngen führt. Bei Silber hingegen übersteige die Zahl der Wetten auf steigende Kurse die derer auf fallende Kurse um 43.000 Kontrakte (zu je 5000 Unzen). Auch handle es sich bei den Akteuren, die Silber shorten, kaum um Hedgefonds, sondern vielmehr um Silberhändler oder Industriefirmen, die sich absichern wollten.
Dass die Silberspekulation das Finanzsystem in Wanken bringen könnte, glaubt Weinberg daher nicht. Eher umgekehrt: Die Liquiditätsschwemme mit viel zu billigem Geld führe dazu, dass sich immer wieder solche Blasen bei Silber oder bestimmten Aktien bilden. Das Image des Marktes könnte unter solchen Spekulationen leiden. Umgekehrt würden viele Anleger jetzt auf Silber als Anlagemetall aufmerksam. Künftig könnte der Preis von Silber (ähnlich wie bei Gold) viel stärker von der Anleger- als von der Industrienachfrage bestimmt werden.
Anleger: „Ablenkungsmanöver“
Die Reddit-Community ist indes von der Idee, den Silberpreis hochzutreiben, nicht restlos begeistert. Die Aktion wäre nur ein Ablenkungsmanöver zugunsten der Hedgefonds, mutmaßen manche. Anleger sollten so dazu gebracht werden, ihr Geld von der GameStop-Aktie zu Silber umzuschichten, damit die Hedgefonds ihre Short-Positionen einfacher auflösen können, heißt es auf Reddit.