Kommt eine Sperre für Tirol?
Corona. Die südafrikanische Mutante und neu entdeckte Sub-Varianten rücken Tirol in den Fokus. Das Gesundheitsministerium diskutiert derzeit mit dem Land Maßnahmen zur Eingrenzung.
Im Gesundheitsministerium werden Reisebeschränkungen diskutiert.
Wien. Sollte man Reisen von und nach Tirol einschränken? Ja, sagte Prognoseforscher Peter Klimek vom Complexity Science Hub Vienna zuletzt in der „Presse“. Ja, sagte auch die Tiroler Virologin Dorothee von Laer von der Medizinischen Universität Innsbruck im „Standard“.
Der Grund: Tirol gilt inzwischen als europäischer Hotspot der südafrikanischen Mutante des Coronavirus. Diese ist nicht nur ansteckender, sondern könnte auch zu Re-Infektionen führen bzw. könnte die Impfung nicht so gut gegen sie wirken.
Dazu kommen weitere beunruhigende Neuigkeiten: Laut von Laer sind zumindest zwei bis drei eigenständige Tiroler Mutationen der südafrikanischen Variante aufgetreten. Welche Eigenschaften diese haben, weiß man aber noch nicht.
Auch im Gesundheitsministerium ist man besorgt und schließt Reisebeschränkungen nicht aus: „Derzeit werden die Verdachtsproben aus Tirol endausgewertet. Sobald diese Ergebnisse vorliegen, werden wir mit dem Land Tirol auf Basis dieser Ergebnisse sofort das Gespräch über weitere notwendige Maßnahmen zur Eingrenzung führen. Eine möglichst breite Testung in der betroffenen Region ist der erste Schritt dazu“, heißt es auf Nachfrage. Binnen 48 Stunden werde man mehr wissen.
Italien als Vorbild?
Mutanten sind das eine, hohe Fallzahlen das andere: Experten wie Klimek wären auch für InlandsReisebeschränkungen zwischen Regionen mit hoher und niedriger Inzidenz. Die Regierung war bisher immer dagegen. Dafür sei das Land zu klein. Künftig will man aber ab einer Fallzahl von 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner pro Woche reagieren.
Was das genau heißt, bleibt aber offen: „Wir haben mit den Bundesländern ein Sicherungsnetz akkordiert, dass es im Fall deutlich steigender Zahlen in einem Bundesland zumindest ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 200 sofort Gespräche über umfassende Gegenmaßnahmen geben muss. Spätestens ab 250 sollen dann weitgehende Maßnahmen gesetzt werden“, heißt es aus dem Büro von Rudolf Anschober.
Andere Länder schränken die Mobilität innerhalb des Landes seit Beginn der Pandemie stark ein. Zum Beispiel Italien: Nach wie vor kann sich die Bevölkerung dort nicht frei von Region zu Region bewegen. Derzeit orientiert sich die Mobilität strikt an der Ampelschaltung: In Regionen, die rot leuchten, gelten strenge Ausgangsbeschränkungen (mit weniger Ausnahmen als in Österreich). Ist die Region orange gefärbt, darf man sich innerhalb der eigenen Gemeinde bewegen. Bei Gelb ist der Bewegungsradius auf die gesamte Region ausgeweitet.
Streng an der Staatsgrenze
Die österreichische Regierung ist hingegen vor allem streng und jetzt noch strenger, was die Einreisen aus dem Ausland betrifft. Schon im Dezember des Vorjahres, konkret ab dem 19. 12., sollten alle Einreisenden (mit einigen Ausnahmen) aus Risikogebieten für zehn Tage in Quarantäne. Erst am fünften Tag sollten sie sich „freitesten“können.
Die Definition dieser Risikogebiete fiel sehr eng aus: Alle Staaten mit einer 14-Tage-Inzidenz von mehr als 100 fielen in die Kategorie. Das waren zum Beispiel alle Nachbarstaaten Österreichs.
Ab kommender Woche gelten nun noch mehr Regeln für die Einreise. Bis auf Menschen, die wegen eines familiären Notfalls nach Österreich kommen, müssen alle Einreisenden online das sogenannte Pre-Travel-Clearance-Formular ausfüllen. Auch Pendler – das ist neu – müssen sich registrieren und einmal in der Woche einen Test vorweisen. Er kann bis zu sieben Tage alt sein. Alle anderen (bis auf Berufsreisende) müssen zusätzlich für zehn Tage in Quarantäne, der Test darf außerdem nicht länger als 48 Stunden her sein. Das „Freitesten“ist allerdings auch weiterhin möglich, wurde der „Presse“im Gesundheitsressort bestätigt. Davor hatte es in diesem Punkt noch Verunsicherung gegeben.
Länder, die von diesen Regeln ausgenommen sind, werden in der Verordnung explizit erwähnt: Australien, Finnland, Griechenland, Island, Japan, Neuseeland, Norwegen, Singapur, Südkorea und der Vatikan. Aber in anderen Staaten, etwa in Deutschland, gab es Ende Jänner eine Sieben-Tage-Inzidenz unter 100. Kündigt sich für die Grenzübertritte aus diesem Land also eine Lockerung an?
Was zur Reisewarnung gehört
Wohl eher nicht – zumindest klingt eine Auskunft aus dem Außenministerium nicht danach. Denn ob eine Reisewarnung in Bezug auf die Coronalage ausgesprochen wird, hängt doch nicht allein von der genannten 14-Tage-Inzidenz unter 100 ab.
Zusätzlich zu den epidemiologischen Entwicklungen (wie auch Mutanten) berücksichtige man „Einschränkungen des Reiseverkehrs und der Bewegungsfreiheit“, wie etwa Ausgangssperren und die Maskenpflicht. Auch die medizinische Versorgungslage (Testkapazitäten, Auslastung der Intensivstationen, Verfügbarkeit von Beatmungsgeräten) spielt eine Rolle.