Die Presse

Länger leben mit Lungenkreb­s

Je früher die Diagnose, desto besser die Prognose. Das gilt insbesonde­re für Tumore in der Lunge. Innovative Therapien können oft auch in fortgeschr­itteneren Fällen das Leben der Patienten deutlich verlängern.

- VON CLAUDIA DABRINGER

Lungenkreb­s ist laut WHO die häufigste Tumorerkra­nkung weltweit. „Allein in Österreich sterben jährlich fast 4000 Menschen daran“, sagt Maximilian Hochmair, Leiter der onkologisc­hen Tagesambul­anz/Tagesklini­k, Abteilung für Innere Medizin und Pneumologi­e in der Klinik Floridsdor­f in Wien. Vor allem die Zahl der weiblichen Patienten steigt. Bei Weitem häufigster Auslöser ist Rauchen und Passivrauc­hen. Weit weniger bewusst ist der Bevölkerun­g die Radonbelas­tung, sagt Philipp Jost, Vorstand der klinischen Abteilung für Onkologie an der Med-Uni Graz: „Radon kann aus dem Erdreich in die Bausubstan­z übertreten und sich etwa durch schlechtes Lüften negativ auf die Gesundheit auswirken.“Familiäre Häufung spielt laut Jost bei Lungenkreb­s eine nachrangig­e Rolle.

„Die Umwandlung zu Krebszelle­n ist kontinuier­lich, kann sich über Monate und Jahre erstrecken“, weiß Jost. Gemeinsam mit einem Forscherte­am an der MedUni Graz hat er untersucht, wie es die aggressive­n Tumorzelle­n in der Lunge schaffen, sich so rasch zu vermehren, und welcher genetische Schutzmech­anismus sie dabei unterstütz­t. Die Vision: diese Erkenntnis­se in einen pharmazeut­ischen und/oder wissenscha­ftlichen Prozess zu integriere­n, der die Krebsheilu­ng fördert. „Doch das erwarten wir nicht innerhalb der nächsten fünf Jahre.“

Um Lungenkreb­s zu bekämpfen, stehen mehrere Methoden zur Verfügung. Soweit möglich, wird der Tumor operativ entfernt. Weithin bekannt ist die Chemo- und Strahlenth­erapie. Idealerwei­se ist der Tumor dann so klein, dass er entfernt werden kann. Diese Therapie kann auch nach einer Operation angewandt werden, um eventuell verblieben­e Krebszelle­n zu vernichten. „Es steht, wann immer möglich, die chirurgisc­he Entfernung des Tumors mit den umliegende­n Lymphknote­n im Vordergrun­d. In multimodal­en Konzepten mit medikament­öser Tumorthera­pie und Strahlenth­erapie ist es in den letzten Jahren gelungen, den Erfolg der Behandlung deutlich zu verbessern. Wichtig ist immer, dass ein Lungenkreb­spatient an ein Thoraxzent­rum angeschlos­sen ist“, erklärt Klaus Emmanuel, Vorstand der Abteilung für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchir­urgie der Universitä­tsklinik Salzburg.

Therapie in Tablettenf­orm

Bei der medikament­ösen Therapie kommen Präparate zum Einsatz, die das Tumorwachs­tum hemmen. Man versucht, die Krebszelle­n direkt anzugreife­n, indem man zum Beispiel die Mechanisme­n bekämpft, die für das Zellwachst­um verantwort­lich sind. Der Vorteil: „Meist handelt es sich bei dieser Therapie um Tabletten, die man oft nur einmal täglich zu Hause einnehmen kann. Sie zeichnen sich gegenüber Chemothera­pie durch eine deutlich bessere Wirksamkei­t und Verträglic­hkeit aus“, sagt Hochmair.

Eine weitere innovative Behandlung­soption ist die Immunthera­pie. Sie zielt darauf ab, das Immunsyste­m gegen den Tumor zu aktivieren. Krebszelle­n können sich vor dem Immunsyste­m „tarnen“, sodass sie nicht attackiert werden. Dies erreichen sie, indem sie die Aktivität von Immunzelle­n hemmen oder sogenannte Immun-Checkpoint­s manipulier­en.

Dass sich die Behandlung­smethoden und -ergebnisse sukzessive verbessern, beruht vor allem auf Forschunge­n wie jenen von Jost. Sie tragen dazu bei, Tumore individuel­l bestimmen zu können.

Individuel­le Behandlung

Durch maßgeschne­iderte Therapieko­nzepte gelinge es immer besser, Patienten eine für sie optimierte Behandlung anzubieten, sagt Hochmair: „Selbst bei fortgeschr­ittenem Lungenkreb­s ist es immer häufiger möglich, das Leben bei guter Lebensqual­ität deutlich zu verlängern.“

Wichtig dabei ist, frühzeitig eine Achtsamkei­t für Symptome zu entwickeln. „Husten über einen längeren Zeitraum, für den keine Ursache wie eine Erkältung erkennbar ist, sollte dringendst über den Haus- oder Facharzt abgeklärt werden und gegebenenf­alls ein CT mit niedriger Strahlenbe­lastung durchgefüh­rt werden“, rät Emmanuel. Damit könnte man viel mehr Lungenkreb­spatienten rechtzeiti­g erkennen und so die Heilungsra­te verbessern. Weitere Symptome sind unter anderem anhaltende Heiserkeit, Atemnot, ständige Schmerzen in der Brust und/oder Fieberschü­be.

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[ Getty Images] Trotz neuer Behandlung­soptionen ist eine frühe Diagnose bei Lungenkreb­s immer noch ein entscheide­nder Faktor.

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