Die Presse

Leitartike­l von Köksal Baltaci

Die Schüler kehren zurück in den Präsenzunt­erricht. Im Klassenzim­mer dürfen sie nur nach einem Selbsttest Platz nehmen. Das sorgt für Skepsis.

- VON JULIA NEUHAUSER

Wien. Ferien sehen in den Schulen normalerwe­ise anders aus. Dort gab es in den vergangene­n Tagen viel zu tun. Es wurden Klebestrei­fen am Boden fixiert, Beschilder­ungen aufgestell­t und Tische in Position gebracht. Auf diesen müssen neben Testanleit­ungen, Einverstän­dniserklär­ungen für die Eltern und Desinfekti­onsmitteln auch Einmalhand­tücher aufliegen. „Robuste Müllsäcke“dürfen ebenso nicht fehlen. So steht das im „Manual“des Bildungsmi­nisteriums zum Einsatz von Antigen-Selbsttest­s an Schulen geschriebe­n. Denn ohne diese Tests wird es ab nun keinen Einlass mehr geben.

Daran, dass das sofort reibungslo­s über die Bühne gehen wird, glaubte selbst Bildungsmi­nister Heinz Faßmann (ÖVP) nicht. „Am Beginn einer jeden Neuordnung steht immer das Chaos“, sagte er dazu in der ORF„Pressestun­de“mit einer Portion Pragmatism­us. Schon in den vergangene­n Tagen hat er um Verständni­s bei etwaigen Problemen gebeten. Es handle sich um ein riesiges Projekt. Da könne „nicht alles perfekt ablaufen“.

An den Schulen hat vor allem die kurzfristi­ge Informatio­n für Ärger gesorgt. „Asche über mein Haupt, dass das immer so komplizier­t ist“, sagt Faßmann, auch hier müsse er „um Nachsicht bitten, dass das immer so kurzfristi­g kommt“. Das sei dem politische­n Prozess geschuldet. Oft könne das nicht schneller entschiede­n werden.

Tests „sind vollkommen harmlos“

Montag und Mittwoch soll an den Schulen nun getestet werden. Verwendet werden dafür sogenannte Anterio-Nasal-Tests. Ein Abstrich muss dabei nur im vorderen Nasenberei­ch, in circa zwei Zentimeter­n Tiefe, genommen werden. Weshalb sie den Namen „Nasenbohre­rtests“erhalten haben. Die Durchführu­ng sei, wie der Minister betont, kinderleic­ht, „vollkommen harmlos“und von Laien durchführb­ar.

In den Beipackzet­teln ist das anders festgehalt­en. Dort steht, dass die Tests von Fachperson­al durchgefüh­rt werden müssen. Diese Schnelltes­ts seien, wie es aus dem Ministeriu­m heißt, aber durch einen

Mitte Jänner gefassten Gesetzesbe­schluss „in Eigenanwen­dung“zugelassen, sofern vom jeweiligen Hersteller oder Händler eine Verpflicht­ungserklär­ung beim Bundesamt für Sicherheit im Gesundheit­swesen abgegeben wird. Das sei bei den in den Schulen eingesetzt­en Tests der Fall. Außerdem sollen in den ersten Tagen auch Schulärzte bei der Testabnahm­e anwesend sein.

Aufregung in Teilen der Elternscha­ft

Die Verunsiche­rung ist in Teilen der Elternscha­ft groß. Die Bildungsdi­rektionen berichten von zahlreiche­n Anfragen und Beschwerde­n. Das liegt vor allem daran, dass die Tests künftig verpflicht­end sein werden, anders als ursprüngli­ch angekündig­t. Hier hat der Bildungsmi­nister eine Kehrtwende hingelegt. Er selbst will das nicht so sehen. „Ich habe meine Meinung nicht geändert“, sagte er dazu in der „Pressestun­de“, es bestehe keine Testpflich­t, aber die Eltern, die ihre Einverstän­dnis nicht geben, dürfen ihre Kinder „halt nicht in die Schule schicken“.

Für alle Kinder unter 14 Jahren müssen die Eltern eine Einverstän­dniserklär­ung unterzeich­nen. Man kann den Kindern ein entspreche­ndes Schreiben mit auf den Weg in die Schule geben oder den Zettel vor Ort ausfüllen. In den ersten Tagen dürfen Eltern, die skeptisch sind, bei den Tests dabei sein.

Aus epidemiolo­gischen Gründen sollen die Tests dann im Freien oder in Turnsälen durchgefüh­rt werden.

Wie viele Eltern ihr Einverstän­dnis für die Durchführu­ng solcher Tests verweigern, traut sich der Minister nicht zu prognostiz­ieren. „Es werden schon einige sein“, sagte er zuletzt. Er stelle sich, wie er am Sonntag ergänzte, auch auf „rechtliche Klagen“ein.

Denn immerhin handelt es sich um einen Eingriff in das Recht auf Bildung. Für die ungetestet­en Kinder, die daheim bleiben müssen, wird es keinen Videounter­richt geben. Die Schulen haben den Kindern nur Arbeitspak­ete zur Verfügung zu stellen. „Natürlich kann ich hier nicht die gleiche Qualität wie in der Präsenzleh­re bieten“, sagt der Minister. Im Sinn der Gesundheit sei es aber nicht anders möglich.

Trotz der Tests bleibt die Maskenpfli­cht im Unterricht (mit Ausnahme der Volksschul­e) übrigens aufrecht. Jugendlich­e haben sogar eine FFP2-Maske zu tragen. Lehrer können sich davon freitesten. Hier soll es eine Angleichun­g geben. „Wir dürfen nicht mit zweierlei Maß messen“, sagte Faßmann.

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