Am Ende ein Freispruch
In Washington beginnt das zweite Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump. Die Demokraten setzen auf Emotionen, doch die Show wird wohl nur wenige Tage dauern und mit einem Freispruch enden.
In Washington beginnt das zweite Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump.
New York. Ein Jahr und vier Tage nach dem Freispruch im ersten Impeachment-Verfahren gegen Donald Trump beginnt am Dienstag der nächste Prozess gegen den inzwischen aus dem Weißen Haus ausgezogenen Ex-Präsidenten. Die Vorzeichen sind völlig unterschiedlich: Das Verfahren rund um die Ukraine-Affäre ging vor dem Hintergrund des anstehenden USWahlkampfes über die Bühne. Nahezu ausnahmslos standen die Republikaner hinter Trump.
Nun ist die Angelegenheit verfahrener. Die Konservativen sind gespalten, manche geben Trump eine Mitschuld am Sturm auf das Kapitol vom 6. Jänner. Trotzdem wird der Ausgang voraussichtlich derselbe sein und Trump neuerlich freigesprochen werden.
Die Vorwürfe
Das von den Demokraten dominierte Abgeordnetenhaus leitete am 13. Jänner zum ersten Mal in der Geschichte ein zweites Amtsenthebungsverfahren gegen einen Präsidenten ein. Trump wird „Anstiftung zum Aufruhr” vorgeworfen, weil er seine Anhänger unmittelbar vor dem Angriff auf das Kapitol angestachelt habe. In einer Rede vor dem Weißen Haus hatte Trump gesagt: „Wenn ihr nicht wie der Teufel kämpft, werdet ihr kein Land mehr haben.” Der geschlagene Präsident sprach wiederholt von Wahlbetrug und weigerte sich, das Ergebnis der Abstimmung vom 3. November zu akzeptieren.
Der Rest ist Geschichte: Tausende Trump-Fans stürmten das Parlament, während der damalige Vizepräsident Mike Pence eine Sitzung zur formellen Zertifizierung des Wahlsiegs von Joe Biden leitete. Fünf Menschen starben, Repräsentanten und Senatoren wurden eiligst in Sicherheit gebracht, die US-Demokratie geriet zumindest kurzzeitig ins Wanken. Im Nachhinein garantierte Trump schließlich eine friedliche Machtübergabe. Joe Biden zog am 20. Jänner als 46. Präsident ins Weiße Haus ein.
Die Akteure
Noch nie fand ein ImpeachmentProzess gegen einen Präsidenten nach dessen Ausscheiden aus dem Amt statt. Dieser Umstand bringt Sonderregelungen mit sich. So hat John Roberts, Chef des Obersten Gerichtshofs, den Vorsitz abgelehnt und sich dabei auf die Verfassung berufen. Diese besagt, dass der Vorsitzende des Supreme Courts Prozesse gegen „amtierende“Präsidenten zu leiten hat. Ins Zentrum rückt nun Patrick Leahy. Als längstdienendem Mitglied der Demokraten in der Kammer fällt dem 80-jährigen Juristen die Position des „Senatspräsidenten pro tempore” und damit die Leitung des Verfahrens zu.
Trumps Anwälte, David Schoen und Bruce Castor, werden sich auch auf Roberts Weigerung berufen und argumentieren, dass ein Prozess im Senat gegen einen früheren Präsidenten verfassungswidrig sei. Mit Spannung wird erwartet, ob sie auch Trumps Vorwürfe des Wahlbetrugs wiederholen werden. Angeblich hat Trump darauf bestanden und sich deshalb wenige Tage vor dem Prozess von seinen ursprünglichen Verteidigern, Butch Bowers und Deborah Barbier, getrennt. Stellvertretend für die Anklage steht ein neunköpfiges Team an Impeachment-Managern rund um den Abgeordneten Jamie Raskin. Der Ex-Professor für Verfassungsrecht wollte auch Trump in den Zeugenstand rufen. Dieser lehnte aber ab.
Der Ablauf
Offiziell stimmt der Senat am Dienstag über die Details zum Prozess ab, doch sind sich beide Parteien einig, dass die Sache rasch über die Bühne gehen soll. „Es wird nicht sehr lange dauern”, sagte Chris Murphy, der demokratische Senator aus Connecticut. Die Anklage will auf Emotionen setzen und zahlreiche Videos rund um die dramatischen Stunden vom 6. Jänner präsentieren. Neben dem Impeachment wird der Senat auch das von Biden gewünschte CoronaHilfspaket in Höhe von 1,9 Billionen Dollar vorantreiben. Der Präsident hat mehrmals signalisiert, dass der Trump-Prozess den Stimulus nicht verzögern dürfe, mehrere Details müssen jedoch noch verhandelt werden.
Sofern keine weiteren Zeugen mehr vorgeladen werden, könnte es noch diese Woche zu einer Abstimmung kommen. David Schoen, Trumps Anwalt, ist Jude und hat den Wunsch vorgebracht, ab Freitag nach Einbruch der Dunkelheit den Sabbat einzuhalten. Sollte es bis zum Wochenende kein Urteil geben, würde es voraussichtlich erst am Montag weitergehen.
Der Ausgang
Für eine Verurteilung Trumps ist im 100-köpfigen Senat eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. 17 Republikaner müssten mit den 50 Demokraten stimmen. Bei einer Abstimmung im Vorfeld zur Verfassungsmäßigkeit des Prozesses gaben nur fünf Republikaner grünes Licht – ein deutliches Indiz für einen Freispruch des Ex-Präsidenten. Mitch McConnell spielt bei den Republikanern das Zünglein an der Waage. Der Fraktionschef verurteilte Trump zwar scharf, zweifelt jedoch ebenso wie Trumps Anwälte die Rechtmäßigkeit eines Verfahrens im Senat nach Amtsende an.
Sollte der ehemalige Präsident wider Erwarten verurteilt werden, könnte ihm der Senat im Anschluss mit einfacher Mehrheit jegliches künftige politische Amt untersagen. Vorzüge wie ein Reisebudget von einer Million Dollar pro Jahr und den Schutz durch das Secret Service würden Trump weiterhin zustehen. Diese hätte er nur im Fall einer Verurteilung während der Amtszeit verloren.