Wiens Fantasie vom Wochenteilen
Neues Modell. Die Bundeshauptstadt denkt über Werktags-Öffnungen plus WochenendLockdowns nach – auch das Ministerium. Ist das mehr als ein Gedankenspiel?
Wien. Montag Einkaufsbummel, am Dienstag Mittagessen im Lokal, Mittwoch Museumsbesuch, am Donnerstag ein Abend in einer Bar und am Freitag wieder in den Lockdown: Spazierengehen, Zuhause-Sein, Outdoor-Sport allein, sonst nichts. Mit einem Modell wie diesem – Details, wie es aussehen könnte, sind offen – will man in Wien neue Perspektiven in der Pandemie finden.
Ins Gespräch gebracht hat dieses Modell Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ): „Es geht darum, eine Idee zu bekommen, wie die Perspektive in den nächsten Wochen und Monaten aussehen kann.“Die Idee habe er mit seinen Beratern schon länger diskutiert, nun sei es an der Zeit, sie intensiver nach außen zu tragen: Sie solle zeigen, es gebe Perspektiven und Möglichkeiten abgesehen von Dauer-Lockdowns, die zuletzt an Effizienz verloren hatten. Ziel sei jedenfalls, schrittweise wieder zu öffnen. Denn Lockdown sei kein Normalzustand.
Ein Modell wäre: Von Montag bis Donnerstag- oder Freitagabend ist LockdownPause. Zwar gelten Regeln wie Abstandhalten oder reglementierte Personenzahlen im Handel, aber es könnte auch eine Öffnung der Gastronomie tagsüber oder in weiterer Folge auch abends möglich sein. Am Wochenende gelte ein harter Lockdown, abgesehen von Supermärkten oder Apotheken wäre alles wie bekannt geschlossen.
Ministerium: „Zu prüfende Variante“
Hacker spricht von diesem Modell als „Wellenbrecher“: Am Wochenende könnte intensiv getestet werden, damit könne man Infizierte isolieren, bevor sie an „offenen“Tagen wieder unter Menschen sind.
Hier soll auch das Projekt „alles gurgelt“hilfreich sein, erklärt man im Ressort Hacker: Damit sollen ab März für die Wiener Bevölkerung kostenfreie PCR-Tests für zu Hause ausgerollt werden.
Eine Umsetzung so eines Wochenend-Modells wäre, wenn überhaupt, Ende Februar oder im März möglich. Derzeit wird das Modell intensiv im medizinischen Krisenstab diskutiert, spruchreif ist es nicht.
Eine Umsetzung wäre nur in Abstimmung mit dem Bund denkbar, ein Wiener Alleingang weder rechtlich möglich noch praktikabel.
Im Gesundheitsministerium heißt es dazu, die Idee des Wochenend-Lockdowns sei seit Längerem Teil der unterschiedlichen Varianten, die geprüft und in die Entscheidungsfindungen einbezogen werden. Bisher sei das Modell auch wegen des unklaren Effekts auf das Infektionsgeschehen nicht umgesetzt worden. Die Idee sei aber auch nicht endgültigen verworfen, sondern bleibe unter den zu prüfenden Varianten. Wichtig sei aber ein einheitliches, durchdachtes und mit Ländern, Experten und Wirtschaft abgestimmtes Vorgehen, das rechtssicher und alltagstauglich sein müsse.
Gastronom: „Schnapsidee“
Und in Sachen Alltagstauglichkeit gibt es einige Skepsis: Die Gastronomie an Wochentagen zu öffnen und Freitag bis Sonntag zu schließen nennt Mario Pulker, Spartenobmann der Gastronomie in der Wirtschaftskammer, eine „Schnapsidee“: „Das mag für ein paar wenige interessant sein, für die Einkaufszentrums-Gastro zum Beispiel. Aber allgemein die Lokale genau dann zu schließen, wenn sie das Hauptgeschäft machen, das wäre der sichere Tod der Gastronomie“, sagt Pulker.
Auch im Handel sieht man die Sache etwas skeptisch: „Freundlich gesagt: Es ist gut, dass es kreative Vorschläge gibt. Aber: Freitag und Samstag sind wichtige Tage, die Zahl der offenen Tage zu beschränken wäre das Gegenteil der Entzerrung der Kundenströme, um die wir uns bemühen“, sagt Rainer Trefelik, Innenstadt-Händler und Branchenvertreter. Aus seiner Sicht keine Option sein könne ein Alleingang Wiens: „Das wäre absurd, jeder kann sich vorstellen, was dann am Samstag in Parndorf oder in der SCS los wäre.“
Kritik kommt auch von den Wiener Grünen: Jetzt alles zu öffnen wäre „völlig unverantwortlich“, vor allem in Anbetracht des erhöhten Ansteckungsrisikos durch Mutanten. Ganz anders die Kritik durch die FPÖ: Man lehne weiterhin jede Art von Lockdown ab.
Es geht darum, eine Idee zu bekommen, wie die Perspektive in den nächsten Wochen, Monaten aussehen kann.
Peter Hacker, Stadtrat