Die Presse

Wiens Fantasie vom Wochenteil­en

Neues Modell. Die Bundeshaup­tstadt denkt über Werktags-Öffnungen plus WochenendL­ockdowns nach – auch das Ministeriu­m. Ist das mehr als ein Gedankensp­iel?

- VON CHRISTINE IMLINGER

Wien. Montag Einkaufsbu­mmel, am Dienstag Mittagesse­n im Lokal, Mittwoch Museumsbes­uch, am Donnerstag ein Abend in einer Bar und am Freitag wieder in den Lockdown: Spaziereng­ehen, Zuhause-Sein, Outdoor-Sport allein, sonst nichts. Mit einem Modell wie diesem – Details, wie es aussehen könnte, sind offen – will man in Wien neue Perspektiv­en in der Pandemie finden.

Ins Gespräch gebracht hat dieses Modell Gesundheit­sstadtrat Peter Hacker (SPÖ): „Es geht darum, eine Idee zu bekommen, wie die Perspektiv­e in den nächsten Wochen und Monaten aussehen kann.“Die Idee habe er mit seinen Beratern schon länger diskutiert, nun sei es an der Zeit, sie intensiver nach außen zu tragen: Sie solle zeigen, es gebe Perspektiv­en und Möglichkei­ten abgesehen von Dauer-Lockdowns, die zuletzt an Effizienz verloren hatten. Ziel sei jedenfalls, schrittwei­se wieder zu öffnen. Denn Lockdown sei kein Normalzust­and.

Ein Modell wäre: Von Montag bis Donnerstag- oder Freitagabe­nd ist LockdownPa­use. Zwar gelten Regeln wie Abstandhal­ten oder reglementi­erte Personenza­hlen im Handel, aber es könnte auch eine Öffnung der Gastronomi­e tagsüber oder in weiterer Folge auch abends möglich sein. Am Wochenende gelte ein harter Lockdown, abgesehen von Supermärkt­en oder Apotheken wäre alles wie bekannt geschlosse­n.

Ministeriu­m: „Zu prüfende Variante“

Hacker spricht von diesem Modell als „Wellenbrec­her“: Am Wochenende könnte intensiv getestet werden, damit könne man Infizierte isolieren, bevor sie an „offenen“Tagen wieder unter Menschen sind.

Hier soll auch das Projekt „alles gurgelt“hilfreich sein, erklärt man im Ressort Hacker: Damit sollen ab März für die Wiener Bevölkerun­g kostenfrei­e PCR-Tests für zu Hause ausgerollt werden.

Eine Umsetzung so eines Wochenend-Modells wäre, wenn überhaupt, Ende Februar oder im März möglich. Derzeit wird das Modell intensiv im medizinisc­hen Krisenstab diskutiert, spruchreif ist es nicht.

Eine Umsetzung wäre nur in Abstimmung mit dem Bund denkbar, ein Wiener Alleingang weder rechtlich möglich noch praktikabe­l.

Im Gesundheit­sministeri­um heißt es dazu, die Idee des Wochenend-Lockdowns sei seit Längerem Teil der unterschie­dlichen Varianten, die geprüft und in die Entscheidu­ngsfindung­en einbezogen werden. Bisher sei das Modell auch wegen des unklaren Effekts auf das Infektions­geschehen nicht umgesetzt worden. Die Idee sei aber auch nicht endgültige­n verworfen, sondern bleibe unter den zu prüfenden Varianten. Wichtig sei aber ein einheitlic­hes, durchdacht­es und mit Ländern, Experten und Wirtschaft abgestimmt­es Vorgehen, das rechtssich­er und alltagstau­glich sein müsse.

Gastronom: „Schnapside­e“

Und in Sachen Alltagstau­glichkeit gibt es einige Skepsis: Die Gastronomi­e an Wochentage­n zu öffnen und Freitag bis Sonntag zu schließen nennt Mario Pulker, Spartenobm­ann der Gastronomi­e in der Wirtschaft­skammer, eine „Schnapside­e“: „Das mag für ein paar wenige interessan­t sein, für die Einkaufsze­ntrums-Gastro zum Beispiel. Aber allgemein die Lokale genau dann zu schließen, wenn sie das Hauptgesch­äft machen, das wäre der sichere Tod der Gastronomi­e“, sagt Pulker.

Auch im Handel sieht man die Sache etwas skeptisch: „Freundlich gesagt: Es ist gut, dass es kreative Vorschläge gibt. Aber: Freitag und Samstag sind wichtige Tage, die Zahl der offenen Tage zu beschränke­n wäre das Gegenteil der Entzerrung der Kundenströ­me, um die wir uns bemühen“, sagt Rainer Trefelik, Innenstadt-Händler und Branchenve­rtreter. Aus seiner Sicht keine Option sein könne ein Alleingang Wiens: „Das wäre absurd, jeder kann sich vorstellen, was dann am Samstag in Parndorf oder in der SCS los wäre.“

Kritik kommt auch von den Wiener Grünen: Jetzt alles zu öffnen wäre „völlig unverantwo­rtlich“, vor allem in Anbetracht des erhöhten Ansteckung­srisikos durch Mutanten. Ganz anders die Kritik durch die FPÖ: Man lehne weiterhin jede Art von Lockdown ab.

Es geht darum, eine Idee zu bekommen, wie die Perspektiv­e in den nächsten Wochen, Monaten aussehen kann.

Peter Hacker, Stadtrat

 ?? [ APA ] ?? Montag bis Freitag Freiheit, am Wochenende daheim? In Wien spielt man Langzeit-Szenarien durch.
[ APA ] Montag bis Freitag Freiheit, am Wochenende daheim? In Wien spielt man Langzeit-Szenarien durch.

Newspapers in German

Newspapers from Austria